Alexander Moritz: Die Stadt München hat nachgemessen und kommt zu niedrigeren Werten als das Modell des Landesumweltamtes vorausgesagt hat – bedeutet das, dass wir uns auf diese Modellrechnung zur Stickstoffbelastung nicht mehr verlassen können?
Ute Dauert: Im Prinzip ist es erstmal eine gute Nachricht, dass die NO2-Konzentration unterhalb des Grenzwertes in München an einigen Straßen gemessen wurden, was aber dennoch nicht aufatmen lässt, weil an den Messstationen, die das Landesamt in Bayern in München betreibt, nämlich zum Beispiel an der Landshuter Allee und am Stachus, wurde auch 2018 der Grenzwert für Stickstoffdioxid sehr deutlich überschritten. Die Modellrechnung, die Sie ansprachen, die beziehen sich im Prinzip auf die Planung von Luftreinhaltemaßnahmen. Das ist also nicht die Modellierung – so wird der Wert jetzt 2018 sein. Das kann man so nicht miteinander vergleichen.
Moritz: Trotzdem werden diese Modellrechnungen zugrunde gelegt, um Luftreinhaltepläne zu begründen. Die basieren aber auf Messungen an vier Stellen. Vier Messstellen hat das Umweltbundesamt in München. Sind das nicht eigentlich viel zu wenige, um genau vorherzusagen, wie hoch die Luftbelastung sein wird?
Dauert: Es ist in der Tat so, dass natürlich nicht im ganzen Stadtgebiet Messstationen aufgestellt werden können und das müssen sie auch gar nicht. Es gibt eine Mindestvorgabe in der Rechtsprechung, die sich an der Einwohnerzahl und an der Belastung in einem Gebiet orientiert. Und demnach sind diese Stationen, die in München stehen, völlig ausreichend. Und dann ist das Prozedere folgendes: Sobald der Grenzwert an einer dieser Stationen überschritten wird, muss ein Luftreinhalteplan aufgestellt werden und es muss geschaut werden, mit welchen Maßnahmen kann die Belastung unter den Grenzwert kommen. Aber dazu muss erst modelliert werden, und das kann man nur mit Modellen machen, zu schauen, auf welche Länge einer Straße sich eine Grenzwertüberschreitung auswirkt, wie viele Menschen betroffen sind, welche Quelle zur Überschreitung beigetragen haben, um die geeigneten Maßnahmen zu finden. Und das sind genau diese Modellrechnungen, mit denen die Werte jetzt verglichen werden. Und Modell kann nur ein Angleich an die Realität sein. Und an der Stelle ist es offenbar so, dass diese Messergebnisse deutlich positivere Werte ermittelt haben – als man es mit dem Modell vor einigen Jahren für die Maßnahmenplanung errechnet hatte.
Verantwortliche müssten sicherstellen, dass Grenzwerte eingehalten werden
Moritz: Münchens Oberbürgermeister Reiter, der diese Messungen in Auftrag gegeben hat, hat angekündigt, dass Dieselfahrverbote jetzt vom Tisch sind. Glauben Sie das auch - keine Fahrverbote für München?
Dauert: Ich kann jetzt nicht einschätzen, ob München nun Fahrverbote verhängen wird. Fakt ist, also einerseits ist es erfreulich, dass es diese positiven Ergebnisse gibt und auf der anderen Seite ändert das nichts an der Tatsache, dass nach wie vor in München der Grenzwert für die Stickstoffdioxidkonzentration überschritten wurde im Jahr 2018 – und zwar deutlich an der Landshuter Allee mit einem Wert von 66 Mikrogramm pro Kubikmeter. Dazu gehört: Der Grenzwert liegt bei 40 Mikrogramm je Kubikmeter und hätte bereits 2010 eingehalten werden müssen. Das zeigt also: Es ist weiter Handlungsbedarf da und dann liegt es natürlich an den Verantwortlichen die geeigneten Maßnahmen zu finden, um sicherzustellen, dass auch in München die Grenzwerte eingehalten werden und damit eben auch der Schutz der Gesundheit der Menschen, die dort leben, wirklich sichergestellt wird.
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