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Neuer Film von Terrence Malick
Ein Hohelied auf Mut und Humanität

Franz Jägerstätter möchte lieber sterben, als einen falschen Krieg zu führen. Mit „Ein verborgenes Leben“ ist Terrence Malick diesmal ein zugänglicher Film gelungen, der uns die Kraft von Glaube, Liebe und Widerstand gegen die Nazis vor Augen führt.

Von Hartwig Tegeler |
ein Mann sitzt an einem kargen Holztisch hinter Gittern
August Diehl als Franz Jägerstätter in "Ein verborgenes Leben" von Terrence Malick (www.imago-images.de)
Der Titel von Terrence Malicks "Ein verborgenes Leben" ist von der britischen Schriftstellerin George Eliot alias Mary Anne Evans geborgt. Die schrieb, dass es um uns viel, viel schlechter stünde ohne die Menschen, die im Glauben an die richtige Sache "ein Leben im Verborgenen" geführt hätten und in Gräbern ruhten, die kein Mensch kennen würde.
Franz Jägerstätter wurde am 9. August 1943 wegen "Wehrkraftzersetzung" hingerichtet. Jägerstätter verweigerte den Wehrdienst mit der Waffe und lehnte es ab, den Eid auf Adolf Hitler zu leisten. Basis für Terrence Malicks Drehbuch ist der Briefwechsel zwischen Franz Jägerstätter und sein Frau Fani. August Diehl und Valerie Pachner spielen die beiden.
Wir töten unschuldige Menschen und für die Priester sind wir Helden
Nach seiner Ausbildung als Soldat im Jahr 1940 kommen Franz Jägerstätter aus dem in den Bergen gelegenen Dorf St. Radegund nahe bei Salzburg Zweifel an der Legitimität des Krieges. Franz vertraut sich dem Pfarrer an:
"Vater, wenn sie mich einberufen, dann kann ich nicht gehen. Wir töten unschuldige Menschen. Überfallen andere Länder, beuten die Schwachen aus. Und für die Priester sind das alles Helden, Heilige sogar. Diese Soldaten, die das tun. Es wäre schon möglich, die anderen sind die Helden. Diejenigen, die ihre Häuser verteidigen."
Doch die Position der Kirche und die des Pfarrers gegenüber diesem konsequent Gläubigen ist rein pragmatisch:
"Glaubst du nicht, mal soll auch die Konsequenzen seines Handelns sehen? Für die Deinigen? Du wirst sehr wahrscheinlich erschossen."
"Ja!"
"Dein Opfergang wird für niemanden gut sein."
Trotzdem verweigert sich Franz der Teilhabe am mörderischen System, obwohl die meisten aus dem Dorf ihn und seine Frau nun meiden oder beschimpfen. Sie quasi verstoßen.
Franz lebt in und von der Natur
"Ein verborgenes Leben" beginnt mit Bildern der Nazi-Aufmärsche in Leni Riefenstahls Propagandafilm "Triumph des Willens" und zeigt im Gegenschnitt Franz und seine Frau Fani inmitten einer idyllischen Natur bei ihrer Arbeit auf dem Feld oder auf dem Hof. Der größte Kontrast, der sich vorstellen lässt. Aber Franz lebt in dieser Natur und lebt von dieser Natur, auch im geistig-religiös-spirituellen Sinn.
Der Widerspruch zwischen der Unschuld und Schönheit der Natur und der Barbarei der Menschen war schon Grundthema in Terrence Malicks Kriegsfilm "Der schmale Grat" von 1998. Von da an etablierte sich neben der Handlung immer konsequenter ein Fluss von Bildern, Musik und dem inneren Monolog der Figuren.
Doch mit den folgenden Filmen "Knight of Cups" und "Song to Song" wurde Terrence Malick immer hermetischer. Publikum und Kritik fanden schwer Zugang zu seinen Erzählungen, die sich einer Erklärung oder Verständlichkeit immer mehr verweigerten.
Radikale Konsequenz der Liebe
"Ein verborgenes Leben" wirkt jetzt wieder fassbarer, verständlicher, ohne auf den Strom aus Bildern und Musik, aus innerem Monolog zu verzichten, in dem die Handlung quasi stattfindet. Das gilt auch für das Ende des Films, wenn Franz und Fani sich das letzte Mal sehen, und Fani zu ihrem Mann sagt:
"Ich liebe dich. Was immer du tust. Was auch immer passiert."
Das ist kein Satz aus dem Kitsch-Werkzeugkasten des Hollywood-Kinos, sondern radikale Konsequenz der Liebe eines Mannes und einer Frau. Terrence Malick zeigt im letzten Kapitel seines dreistündigen Films nicht nur das Leiden des Mannes angesichts der Hinrichtung, sondern auch das seiner Frau, die auf die Minute genau weiß, wann ihr Ehemann unter dem Fallbeil der Nazis stirbt.
"Ich bin ja frei!"
Dem Bösen – genau das inszeniert ja Terrence Malick in "Ein verborgenes Leben" –, dem Bösen können diese Menschen in dieser historischen Situation nichts entgegensetzen, außer ihre geistige Haltung. Einmal bittet Franz' Verteidiger den Verurteilen, einfach nur das Schriftstück zu unterschreiben und damit den Eid auf Hitler zu schwören. Dann sei er sofort frei. Franz' Antwort: "Ich bin ja frei!"
"Ein verborgenes Leben" ist das Hohelied auf die Humanität, den Widerstandsgeist, den Mut und das Gewissen. Terrence Malick ist ein großer Film gelungen.