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Neuer Koalitionsstreit
Schäuble nennt Gabriels Vorschlag "erbarmungswürdig"

Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat Forderungen von SPD-Chef Sigmar Gabriel nach mehr Geld für soziale Aufgaben - parallel zur Flüchtlingshilfe - zurückgewiesen. Dass er sich andernfalls an der Radikalisierung im Land mitschuldig mache, sei "erbarmungswürdiges Gerede", sagte der CDU-Politiker. Den Vorwurf lässt die SPD nicht auf sich sitzen.

    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) bei einer Kabinettssitzung in Berlin am 13.01.2016.
    Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat einen Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Gabriel als erbarmungswürdig bezeichnet (Archivbild 13.01.2016). (picture alliance / dpa / Kay Nietfeld)
    "Wenn wir Flüchtlingen - Menschen, die in bitterer Not sind - nur noch helfen dürfen, wenn wir anderen, die nicht in so bitterer Not sind, das gleiche geben oder mehr, dann ist das erbarmungswürdig", sagte Wolfgang Schäuble nach dem G20-Gipfel in Schanghai. Der CDU-Politiker nannte es "Gerede", dass der Rechtsradikalismus steige, wenn er jetzt nicht mehr Geld ausgebe.
    Die Bewältigung der Flüchtlingskrise hat aus Schäubles Sicht oberste Priorität. Diesem Ziel müsse alles andere untergeordnet werden - möglichst ohne neue Schulden. Mit seiner Kritik schloss sich Schäuble anderen führenden CDU-Politikern wie Bundeskanzlerin Angela Merkel und der stellvertretenden Parteivorsitzenden Julia Klöckner an, die Sigmar Gabriels Vorschlag ebenfalls ablehnen.
    Linke kritisiert Gabriel wegen "Hetze"
    Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken, Jan Korte, warf Gabriel verdeckte Hetze vor, mit der er die Schwächsten gegeneinander auszuspielen versuche. Der Zustand der Koalition und der Einfluss des Vizekanzlers seien erbärmlich.
    Gabriel hatte am Donnerstagabend im ZDF ein "neues Solidaritätsprojekt" für die einheimische Bevölkerung gefordert. Die Menschen müssten merken, "dass ihre Bedürfnisse nicht weiter unter die Räder geraten". Auf Facebook schrieb Gabriel: "Die CDU muss sich sonst fragen lassen, ob sie der sozialen Spaltung der Gesellschaft tatenlos zusehen will".
    Von Parteikollegen bekam der SPD-Chef Rückendeckung. Parteivize Ralf Stegner ging auf Twitter zum Gegenangriff auf Schäuble über.
    Generalsekretärin Katarina Barley warf dem Finanzminister vor, den Ernst der Lage nicht erkannt zu haben: "Die SPD kämpft für den sozialen Zusammenhalt in unserem Land. Herr Schäuble will nur die Schwarze Null aufrechterhalten. Das ist nun wirklich erbarmungswürdig."
    Abgesehen vom Streit zwischen SPD und CDU halten auch die Verstimmungen zwischen CDU und CSU an. CSU-Chef und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hat im Magazin "Der Spiegel" noch einmal seine Forderung nach einer Obergrenze für Flüchtlinge wiederholt und sich für einen Schutz der nationalen Grenzen ausgesprochen. Sein Innenminister Joachim Herrmann unterstrich die Forderung heute: Er erklärte, in München bereite sich die Landespolizei darauf vor, die deutsch-österreichische Grenze zu sichern.
    (pr/am)