Marten Blankesteijn ist 27, Journalist aus Utrecht und erfüllt sich mit seinem Projekt Blendle gerade einen Traum: Einfach mal alle Artikel lesen, die ihn interessieren, ohne gleich die ganze Zeitung oder Zeitschrift kaufen zu müssen.
"Wenn ich die Titelseiten sehe, denke ich immer: Oh, ich würd so gern dieses Interview in dem Magazin da lesen. Aber der Rest von dem Magazin interessiert mich überhaupt nicht. Zahl ich nun fünf Euro für dieses eine Interview? Nein. Und dann sehe ich eine Frauenzeitschrift und oft steht da ein Artikel drin, der auch Männer interessiert. Aber ich kauf doch keine ganze Frauenzeitschrift!"
Blendle ist eine browserbasierte Plattform. Es soll zunächst noch keine App geben. Wer sich anmeldet, kann alle Artikel aus den großen niederländischen Zeitungen und Magazinen lesen. Gezahlt wird per Artikel, also zwischen zehn und 80 Cent. Den Preis legen die Verlage selbst fest, vom Erlös bekommen sie 70 Prozent. Die Nutzer zahlen automatisch über ein Prepaid-Konto, das sie vorher aufgeladen haben. Neue Blendle-User bekommen 2,50 Euro gutgeschrieben. Gefällt den Lesern ein Artikel mal nicht, bekommen sie mit einem Klick ihr Geld zurück.
"Mit Blendle wollen wir, dass das Bezahlen so einfach wird, dass die Leute der Preis nicht mehr interessiert."
Verlage fürchten Abo-Rückgang
Es war ein ganzes Stück Arbeit, bis Marten Blankesteijn die Medienhäuser von seiner Idee überzeugt hatte. Inzwischen hat er mit den wichtigsten Verlagen in seiner Heimat Verträge geschlossen. Über 40 Zeitungen und Zeitschriften sind dabei - darunter auch De Volkskrant, eine der drei großen Qualitätszeitungen in den Niederlanden.
"Ich war von Anfang an sehr begeistert. Aber in unserem Verlag ging es nicht allen so. Wir mussten immer wieder Gespräche führen,"
sagt Laurens Verhagen, Digitalchef bei De Volkskrant. Er kennt die Ängste in seinem Haus.
"Die Leute fürchten, dass es vielleicht ZU gut funktioniert und dass die Leute ihre Abos abbestellen und nur noch Blendle nutzen."
Allen Befürchtungen zum Trotz: Die Nachfrage nach einem 'iTunes für Printprodukte' scheint erst mal da zu sein. Mehr als 13.000 Nutzer hat die Beta-Version von Blendle schon, Tausende stehen noch auf der Warteliste.
Blankesteijn: "Blendle ist auch ein soziales Netzwerk. Jeder kann anderen Nutzern folgen, also Freunden, Kollegen oder Leuten, die er gar nicht kennt. Und diese Nutzer können einem dann auch Artikel empfehlen."
Vor allem junge Leser anziehen
Wer einen Text außerhalb von Blendle mit Freunden teilen will, kann das über Facebook und Twitter tun. Die Freunde müssen aber bei Blendle angemeldet sein und dann extra noch mal für den Artikel zahlen. Die Verlage hoffen, dass sie so eine neue Zielgruppe erreichen, sagt Laurens Verhagen von De Volkskrant:
"Bei Blendle geht es nicht nur um De Volkskrant, sondern um alle Zeitungen. Und das ist spannend. Ich glaube nämlich, dass sich junge Leute nicht ausgerechnet für die Volkskrant oder eine andere Zeitung interessieren, sondern für gut gemachten Journalismus. Deshalb hoffen wir, mit Blendle vor allem junge Leser anzuziehen."
Auch deutsche Verlage haben sich schon bei Marten Blankesteijn nach Blendle erkundigt, darunter auch einige der ganz großen, deren Namen er aber nicht nennen will. Blankesteijn ist sich sicher: Wenn Blendle in den Niederlanden funktioniert, kann es auch den deutschen Verlagen helfen, eine Zielgruppe zu erreichen, die jetzt noch fern ist.