"Bei dieser Studie zum Bahai-Fasten, da hat mich einfach überrascht, dass die Ergebnisse so positiv sind! Das sagen alle Daten immer deutlicher, dass regelmäßiges Fasten gesund ist!", sagt Andreas Michalsen, Chefarzt des Immanuel Krankenhauses Berlin. Der Professor für Naturheilkunde an der Charité ist zufrieden. Erstmals wurden in einer Interdisziplinären Studie die gesundheitlichen Auswirkungen des Fastens in der Bahá’í-Religion untersucht.
"Es gibt ja überall auf der Welt solche traditionellen, aus der Religion stammenden Formen des Intervall-Fastens. Bahá’í-Fasten, Ramadan-Fasten ist noch bekannter. Und die Ergebnisse haben eindeutig gezeigt, dass auch diese traditionelle Form des Fastens, zusammengefasst, einfach sehr gut für den Körper ist!"
12 Stunden nüchtern
Anstoß zu der Studie gab Daniela Liebscher. Sie hat ihre Doktorarbeit über Religiöses Fasten geschrieben und festgestellt, dass es dazu kaum Untersuchungen gibt.
Liebscher sagt: "Das Bahá’í-Fasten eignet sich besonders gut für solche Art von Studien, weil es sich reproduzieren lässt."
Während sich die islamische Fastenzeit nach dem Mondkalender berechnet und daher durchs Jahr wandert, findet die Fastenzeit in der Bahá’i-Religion immer zur selben Zeit statt.
Liebscher erklärt: "Beim Ramadan kann man nicht sagen, nächstes Jahr wiederholen wir das nochmal, weil dann ist es in einem ganz anderen Monat. Wenn man das in Deutschland im August macht, dann ist es hier heiß, in Australien ist es aber kalt. Und das Bahai-Fasten ist immer in der Übergangszeit überall. Und das ist natürlich ideal!"
Für die Bahá’i-Studie wurden 145 Versuchspersonen während der Fastenzeit untersucht. Darunter auch Sophie Hörster aus Potsdam.
"Wir frühstücken morgens so zwischen 6 und 7 Uhr, dann sind wir ungefähr 12 Stunden nüchtern und essen dann am Abend wieder und trinken wieder."
Das Fasten ist für Sophie Hörster vor allem ein symbolischer Akt. Eine Zeit des Gebets, der Meditation und Besinnung auf das Wesentliche. Als Bahá’í lebt sie nach einem eigenen Kalender.
Hörster sagt: "Im Bahá’í-Kalender gibt es 19 Monate. Und einer dieser 19 Monate ist der Fastenmonat. Das ist der letzte Monat im Jahr, der bei den Bahai eben im März liegt, vor dem Neujahr Naw-Ruz."
Das Jahr Beginnt für die Bahá’í mit dem 20. März - dem Zeitpunkt an dem Tag und Nacht gleich lang sind - und auf der Nordhalbkugel der Frühling beginnt.
"Und in diesem Fastenmonat - das sind insgesamt 19 Tage - essen und trinken die Bahá’í nichts zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang", erklärt Sophie Hörster.
Wie ein Mini-Jetlag
Michalsen sagt: "Der positive Effekt, von jeder Form von Intervallfasten scheint zu sein, dass man mehr Rhythmus und mehr Ruhe in den Körper reinbringt. Zwischendurch einen Keks oder einen Coffee-to-go, das ist wie ein Mini-Jetlag, den wir die ganze Zeit für den Körper machen. Diese Dauerverfügbarkeit von Essen, damit kommt unser Körper letztlich gar nicht gut zurecht."
Michalsens Team untersuchte nicht nur die Befindlichkeit der Fastenden, sondern auch sämtliche Hormon- und Stoffwechselprozesse.
Er sagt: "Wir haben in allen Bereichen sehr spannende Ergebnisse gesehen: Dass die Stimmung deutlich sich verbesserte. Das würde man jetzt gar nicht unbedingt vermuten: Nicht Essen und dann noch einen so ungewöhnlichen Rhythmus."
Hörster ergänzt: "Ich finde das total schön, dass es einmal im Jahr ist und das es mir eben Hilft mich mehr zu besinnen und mir persönlich hilft die Fastenzeit auch immer darüber nachzudenken, welche Gewohnheiten ich vielleicht ablegen möchte. Und das eben das körperliche Fasten auch ein Symbol ist für eine geistige Enthaltsamkeit sich schlechten Einflüssen zu enthalten."
Diabetes-Risiko sinkt
Nach den Erkenntnissen der Mediziner verursacht Fasten tiefgreifende Veränderungen im Organismus.
"Der Zuckerstoffwechsel - der auch immer ein Risiko für Diabetes mit sich zieht - der verbessert sich eindeutig. Auch der Fettstoffwechsel verbessert sich!", sagt Michalsen.
Erstmals wurde auch mit einem völlig neuen Verfahren die Innere Uhr gemessen.
"Bei dem Bahá’i-Fasten wird ja vom Tageslicht - 6 Uhr morgens - bis ca. 18 Uhr nicht gegessen und man sieht dann verschieben sich die Uhrzeit-Gene im Körper. Wir alle haben so eine Innere Uhr, die ist genetisch gesteuert. Und das war verblüffend zu sehen, dass in einer so kurzen Zeit - von 19 Tagen - können wir diese Innere Uhr verändern!"
Anders als beim klassischen Heilfasten wird beim Religiösen Fasten auch auf das Trinken verzichtet. Ein Aspekt, der die Wissenschaftler ganz besonders interessiert. Auch hier zeigt sich eine Überraschung:
"Interessanterweise scheint das tatsächlich auch günstige Effekte zu haben. Sowohl auf die Nieren - überraschenderweise - als eben auch auf die Zellen!", sagt Michalsen.
"Ich weiß jetzt auf jeden Fall, was ich antworten kann, wenn Leute zum Beispiel sagen: Aber ihr trinkt doch viel zu wenig! Da kann ich sagen: Nein. Es wirkt sich überhaupt nicht negativ auf den Körper aus!", ist Sophie Förster überzeugt.
Und vielleicht kann regelmäßiges Fasten sogar unser Leben verlängern.
Michalsen: "Es gibt eine spektakuläre Datenlage beim Tierversuch: von allen Lebewesen auf dieser Welt, wo das untersucht worden ist – vom Regenwurm bis zum Affen - zeigt sich: Wenn man diese Tiere intervallfastend füttert, dann leben die alle länger. Im Schnitt zwischen 15 und 50 Prozent. Das würde dann bedeuten auf den Menschen übertragen, wir würden dann 130 oder 140 Jahre alt werden. Stellt sich natürlich die Frage, ob wir das wollen und ob das auch sinnvoll für unseren Planeten ist. Das lasse ich jetzt mal außer Acht. Aber wenn man der Biologie traut, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass durch ein regelmäßiges Fasten, man damit auch seine Lebensspanne verlängern kann!"