Sandra Rohrbach zieht sich ihre Handschuhe über, die Mütze tief ins Gesicht, dann steigt die Telekom-Sprecherin auf die glatte Dachterrasse der Hauptstadt-Vertretung in Mitte. Hier über den Dächern Berlins weht ein eisiger Wind.
"So, von hier sieht man jetzt diese Antenne – und das sind eigentlich diese Kästen."
Kunden schneller und besser versorgen
Ein paar Meter vor uns ragt der zentrale Handy-Mast aus dem Dach der Telekomvertretung in den Himmel. Er sieht aus wie jeder andere: dicke Eisenstange, umrahmt von länglichen grauen Kästen. Nur dass in manchen dieser Kästen die neueste Technik steckt, erzählt Rohrbach.
"Genau da sind die Antennen drin verbaut, die wir für 5G brauchen. Da sind jetzt 64 Antennen-Elemente drin. Das sind deutlich mehr, als wir die im Bestands-Netz haben, wir vier Sende- und Empfangsantennen. Der Nutzen ist, dass wir den Kunden damit schneller und besser versorgen können."
Seit etwa einem Jahr experimentiert die Telekom hier und an ein paar anderen Standorten in Berlin bereits mit 5G. Um rauszufinden, in welcher Entfernung voneinander die Antennen angebracht werden müssen, um ein funktionierendes Netz aufzubauen.
"Das besondere an den 5G Frequenzen ist, dass die besonders viel Kapazität haben und eine besonders hohe Geschwindigkeit. Dazu brauchen wir zum einen Antennen wie an diesem Masten, die man kennt, über den Dächern aber auch, das kommt neu hinzu, kleine Neben- und Verstärkerantennen, ‚Small Cells‘, die wir auch mit dieser neuen Funktechnologie ausstatten."
Industrie und Wissenschaft im Blick
In den nächsten Wochen und Monaten wird die Firma noch ein paar Hundert weitere kleine und große Antennen in Berlin anbringen. Weil die Telekom mit dem Berliner Senat eine Vereinbarung geschlossen hat, wird aus dem 5G-Firmen-Experiment noch in diesem Jahr das erste 5-G-Netz Deutschlands entstehen, sagt Christian Rickerts, Grüner Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Wirtschaft und Energie. Wenn im März die regulären 5G-Frequenzen versteigert werden, will Berlin schon einen Schritt weiter sein, als andere Standorte in Deutschland.
"Wenn wir uns darüber unterhalten, dass zusätzlich große und kleine Zellen zusätzlich installiert werden müssen, sind wir bei Fragen von Standorten, von Genehmigungsverfahren und so weiter und so fort, die wir jetzt sehr frühzeitig angehen."
Diese neuen Standorte könnten dann Laternen, Bushaltestellen Litfaßsäulen oder Ampelanlagen sein, sagt Rickerts. Allerdings zunächst nicht in ganz Berlin, sondern erstmal nur an ein paar Hotspots. Auf dem "Siemens-Innovationscampus" in Spandau, im Technologiepark Adlershof, wo 90 IT-Firmen sitzen. In einem zweiten Schritt sollen Veranstaltungsorte wie die Messe ans schnelle Netz angeschlossen werden, im dritten hoch frequentierte Plätze und Verkehrswege wie der Potsdamer Platz und die Stadtautobahn.
"5G ist eine Technologie, bei der man sich verspricht, dass im industriellen Bereich, im Mobilitätsbereich relativ schnell Anwendungsfälle da sind – so dass wir uns gefragt haben wo sind die entsprechenden Orte und das sind die Zukunftsorte wo Wirtschaft und Wissenschaft zusammenarbeiten an Industrie von morgen. Deshalb haben wir da angefangen, aber im Prinzip haben wir die ganze Stadt im Blick."
Erschreckende Lücken in Berlin beim 4G
Der Senat setzt bei 5G also erstmal auf die industrielle Nutzung – nicht nur, weil Smartphones für den neuen Mobilfunk-Standard in Deutschland überhaupt erst in diesem Jahr auf den Markt kommen. 5G, das bis zu hundertmal schneller ist als der aktuelle Standard 4G, könnte vor allem autonomes Fahren, die Steuerung von Robotern, smarte Städte und Industrieanlagen voranbringen.
"Ich selbst bin ganz gespannt darauf, welche Anwendungsszenarien uns erwarten, wenn wir die Infrastruktur dafür bereitgestellt haben."
Dass Rot-Rot Grün beim Digitalausbau erstmal die Berliner Firmen versorgen will, freut auch die CDU-Opposition im Abgeordnetenhaus. Christian Gräff ist ihr digitalpolitischer Sprecher und hat an der Vereinbarung zwischen Senat und Telekom so nichts auszusetzen.
"Es geht darum, dass wir in Berlin Vorreiter sind bei einer neuen Technologie und wenn der Senat das jetzt gut abgeschlossen hat, dann können wir auch sagen gut gemacht, warum denn nicht."
Für den normalen Privatnutzer reiche unterwegs momentan ja der aktuelle Standard 4G, auch LTE genannt, völlig aus. Egal, ob zum Videostreamen oder Downloaden. Nur: Hier gibt es auch in der Hauptstadt noch so einige weiße oder graue Flecken, vor allem in S- und U-Bahnen. Peinlich, sagt Gräff.
"Das ist lächerlich, kann man nicht anders sagen, ich war kürzlich in Lissabon in der U-Bahn konnte da wunderbar surfen mit LTE, davor war ich in Tirana in Albanien und hatte auch da erschreckenderweise besseres Netz als in Berlin. Das kann nicht sein, wir sind ein Technologiestandort. Davon lebt die deutsche Hauptstadt und wir müssen flächendeckendes 4G haben."
Berliner Verkehrsbetriebe gefragt
Doch da seien nicht nur die Telekommunikationsunternehmen gefragt, sondern die Bahn und die Berliner Verkehrsbetriebe, sagt der Wirtschaftsstaatssekretär Rickerts.
"Die BVG ist was die U-Bahn betrifft und LTE gerade in konkreten Gesprächen, dass wir in der U-Bahn von allen großen drei Providern zeitnah LTE haben."
Mit der BVG ist die Berliner Landespolitik zurzeit ohnehin im Gespräch nicht nur wegen schlechtem mobilem Internet, sondern vor allem wegen schlechter Verbindungen. Durch hohe Krankenstände, fehlender oder kaputte Züge ist das Nahverkehrsnetz in Berlin zurzeit nämlich weder 5 noch 4G – sondern eher Edge. Auf Kante.