Als sich der schwedisch-britische Unternehmer Johan Eliasch im Juni gegen drei weitere Kandidatinnen und Kandidaten um das Präsidenten-Amt bewarb, war er klar in seiner Botschaft: Er will den Weltskiverband auf Wachstum trimmen. Attraktiver werden für ein jüngeres Publikum, mehr Menschen anziehen, Zugang bekommen zu den lukrativen Märkten, höhere Einnahmen erzielen beim Verkauf von Fernsehrechten, mehr Sponsoren gewinnen, jedes Jahr einen neuen Veranstaltungsort für Weltcuprennen auf mehr Kontinenten dazugewinnen. Der Weltverband FIS sei mehr als alpine Skirennen in Zentraleuropa.
Zugleich brachte Johan Eliasch seine Expertise im Klimaschutz als Berater der britischen Regierung ein, nannte Projekte zum Erhalt des Regenwaldes.
Doch wie bringt er beide Ziele, Wachstum und Klimaschutz, zusammen? Bisher hat er dazu noch nicht viele Antworten gegeben. Beim Weltcupauftakt in Sölden gab er seine erste Pressekonferenz im Amt. Damit gab er auch einen ersten Eindruck ab. Der war im Vergleich zu seinem Vorgänger, dem im Juli verstorbenen Schweizer Gian Franco Kasper, atmosphärisch schon ein ganz anderer, erzählt SZ-Sportjournalist und langjähriger Kenner, Johannes Knuth:
"Es war schon ein bisschen merkwürdig und hatte eine gewisse Kühle, wenn da jemand auf die Bühne schreitet und von einem Computer abliest in ein Forum hinein von Reportern und vor Fernsehkameras. Das hatte doch etwas sehr Förmliches und der Eindruck in der Fragerunde, da ist das Eis jetzt nicht merklich geschmolzen."
Jüngere drängen auf nachhaltigeren Skisport
Geschmolzen sind dagegen die Gletscher, dramatisch. Und daher drängen inzwischen vor allem die Jüngeren in der Skiszene darauf, den Sport nachhaltiger aufzustellen. Felix Neureuther hat sich dazu ein paar Mal inzwischen geäußert. Nach der Wahl von Eliasch zeigte er sich sehr optimistisch, dass der neue Präsident das Thema anpackt.
Mit den ersten konkreten Äußerungen von Johan Eliasch klingt das schon nicht mehr so zuversichtlich: "Wir müssen versuchen, dass wir die Gletscher so gut schonen wie es nur geht und da ist es für mich nicht mehr zeitgemäß im Juli, August oder auch im September auf einem Gletscher Ski zu fahren und den Saisonauftakt, dann hast du den eben nicht Ende Oktober auf dem Gletscher in Sölden, sondern hast du ihn halt Mitte November", sagte Neureuther dem BR.
Der Weltcupauftakt in Sölden war bisher immer ein von den Veranstaltern mit Aufwand inszenierters Event für die Skiteams, für die Skiindustrie, ein Klassentreffen, das alle schätzen. Und auch deswegen so früh stattfindet, weil: "Das war halt immer dieses Signal, jetzt sind wir langsam wieder auf Winter geeicht, das die Leute auch langsam kapieren, dass sie mal wieder ihre Skier kaufen sollen", sagt Sportjournalist Johannes Knuth.
Aber nach einer Verlegung in den November sieht es eher nicht aus, Johan Eliasch hat in Sölden der Presse erklärt, dass er in zeitlicher Nähe zwei weitere Weltcupauftaktrennen in der Schweiz und Italien plant: "Kürzlich wurde Zermatt als ein Ort genannt, an dem die Speedsaison eröffnet werden könnte. Der Veranstalter hat uns das zugetragen, er hätte Trainingsmöglichkeiten für alle Athleten. Das wäre eine Chance, weiter Reisen zum Beispiel zu Trainingslagern nach Südamerika zu vermeiden. Ein gutes Beispiel, um unseren CO2-Fußabdruck reduzieren zu können."
Indoor-Events in Dubai?
Und noch einen weiteren Ausblick gab Eliasch, wie er sich klimafreundlichere Rennen etwa in Dubai vorstellen könnte: "Wenn wir über neue Projekte sprechen, sollte es uns immer um umweltfreundliche Events gehen. Indoor-Skievents zum Beispiel könnten durchaus Potenzial haben. Vor allem über den Sommer hinweg. Es ist etwas, was noch genauer analysiert werden muss, aber ausschließen will ich sie nicht."
Eine Vorstellung, die Neureuther abwegig findet: "Wo ist der Skisport zu Hause? Das ist einfach mal in den Bergen und ich finde, da gehört er auch hin und es ist halt auch rein was den Sport betrifft, als Sportler willst Du auf den schwierigsten Pisten unter schwierigsten Verhältnissen fahren, wo die Herausforderung am größten ist, aber eine Skihalle ist für einen Profiskifahrer ehrlich gesagt keine Herausforderung."
Selbst, wenn durch Kompensationszahlungen für Regenwaldprojekte die Klimabilanz besser wird, oder durch die versprochenen Trainingsmöglichkeiten für Teams aus allen Nationen in der Schweiz Reisen in ferne Trainingsgebiete entfallen, so klingt das noch nicht danach, dass das schon alles durchgerechnet ist. Und es klingt auch nicht nach einem grundsätzlich tiefgreifenden Wandel, mit dem Eliasch verbunden wird.
Den ihm auch die Konkurrentin um das Amt, und langjährige Generalsekretärin der FIS, Sarah Lewis zuschreibt: "Er hat sehr gute Erfahrung und Know-How und das ist wichtig für den Skisport" Sarah Lewis ist überzeugt, dass die Winterspiele in Peking ein Vorbild für Nachhaltigkeit sein werden. Für die Skifunktionäre steht zudem die Perspektive, 300 Millionen Menschen in China in den Schnee zu bringen. Im chinesischen Fernsehen erklärte Johan Eliasch, welche großartige Möglichkeit das für den Skisport bedeute.
"Eliash hat viele Allianzen schmieden müssen"
Ist das der Nachhaltigkeits-Reformer Johan Eliasch oder doch noch eher der Unternehmer, der die Ski-Marke Head wieder nach vorne brachte und in Kennzahlen von Maximierung und Ertragssteigerungen denkt?
Und welche Versprechungen musste er möglicherweise machen, um genügend Stimmen für seine Wahl zu bekommen? Sportjournalist Johannes Knuth zeigt auf, warum es so schwierig ist, das dahinterliegende System aufzubrechen: "Wenn immer nur Menschen in diesem System emporkommen, wie sollen die dann nachhaltig das System ändern, dass sie ja an die Spitze gespült hat? Selbst ein Johan Eliasch hat ja viele Allianzen schmieden müssen auch mit Verbandspräsidenten und auch Nationalverbänden, die eigentlich jemand ganz anderen erstmal unterstützen wollten und die hat er irgendwie überzeugen müssen. Man muss Seilschaften schmieden, die man dann bedienen muss."
Die Mehrheitsverhältnisse könnten sich der Vorstellung von Johan Eliasch in Zukunft ändern. In seinem Bewerbungsvideo wollte er allen Mitgliedsverbänden das gleiche Stimmrecht zuteilen, was in der FIS derzeit nicht der Fall ist. Noch haben die großen Skinationen mehr Gewicht.
Was Johan Eliasch schon angestoßen hat, ist eine Begrenzung der Amtszeit auf zwölf Jahre und mehr Frauen in den Gremien. Noch steckt er am Anfang seiner Amtszeit. Er wird zeigen müssen, wie er seine Wachstumspläne und den Anspruch von Nachhaltigkeit zusammenbringen will.