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Neue TV-Serie "Vinyl"
Manhattan ein Moloch und der Rock’n’Roll noch rein

Nach dem Erfolg der Serie "Empire" über ein fiktives Hiphop-Label, startet beim US-Sender HBO ein weiteres Kapitel Musikgeschichte: In "Vinyl" porträtieren Martin Scorsese und sein Co-Produzent Mick Jagger die Musik-Szene im New York der 70er-Jahre. Ab Sonntagnacht ist sie auf Sky auch für deutsche Pay-TV-Kunden zu sehen.

Von Hendrik Efert | 13.02.2016
    Ein Plattenspieler aufgenommen bei der Deutschlandpremiere der Pilotfolge der Serie "Vinyl".
    "Vinyl" zeigt die Szene im New York der 70er Jahre. (picture alliance / dpa / Ursula Düren)
    New York 1973 – Richie Finestra sitzt verschwitzt und schwer atmend in seinem Luxus-Mercedes gegenüber dem Entertainment-Komplex Mercer Arts Center. Das weiße Pulver hat er sich eigentlich abgewöhnt, er hadert, reißt dann doch den Rückspiegel ab und zieht sich auf der glatten Oberfläche eine Line. Kurz darauf landet er bei einem Konzert der New York Dolls – Punk wird gerade geboren.
    Finestra ist ein Musikliebhaber mit dem richtigen Gehör. Das hat ihn nach eigenen Aussagen "ridiculously stinky fucking rich" gemacht. Doch jetzt steht seine New Yorker Plattenfirma American Century kurz vor dem Bankrott. In der Branche nennen sie Finestras Label "American Cemetry" – ein Ort, zu dem die Künstler zum Sterben gehen. Bisher verhinderte die schiere Größe den Untergang. Doch Rettung naht: Das damals größte Plattenlabel der Welt – die deutsche Polygram – will AC kaufen.
    "Mr. Finestra? Is there a problem with the document?"
    Manches in der Serie Vinyl entspricht historischen Tatsachen: Es geht um echte Bands und echte New Yorker Orte der Rockgeschichte. Auch das damals weltweite führende deutsche Label Polygram gab es. American Century hingegen ist nur Fiktion.
    Ausführender Mastermind hinter Vinyl ist Terence Winter
    "When I started in this business Rock'n'Roll was real and pure."
    Der zweitsündige Auftakt zur neuen großen Serie des US-Kabelsenders HBO wurde detailverliebt von Regie-Urgestein Martin Scorsese in Szene gesetzt: New York in den 70ern war aufregend und gefährlich, rasant und dreckig. Dazu immer: bester Rock'n'Roll.
    "That's what I am talking about."
    Scorsese und sein Freund und Co-Produzent Mick Jagger dachten bereits seit den späten Neunzigern über diese Geschichte laut nach: Zunächst schwebte ihnen ein mehrstündiger Film vor über die letzten 40 Jahre der Rockmusik. Über die Zeit entwickelte sich schließlich die Idee zur epischen horizontal erzählten Autorenserie für den Kabelsender: getragen vom Serienhype im Allgemeinen und dem Erfolg von HBOs "Boardwalk Empire" im Speziellen.
    Ausführender Mastermind hinter Vinyl ist Terence Winter, der bereits Boardwalk Empire verantwortete und Autor und Produzent bei den "Sopranos" war. Keine Frage - Winter ist einer der größten Seriengenies der Gegenwart: Sein Leitmotiv ist die Maskulinität – er erzählt von äußerlich stark wirkenden Männern, die gefangen sind in ihrer Vorstellungswelt und den Vorstellungen, die die Welt von ihnen hat. Gleichzeitig aber setzt er diesen immer auch starke Frauen entgegen. Terence Winter ist ein Meister im Spiegeln von patriarchaler Realität. Nie platt, nie normativ.
    Einige der Protagonisten werden wir noch besser kennenlernen
    "I started this company from nothing."
    "Right. And now we are selling it."
    Und so sehen wir Richie Finestra, überzeugend gespielt von Robert Cannavale, ähnlich wie Mad-Man-Protagonist Don Draper durch seine Welt taumeln: Koks, Sex und Musik in Manhattan - während sich zuhause im großzügigen Vorstadthaus die bildschöne Ehefrau mit den beiden Kindern langweilt.
    "I am sure he is fine. He is always fine."
    "Of course he is fine. He is always fine."
    Die ist übrigens eine ehemalige Muse von Andy Warhol und – so zumindest der Eindruck nach der zweistündigen Auftaktfolge - wir werden sie noch besser kennenlernen. Genauso wie Jamie Vine, die eigentlich so unbedeutende Assistentin bei American Century. Vinyl dreht sich also nicht ausschließlich um Finestra, sondern hat ineinander verwobene Erzählstränge verschiedener Protagonisten. Eine Ensembleserie nach bester HBO-Tradition.
    "That's it. That's all I got."
    Die Kombination aus dem detailverliebten Historismus im Stil von "Mad Men", der Platzierung im gerade mit der Serie "Empire" losgetretenen Interesse an der Musikindustrie und den großen Namen – neben Scorsese und Mick Jagger zum Beispiel James Jagger, der Sohn des Stones-Frontmann spielt einen aufstrebenden Punkrocker – das alles lässt auf einen Erfolg der Serie hoffen.
    "Let's show people how Rock'n'Roll supposed to make you feel."
    Läuft am 14.2. auf HBO an. In der Nacht auf den 15. auch in Deutschland: über Sky On Demand, Sky Go und Sky Online (kostenpflichtig) im Originalton. Auf Deutsch dann ab 7. April bei Sky