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Neuer FINA-Präsident Julio Maglione gewählt

Der Schwimmweltverband FINA hat auf seinem Kongress am Freitag in Rom einen neuen Präsidenten gewählt: Julio César Maglione aus Uruguay löst den Algerier Moustafa Larfaoui ab. Der Abgang von Larfaoui ist langfristig betrachtet auch eine Niederlage für die Präsidentin des Deutschen Schwimmverbandes Christa Thiel, deren internationale Ambitionen eng mit der Macht Larfaouis verflochten waren.

Von Jens Weinreich |
    Von Verjüngung kann man kaum sprechen, wenn ein 73-Jähriger wie Julio Maglione einen 76-Jährigen als Präsidenten ablöst. Zumal der neue FINA-Präsident Maglione bereits seit 1984 im Vorstand des Schwimmweltverbandes sitzt, dem FINA-Büro. Zumal Maglione schon zwischen 1988 und 1992, in der ersten präsidialen Amtszeit von Moustapha Larfaoui, Vizepräsident war und seit 1992 als Schatzmeister agiert. Julio César Maglione gehört also zum Establishment der FINA. Und er hat, wie seine IOC-Kollegen Larfaoui und der Südafrikaner Sam Ramsamy, die teils desaströse Verbandspolitik mit entschieden und mit getragen.

    Andererseits sprechen einige Argumente dafür, dass mit Maglione ein Umbruch eingeleitet wird. Maglione hat zahlreiche weitere Funktionen im Sport. Er ist seit 1987 NOK-Präsident Uruguays, gehört seit 1996 dem IOC an, bekleidete zeitweise ministeriale Posten in der Regierung daheim in Montevideo. Er sieht sich in der FINA eher als Präsident des Übergangs, nach 21 Jahren unter Larfaoui, die zeitweise Stillstand bedeuteten. Erstaunlich ist, dass der FINA-Kongress die Amtszeiten der wichtigsten Mandatsträger auf acht Jahre beschränkte. Das sagt viel über den Frust in der FINA aus. Länger als Larfaoui agierte unter den aktuellen Präsidenten der 33 olympischen Weltverbände nur Schützenpräsident Olegario Vázquez Rana - der Mexikaner ist seit 1980 im Amt.

    Julio Maglione hatte in seinem Wahlprogramm sogar davon gesprochen, ein Präsident solle nur vier Jahre agieren. Maglione war übrigens auch einer der wichtigsten Fürsprecher der Entscheidung, ab dem kommenden Jahr Kunststoffschwimmanzüge zu verbieten. Nun muss sich zeigen, ob er im Tagesgeschäft willens und fähig sein wird, die eingefahrenen Machtstrukturen der FINA-Administration in Lausanne mit dem mächtigen Exekutivdirektor Cornel Marculescu (Rumänien) zu brechen. Das wird nötig sein, um die FINA in einen modernen, transparent agierenden Verband zu verwandeln. In einen Verband, der beispielsweise auch in der Dopingbekämpfung Maßstäbe setzt. Der öffentliche Fokus wird sich nach der Anzug-Entscheidung des Kongresses ohnehin bald wieder auf andere mögliche Gründe der Leistungsexplosionen verlagern - und somit auch auf die Dopingfrage.

    Die Unzufriedenheit zahlreicher Nationalverbände mit dem als unbelehrbaren Alleinherrscher agierenden Moustafa Larfaoui war am Ende groß. Larfaoui hatte nach 21 Jahren nicht genug. Er wäre am liebsten noch einmal angetreten und versuchte alles, um das Blatt zu seinen Gunsten zu wenden. Doch im Verlaufe des Frühjahrs, etwa März bei der Sitzung des FINA-Bureaus in Dubai, als ihm in einigen Fragen die Gefolgschaft verwehrt wurde, wurde ihm klar, dass er bei einer Kampfabstimmung unterliegen würde. So gab Larfaoui Ende Mai auf und trat nicht erneut an. Maglione war bereits vor zwei Jahren von etlichen Verbänden nominiert worden und hatte seine Kandidatur im vergangenen Jahr verkündet. Er blieb einziger Kandidat auf den FINA-Vorsitz.

    Bis zum Kongress in Rom versuchte Moustapha Larfaoui dennoch, demokratische Entscheidungen der Kontinentalverbände zu kippen. Vor wenigen Tagen schrieb Ungarns Verbandschef Tamás Gyárfás einen wütenden Brief an die wichtigsten Schwimm-Funktionäre, den der Journalist Craig Lord auf dem Internet-Portal Swimnews.com enthüllte: Gyárfás protestierte gegen Larfaouis Machenschaften. Es ging speziell um Larfaouis Versuch, eine Abstimmung des europäischen Verbandes LEN vom September 2008 in Zürich zu kippen. Die LEN-Delegierten hatten seinerzeit in Zürich vier Funktionäre für den FINA-Vorstand gewählt. Zwei weitere Personen, darunter die DSV-Präsidentin Christa Thiel, die in der Abstimmung Rang sechs belegte, hätten theoretisch für den FINA-Vorstand kandidieren können. Larfaoui wollte die Kandidatenliste allerdings erweitern, wohl um seine Favoriten zu bevorteilen - vor allem Christa Thiel.

    Vor einem dreiviertel Jahr hatten Larfaoui und andere FINA-Exekutivler in Zürich noch dem LEN-Kongress applaudiert und die demokratische Abstimmung akzeptiert, schrieb Tamás Gyárfás: "Nun aber missachten sie die Entscheidung des LEN-Kongresses." Für akute Verstimmungen sorgte besonders die sportpolitische Nähe der DSV-Präsidentin zum scheidenden FINA-Boss Larfaoui. Die unter Druck geratene Christa Thiel riskierte keine Abstimmungsniederlage, sondern kandidierte in Rom sicherheitshalber für den Posten als Chefin der Disziplinarkommission. Ob Thiel als Vasallin des Cäsaren Larfaoui in der FINA und in der LEN, wo sie noch Schatzmeisterin ist, langfristig eine Zukunft hat, bleibt offen. Wenn Julio Maglione Wort hält und tatsächlich "eine neue Ära" einleitet, sind die Würfel gefallen.