Bis auf den Güterzug bewegt sich wenig im Hafen von Mariupol. Eine ungesunde Ruhe: Seit Beginn des Ostukraine-Krieges 2014 ist der Warenumschlag an den Kais um zwei Drittel gesunken, von 15 auf fünf Millionen Tonnen. Ohne Folgen für die Beschäftigten, sagt Hafendirektor Aleksander Osipov.
"Die Gehälter sind nicht gesunken, entlassen wurde keiner. Russland zielt auf die Destabilisierung der Region, will dafür eine soziale Krise auslösen. Was sie militärisch nicht geschafft haben, versuchen sie jetzt über die Wirtschaft."
Schiene statt Schiffe für den Transport – Unternehmen steuern um
Der Hafen leidet unter der neuen Krim-Brücke, die mit 33 Metern zu niedrig für die meist 40 Meter hohen Frachter ist. "Wir haben dadurch Handelspartner aus Süd- und Nordamerika sowie Südostasien verloren. Metinvest, das Stahlwerk, exportierte einen sehr großen Teil der Roheisen-Produktion in die USA. Nach Südostasien wurden pro Jahr 500.000 Tonnen Bleche geliefert."
Metinvest gehört dem ukrainischen Oligarchen Rinat Achmetow, der seinen Firmensitz wegen des Krieges von Donezk nach Mariupol verlegte. Von hier aus schickte sein Unternehmen 1,3 Millionen Tonnen Güter pro Jahr auf die Reise in die Welt, jetzt gehen sie erst einmal auf die Schiene, erklärt Hafendirektor Osipov.
"Die Produkte müssen 700 bis 800 Kilometer bis nach Odessa oder Tschernomorsk gefahren werden, wodurch jede Tonne Stahl 20 Dollar mehr kostet. Dieser höhere Aufwand an Zeit und Geld bringt unsere Unternehmen um ihre Wettbewerbsfähigkeit."
Mariupol auch als Anlaufpunkt für Binnenflüchtlinge
Das Asowsche Meer gehört der Ukraine wie auch Russland, doch Moskau bestimmt die Regeln mit Blockaden, langwierigen Kontrollen, Angriffen auf ukrainische Marineboote. Der Krieg mit all seinen Folgen hat dem Hafen rund 200 Millionen Euro Verluste beschert.
Und der 500.000-Einwohner-Stadt 100.000 Binnen-Flüchtlinge aus den sogenannten Volksrepubliken. Vizebürgermeister Stepan Makhsma ringt um diese neuen Bewohner.
"Unsere Strategie ist, dass Mariupol zum Schaufenster des neuen ukrainischen Donbass wird. Die Menschen aus den besetzten Gebieten erzählen nicht gerade Erfolgsgeschichten. Und je besser es sich bei uns lebt, umso mehr werden sie spüren, wie schlecht es ihnen dort geht und der Einfluss der Machthaber dort auf sie wird schwinden."