Nach fast einem Jahr Ungewissheit ist gegen 11.25 Uhr das Ergebnis der digitalen, technisch reibungslos abgelaufenen Wahl zum CDU-Vorsitz klar. Generalsekretär Paul Ziemiak verkündet in der Messehalle in Berlin, wo ein Fernsehstudio aufgebaut ist und nur ganz wenige Parteimitglieder vor Ort sind: "Auf Armin Laschet enfallten 521 Stimmen und auf Friedrich Merz 466 Stimmen. Damit ist Armin Laschet gewählt, er hat die absolute Mehrheit der abgegebenen Stimmen erreicht. Herzlichen Glückwunsch!"
Applaus der Delegierten von der großen Viedowand. Ein deutliches Ergebnis, das aber noch nicht endgültig ist, denn es muss noch schriftlich bis 22. Januar vorgelegt werden.
Laschet: "Ich bitte um die Rückendeckung"
Laschet hat um Geschlossenheit gebeten, und auch diejenigen angesprochen, die noch für seinen Wettbewerber gestimmt hatten: "Jetzt müssen Sie ja noch mit dem Brief wählen, damit das Ergebnis dann auch gut ist. Ich bitte um die Rückendeckung auch derer, die die anderen Kandidaten gewählt haben, damit wir wirklich geschlossen in diese Bundestageswahl hineingehen können."
Merz: "Armin, viel Erfolg bei dem, was du vor hast"
Die ersten Reaktionen der unterlegenen Kandidaten zeigten Laschet, dass die Aufgabe nicht einfach wird. Die Verlierer Friedrich Merz und Norbert Röttgen, der bereits im ersten Wahlgang ziemlich deutlich ausgeschieden war, gratulierten mit unterschiedlichen Tonlagen: "Für mich ist selbstverständlich, dass ich weiter arbeite in der CDU und der Mannschaft der CDU zur Verfügung stehe", sagte Röttgen. Dagegen blieb Merz bei knappen Worten: "Herzlichen Dank für das gute Miteinander - und dir, lieber Armin, viel Erfolg bei dem, was du vor hast".
CDU hat auf Nummer Sicher gewählt
Dank und Unterstützung von Röttgen, von Friedrich Merz kam nichts in diese Richtung, meint Stephan Detjen. Es sei jetzt die Frage, was er weiter vorhabe: "Ob Merz sich jetzt der CDU weiter zur Verfügung stellt oder ob er ganz in die Wirtschaft zurückgeht, das ist nach wie vor offen." (Anm.d.Red.: Der in der Wahl zum CDU-Chef unterlegene Friedrich Merz will den Posten des Wirtschaftsministers übernehmen. Das habe er dem neuen Parteivorsitzenden Laschet angeboten, sagte Merz.)
Mit der Entscheidung für Laschet habe sich die Partei "für Erfahrung, für nachgewiesene Regierungskompetenz entschieden, auf die erwiesene Fähigkeit, in Wahlen erfolgreich für die Partei zu sein", sagte Detjen. Aber Laschet habe die Delegierten auch digital auf dem Parteitag mit einer autobiographisch geprägten Rede erreicht, mit einer Erzählung, die in seiner Kindheit begann: "Mein Vater war Bergmann. Steiger in der Zeche Anna 1 in Alsdorf. Jeden Tag tausend Meter unter der Erde: Hitze, Dunkelheit, harte Arbeit." Unter Tage sei es wichtig gewesen, sich aufeinander verlassen zu können. Das Thema Vertrauen war dann der Schlüsselbegriff seiner Rede, so Detjen.
Ein kämpferischer Laschet
Laschet - was ihm manche nicht zugetraut hatten - zeigte sich in der Rede kämpferisch. Er habe gezeigt, dass er den Job wolle und auch immer wieder Spitzen gegen Friedrich Merz gesetzt, ohne den Namen deutlich zu nennen: "Ich sehe das Deutschland, dass ich vor mir habe, braucht keinen 'CEO', keinen Vorstandsvorsitzenden, sondern einen Mannschaftskapitän, der führt und zusammenführt."
Ein technokratischer Merz
Merz hingegen habe, so Detjen, seinen Fehler von 2018 wiederholt - er habe die falsche Rede gehalten. Er habe wohl markige Sätze gesagt, wie sie seine Anhänger von ihm erwarteten: "Den Anspruch habe ich formuliert: Führung dieser Partei, aber auch Führung dieses Landes." Er werde sich und die Partei fordern, niemand solle sich da Illusionen machen, sagte Merz. Doch die rhetorische Präzision, für die Merz eigentlich stehe, blieb unter den Erwartungen: "Diese Rede blieb über weite Teile technokratisch", meint Detjen.
"Wem vertrauen?"
Schon im ersten Wahlgang wurde ziemlich klar, dass Laschet die Anhänger des Röttgen-Lagers zu sich rüberziehen würde. Auch in der digitalen Fassung des Parteitages habe sich gezeigt, dass es "um Kopf und um Herz der Partei" gehe, so Detjen. Laschet habe dann am Ende des Bogen geschlagen und versucht, mit emotionalen Gesten die Distanz zwischen dem Parteitagsstudio in Berlin und den vielen Delegierten-Wohnzimmern zu überbrücken, indem er die Erkennungsmarke seines Vaters, des ehemaligen Bergmanns, vorzeigte. Die Blechmarke habe einst unter Tage als Vertrauenszeichen gedient. Laschet: "Wem vertrauen? Das entscheiden heute Sie!"
Das Ergebnis zeigt: die Partei ist gespalten
Angsprochen auf die knappe Stichwahl, bei der 30 Delegierte den Unterschied gemacht hätten, sagte Detjen, es gebe in der CDU durchaus "Spaltungen, es hat ja auch Verletzungen gegeben, der Wahlkampf ist hart gegeneinandner geführt worden. Friedrich Merz hat seine Anhänger vehement hinter sich gebracht. Da gibt es Teile der CDU, die haben faktisch damit gedroht, dass 'wenn es Merz nicht wird, werden wir uns von der Partei abkehren'. Insofern steht die Partei jetzt vor einer Bewährungsprobe - was alle versprochen haben: 'Wir müssen uns hinter den neuen Vorsitzenden stellen' - das ist noch zu beweisen."
Ungeklärt stehe aber nach wie vor die Frage im Raum, wer Kanzlerkandidat wird. Die könne erst nach den ersten Landtagswahlen am 14. März in Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg geklärt werden. Da werde noch die Zusammengehörigkeit der Partei getestet werden, so Detjen.
"Der Armin Laschet, den wir da heute erlebt haben, der hat deutlich gemacht, der will jetzt auch Bundeskanzler werden."