Im Frauen- und Mädchenfußball seien Rahmenbedingungen geschaffen und professionalisiert worden, sagt Sabine Nellen, Leiterin der Arbeitsgemeinschaft "Mädchen und Frauen im Fußballverbandes Mittelrhein". Trotzdem gingen die Mitgliederzahlen zurück und auch die Zahl der Mannschaften nahm zuletzt ab.
"Wir schaffen es nicht, die Mädchen zu binden", sagt Nellen im Dlf. Die Gründe seien vielfältig. Es gebe viele andere Freizeitmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche und da müssten die Vereine für die Mädchen attraktiv bleiben. Hierzu fehle es aber an Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit. Dies sei bei einer Umfrage in den Vereinen vor allem als Mangel genannt worden: vor allem in den Medien kämen die Frauen weniger vor als die Männer. Aber auch in den Vereinen hänge es oft an Einzelpersonen, wie viel Raum der Mädchen- und Frauenfußball bekomme.
Mädchenmannschaften gibt es in Vereinen vor allem dann, wenn sich Einzelpersonen kümmerten, sagt Nellen. Vereine sähen die Möglichkeiten dieser Mädchenmannschaften nicht, es würden immer noch eher Jungenmannschaften gegründet und gefördert. Allerdings sieht Nellen große Unterschiede zwischen offenen Vereinen, die mit etwas Unterstützung gerne Frauenmannschaften anböten und kritischen Vereinen, die dazu nicht bereit seien.
"Wir waren Weltklasse"
Enttäuschend findet Sabine Nellen die Ergebnisse einer Studie, nach der andere Nationen Deutschland im Frauenfußball überholt hätten: "Wir waren Weltklasse. Vielleicht sind wir es auch jetzt noch. Aber nicht mehr so in dem Bereich, in dem wir uns früher aufgehalten haben. England ist, würde ich sagen, auch verbandsmäßig wesentlich offener im Moment. Dem Frauenfußball gegenüber viel mehr bereit zu investieren. Was mit Sicherheit eine Rolle spielt, gerade beim Thema Sichtbarkeit. Und das hat einfach auch einen Einfluss auf den Fußball."
Dabei ist für Nellen der positive Effekt unverkennbar, wenn Mädchen und Frauen stärker involviert würden: "Da wo Mädchen und Jungen zusammenspielen, ist ein anderes Verhalten untereinander, eine andere Akzeptanz vorhanden. In Vorständen, in denen Frauen mitarbeiten, habe ich bis jetzt – und ich habe auch im Verein gearbeitet – immer ein sehr offenes Verhältnis empfunden; und erfolgreich auch oft."
Der Sexismus im Amateurfußball, der mittlerweile häufiger zum Thema geworden ist, ist für Nellen kein neues Thema: "Ich glaube, dass es das früher auch schon gab. Da ist es aber totgeschwiegen worden. Das haben wir in ganz vielen anderen Themen auch. Ja. Es ist mehr in der Öffentlichkeit."
"2027 die Welle mitnehmen"
Mädchenfußball stoße dennoch auf Akzeptanz: "Da, wo Mädchenfußball gespielt wird, ist definitiv die Akzeptanz da. Die Mädels werden unterstützt. Allerdings ist es sehr oft wirklich eine personenbezogene Geschichte. Sobald sich jemand für die Mädchen einsetzt, funktioniert das. (...) Es ist natürlich gefährlich, wenn solche Personen dann aufhören im Verein zu arbeiten, diese Mannschaften weiter am spielen zu halten."
Nun arbeitet Nellen an einem Vorhaben für die WM 2027, die in Deutschland, den Niederlanden und Belgien stattfinden soll: "Wir wollen diese Welle mitnehmen, wir wollen versuchen, das als Chance zu betrachten, den Frauen- und Mädchenfußball weiter nach vorne zu bringen. Die AG setzt sich zusammen aus Frauen aus den Ausschüssen im Mittelrhein."
Es werde in der AG daran gearbeitet, den Frauenfußball sichtbarer zu machen, vor allem mit Medien. Sowohl herkömmlichen, mit einem Sonderheft, aber auch mit neuen Medien. In den sozialen Medien werde mit dem Logo und Hashtag "Leidenschaft zählt" gearbeitet, unter dem wöchentlich Facebook- und Instagram-Veröffentlichungen zu finden sein werden. Damit soll gezeigt werden, was alles möglich sei, was stattfinde und was die Frauen und Mädchen im Fußball bewirkten.