Archiv

Neue Strategie
Google umschmeichelt die Zeitungsbranche

Google will in Zukunft in journalistische Inhalte investieren und diese auf seinen Nachrichtenangeboten anzeigen. Dafür sollen zunächst unter anderem fünf Verlage aus Deutschland Geld vom US-Unternehmen bekommen. Der Zeitungsverlegerverband ist trotzdem skeptisch.

Von Christoph Sterz |
Das Logo der Nachrichtensuchmaschine Google News ist auf dem Display eines Smartphone zu sehen
Google will bald für journalistische Inhalte bezahlen (imago images / photothek / Theomas Trutschel)
Nachdem sich Google jahrelang geweigert hat, Zeitungsverlagen Geld für journalistische Inhalte zu überweisen, deutet sich nun ein Paradigmenwechsel an. Das US-Unternehmen hat angekündigt, Medienunternehmen für bestimmte Texte, Audios oder Videos zu bezahlen.
Die entsprechenden Inhalte sollen bei Google News und Google Discover erscheinen, also den Nachrichten-Angeboten der Suchmaschine. Wie viel Geld Google dafür locker macht, wollte das Unternehmen auf Nachfrage unserer Redaktion nicht mitteilen. Das Projekt sei noch in einer frühen Phase.
Paywall-Texte kostenlos bei Google
Für NutzerInnen dürfte besonders interessant sein, dass Google für kostenpflichtige Inhalte bezahlen und diese dann frei zugänglich machen will. Einige Texte, die eigentlich hinter einer Bezahlschranke stehen, wären dann kostenfrei zu lesen.
Das Unternehmen kooperiert zunächst mit Verlagen in Deutschland, Australien und Brasilien. Hierzulande mit dabei sind der "Spiegel", die "Frankfurter Allgemeine Zeitung", der "Tagesspiegel" und die "Rheinische Post".
Ein Schild mit der Aufschrift "Google" hängt an einem Haus.
Google ist für viele Verlage gleichzeitig Fluch und Segen. (picture alliance/Sebastian Gollnow/dpa)
In den nächsten Monaten könnten noch weitere Kooperationspartner dazukommen, darunter laut Google auch kleinere Lokalzeitungen sowie Radio- und Fernsehsender.
Politisches Signal aus dem Silicon Valley
Google spricht davon, dass es wichtig sei, "Verlage bei ihrer wichtigen Arbeit zu unterstützen und gleichzeitig Nutzern Zugang zu relevanten Informationen zu ermöglichen". Das sei besonders im Verlauf der Corona-Krise nochmals klar geworden.
Google dürfte es daneben allerdings vor allem um ein politisches Statement gehen. In den vergangenen Jahren ist der politische Druck auf das US-Unternehmen immer größer geworden. Das liegt auch daran, dass viele Zeitungsverlage verlangen, von Google an den milliardenschweren Werbeeinnahmen beteiligt zu werden.
"Wir haben das gehört. Wir sind aufgefordert mehr zu tun. Und mit dem Schritt dokumentieren wir, dass uns Journalismus wirklich wichtig ist und wir bereit sind, eben diesen weiteren Schritt zu tun", sagte Google-Sprecher Ralf Bremer im Deutschlandfunk.
Jahrelanger Streit
Das Projekt ist bemerkenswert, weil sich Google bisher weitgehend geweigert hat, für die Nutzung von journalistischen Inhalten zu bezahlen. In Deutschland war es deswegen zu jahrelangen juristischen Auseinandersetzungen gekommen. Es ging dabei um die Frage, ob Google eine Art Nutzungsgebühr für kurze Textausschnitte zahlen muss, die es in seinen Suchergebnissen anzeigt.
Screenshot zeigt Nachrichten-Schnipsel, so genannte Snippets, bei Google News. 
Für solche kurzen Textschnipsel wollen viele Verlage Geld von Google bekommen. (Deutschlandradio / Screenshot )
Auch wenn das dahinterstehende Gesetz in Deutschland weitgehend wirkungslos war, werden bis zum kommenden Jahr entsprechende Regeln in sämtlichen EU-Staaten wirksam.
Forderungen aus mehreren Ländern
Hinzu kommt, dass die französische Wettbewerbsbehörde das Vorgehen von Google als unzulässig eingestuft hat. Das Unternehmen muss sich deshalb bis zum Sommer mit den Verlagen in Frankreich darauf einigen, ob und wie viel Geld es für journalistische Inhalte zu zahlen bereit ist.
Außerdem hat die australische Regierung angekündigt, dass sie Ende Juli einen Entwurf vorlegen will, nach welchen Regeln Google Geld für journalistische Inhalte zahlen muss.
Und auch in Deutschland pochen viele Verlage nach wie vor darauf, an den Werbeerlösen von Google beteiligt zu werden. Das angekündigte Projekt sei daher "eine Feigenblatt-Aktion", sagte die Sprecherin des Bundesverbands Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV), Anja Pasquay. "Denn Google nutzt nach wie vor Inhalte von Verlagen und Journalisten, ohne zu zahlen. Und sie setzen wie zuletzt in Frankreich die Marktmacht ein, wenn Schutzrechte das verhindern sollen", sagte sie dem Deutschlandfunk.