Christoph Heinemann: Nutzungsbedingungen, Datenschutzerklärungen und Allgemeine Geschäftsbedingungen sind im Internet allgegenwärtig. Scheinbar endlose Texte, die – seien wir mal ehrlich - kaum ein Nutzer wirklich liest. Erst wenn ein Unternehmen die Bedingung nachträglich ändert, ist die Aufregung oft groß. So wie gegenwärtig bei Facebook. Dort treten heute neue Nutzungsbedingungen in Kraft. Stefan Römermann aus unserer Wirtschaftsredaktion, jetzt hier bei uns im Studio – was ändert sich konkret bei Facebook?
Stefan Römermann: Vereinfacht kann man sagen: Facebook will mehr Daten über seine Nutzer sammeln – und diese Daten, die sollen dann auch verstärkt, mehr als bisher für Werbung genutzt werden. Konkret geht´s darum, dass Facebook zukünftig auch außerhalb der eigenen Webseite Informationen sammeln will, zum Beispiel über die Apps, die auf meinem Smartphone installiert sind oder die Webseiten, die ich angesurft habe.
Bei den Nutzungsbedingungen geht es außerdem darum, dass zukünftig Bezahlfunktionen eingeführt werden sollen. Die möchte Facebook offenbar in seine Webseite integrieren, um zukünftig auch Online-Shopping auf der Webseite möglich zu machen, dass man dann direkt von Facebook aus bestimmte Dinge kaufen und bezahlen kann. Und dafür werden in dem Text rechtlich die Rahmenbedingungen gesetzt.
Nutzungsbedingungen sind besser zu lesen
Ansonsten hat Facebook aber inzwischen auch auf die Kritik von Nutzern und Verbraucherschützern gehört, und das Unternehmen geht jetzt etwas transparenter mit diesen ganzen Nutzungsbedingungen und auch mit dem Thema Datenschutz um und hat diesen neuen Text sehr viel klarer strukturiert als das, was da bisher zu lesen war. Das ist durchaus erheblich angenehmer zu lesen.
Heinemann: Auf eins noch möchte ich gerne zurückkommen: Sie sagten, Facebook will zukünftig auch außerhalb der eigenen Webseite Daten sammeln, Sie haben die Apps genannt - wie geht das genau? Und vor allem: Was soll das?
Römermann: Das geht zum Beispiel über Cookies, das sind kleine Dateien, die auf der Festplatte gespeichert sind, und die quasi heimlich, still und leise Daten mitschreiben, mitschreiben, welche Webseiten ich angesurft habe. Aber es geht auch über diese kleinen "Like"- oder "Gefällt mir"-Buttons, die von Facebook inzwischen auf vielen Webseiten integriert sind. Das sind eben nicht nur kleine Bildchen, sondern das sind fast schon kleine Programme. Mit denen hat Facebook auch in der Vergangenheit schon in gewissem Rahmen Daten über Facebook-Nutzer gesammelt, selbst wenn ich vielleicht gar nicht diesen Button angeklickt haben, sondern einfach nur diese Webseite angeschaut habe.
Daten sind das Kapital von Facebook
Zukünftig soll das noch einmal ausgeweitet werden, und vor allen Dingen sollen diese Daten über den einzelnen Nutzer erheblich stärker gesammelt und ausgewertet werden. Und diese Daten sind eben das Kapital von Facebook, mit denen die ihr Geld verdienen. Denn je mehr Informationen sie über uns Nutzer haben, desto genauer können Sie die Werbung auf den einzelnen Nutzer zuschneiden und desto mehr Geld können sie damit verdienen.
Heinemann: Und Facebook sagt jetzt, die Werbung würde "besser" werden. Was muss man sich darunter vorstellen?
Römermann: Ja, "besser", das klingt so ein bisschen schön. "Besser" - oder "relevanter", sagen sie auch an einer anderen Stelle – das kennt man ja vielleicht auch vom Fernsehen, dann gucke ich beispielsweise ZDF, da kommt dann Werbung für Treppenlifte oder Gebissreiniger, und dann denk ich mir als vergleichsweise junger Mensch: Hier bin ich vielleicht doch nicht ganz richtig.
Oder bei Viva, wenn da denn die kreischende Werbung kommt, für Dinge, die Jugendliche heutzutage offenbar brauchen. Das will Facebook verhindern, denn mit solcher Werbung lässt sich wenig Geld verdienen.
"Gebissreiniger brauch ich bei Römermann nicht mehr probieren"
Schon jetzt steht da bei einzelnen Werbeanzeigen der Satz: "Warum wird mir das angezeigt?" Und dann kann ich das mir anschauen. Aber ich kann auch auswählen, dass ich zu diesen Bereichen künftig keine Werbung mehr sehen möchte. Und dann weiß Facebook: Okay, Gebissreiniger, brauch ich bei Römermann nicht mehr probieren.
Heinemann: Hilft auch nicht.
Römermann: Aber dann muss man natürlich auch sagen, das machen die nicht aus Menschenfreundlichkeit – sondern weil die damit eben die Einnahmen durch die Werbung erheblich steigern können.
Heinemann: Kann man sich als Nutzer gegen diese neuen Nutzungsbedingungen irgendwie wehren?
Römermann: Nicht so richtig. Und das ist auch das Problem. Denn sobald ich mich heute oder morgen einlogge, erkenne ich damit die neuen Bedingungen an. Ein Widerspruch ist schlicht nicht vorgesehen.
Widerspruch zu Nutzungsbedingungen nutzt nichts
Es kursieren bei Facebook seit ein paar Monaten so seltsame Bilder. Auf schwarzem Hintergrund steht dann: Ich widerspreche den Nutzungsbedingungen. Das müsse dann einfach auf seiner Facebookseite posten. Das ist totaler Humbug, das muss man ganz klar sagen, das bringt überhaupt nichts, das hat keine rechtliche Bedeutung. Wenn ich diese Bedingungen nicht akzeptieren möchte, dann kann ich mich eigentlich nur bei Facebook abmelden.
Was ich aber machen kann, wenn ich das nicht möchte, wenn ich weiter Facebook nutzen möchte, ist, dass ich mir die Datenschutzeinstellungen bei Facebook wirklich ganz genau angucke. Dass ich mir da mal zehn Minuten Zeit nehme, das wirklich genau durchlese. Da kann man inzwischen wirklich vieles sehr genau einstellen. Und unter dem Stichwort "Werbung" gibt es da auch einen Link zur Europäischen Werbe-Allianz mit einem ganz seltsamen englischen Namen. Und da kann man beispielsweise auch widersprechen, dass man der Nutzung der Daten außerhalb von Facebook, der Sammlung von Daten auf anderen Webseiten, widerspricht.