Er wurde an der Folkwang-Hochschule in Essen zum Pantomimen ausgebildet, jobbte als Circus-Clown, Rollschuhläufer und Feuerschlucker und erklomm den Gipfel des Kilimanjaro. Nicht der einzige Höhepunkt in seinem Leben.
Christoph Sieber gilt als einer der bedeutendsten Kabarettisten Deutschlands, für seine Bühnenauftritte mit zahlreichen Preisen geadelt und ab morgen neuer Gastgeber bei den WDR-"Mitternachtsspitzen", der wohl bekanntesten Fernseh-Institution im deutschen Kabarett.
Sein Einstand bereite ihm große Ehrfurcht, so Sieber: "Das sind natürlich auch riesen Fußstapfen, die der Jürgen Becker, Wilfried Schmickler und Uwe Lyko da hinterlassen haben."
Den Zeigefinger auch auf sich selbst richten
Wilfried Schmickler sagte letztes Jahr im DLF, für ihn sei das, was nun als "politisch-korrekt" denunziert werde, Maxime ihres Bühnenprogramms gewesen.
Das gelte zwar auch für seinen Nachfolger, aber das Kabarett habe sich auch verändert, so Sieber: "Dass man diesen moralischen Zeigefinger, den das Kabarett sehr lange hatte auch auf sich selber bezieht. Wie die Zukunft sein soll, das liegt auch in unserer Verantwortung. Es sind ja nicht nur die doofen Politiker, die alles falsch machen, wir sind vielleicht auch zur Kabarett-Veranstaltung mit dem SUV angereist."
Er führe jedoch eine Tradition fort, die da lautet: "Wir setzen uns ein, für die, die keine Stimme haben. Natürlich tritt das Kabarett nicht nach unten. Das Ziel sind immer die Oberen, die Mächtigen. Denen ans Bein zu pinkeln bleibt Aufgabe des Kabaretts".
Für Christoph Sieber bleibt es dabei: "Satire darf alles" die Frage sei nur: "Muss sie auch alles?"
Gute Grenzverletzung, böse Grenzverletzung
Bewusste Grenzverletzungen waren und bleiben stets ein wichtiger Bestandteil der Satire. Sieber muss aber zugeben, dass dies in der heutigen Zeit schwerer geworden sei, "es gibt sehr viele Menschen, die damit nicht klarkommen, dass Grenzen verletzt werden."
Das hinge auch stark an den Funktionsweisen sozialer Medien, "die darauf ausgelegt sind, Menschen zu spalten." Die Grenzverletzung die dort stattfinde, sei nicht humanistisch, sondern von finanziellen Interessen getrieben.
"Ich glaube aber", so Sieber, "dass der gute Witz humanistisch ist. Er will die Grenze nicht verletzen, um die Menschen in eine Richtung zu treiben, die extremistisch ist, sondern er will extrem sein, um die Menschen auf der humanistischen Skala in der Mitte zu halten."
An dieser humanistisch motiverten Grenzverletzung halte Sieber fest: "Das muss sein, das darf sein."
Die Künstler*innen müssten sich nur die Frage stellen: "Warum mach ich es?" und das Publikum die, ob es zu einem Künstler gehen wolle, der sich dafür entscheidet.
Ein moderater Umbau
Konkret schwebt Sieber eher ein moderater Umbau der Mitternachtsspitzen vor und nicht ein ganz neues Format aus dem Boden zu stampfen. Manche Rubriken wie z.B. die "berühmten Paare der Weltgeschichte" werde er nicht weiterführen, sagte Sieber. Es gebe aber auch viele Dinge, die er weiterführen wolle nur halt mit anderen Kategorien. Ein neues Element werde etwa der Puppenspieler Michael Hatzius sein, so Sieber.
Als Themen werde er sich den NSU 2.0 verknüpfen, die WDR Sendung die aktuelle Stunde parodieren "und Friedrich Merz sitzt bei uns auf dem Therapiesofa."
Die "Mitternachtsspitzen" laufen am 6. Februar um 21.45 - 22.45 Uhr im WDR. Gastgeber*innen: Christoph Sieber, Susanne Pätzold, Philip Simon und Puppenspieler Michael Hatzius, mit den Gästen Sarah Bosetti, Christian Ehring und Helge Schneider.