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Neuer Nato-Chef
Stoltenberg setzt deutliches Signal Richtung Moskau

Der neue Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg ist erst seit fünf Tagen im Amt. Er gilt als besonnener Vermittler. Dennoch setzt er zu Beginn seiner Amtszeit ein deutliches Signal für den zusammenhalt des Büdnisses, auch in Richtung Moskau. Denn: Seine erste Dienstreise führt nach Polen. Das Land drängt im Zusammenhang mit der Ukraine-Krise auf eine dauerhafte Nato-Präsenz.

Von Kai Küstner |
    Welche Himmelsrichtungen es sind, die für die Nato und ihren aus dem Norden stammenden Generalsekretär gerade eine besondere Rolle spielen, daran ließ der Neue an der Spitze des Bündnisses gleich auf seiner ersten Pressekonferenz keinen Zweifel: "Ich plane, den Osten und den Süden unserer Allianz zu besuchen, um mir von der Lage vor Ort ein Bild zu machen", sagte Jens Stoltenberg.
    Brüssel-Polen und Brüssel-Türkei, so heißen die erste Flug-Routen. Im Süden hat das Parlament des Nato-Mitglieds Türkei gerade einen Militäreinsatz gegen die mordende Terror-Miliz IS bewilligt. Im Osten fühlen sich die Polen und die Balten von einem aggressiv auftretenden Russland bedroht: "Wir brauchen eine deutliche Änderung im Verhalten Russlands", so Stoltenberg an die Adresse Moskaus in Bezug auf die Ukraine-Krise.
    Er und sein Vorgänger Anders Fogh Rasmussen sind beide Nordeuropäer. Doch während Rasmussens Stimme gerade zuletzt regelmäßig eisig wurde, wenn er über Russland sprach, so hat sein Nachfolger die Temperatur auf Anhieb mehr als ein paar Grad Celsius aufgewärmt: "Ich sehe keinen Widerspruch zwischen einer starken Nato und unserer anhaltenden Anstrengung, eine fruchtbare Beziehung zu Russland aufzubauen", sagte Stoltenberg. Fast wortgleich betonte der Neue mindestens zwei Mal in seiner ersten Pressekonferenz, dass ihm an guten Beziehungen zu Moskau gelegen sei.
    "Wir können es uns nicht leisten, gutgläubig zu sei"
    Wenn man seinen Vorgänger nach Russland fragte, bekam man zuletzt eher so klingende Antworten: "Wir können es uns nicht leisten, gutgläubig zu sein. Wir müssen uns damit abfinden, dass Russland uns als Gegner betrachtet. Und an diese Situation werden wir uns anpassen," so Rasmussen erst vor ein paar Wochen. Während der Däne Rasmussen also zuletzt eher nach Falke klang, scheint sein Nachfolger eher in Richtung Friedenstaube zu tendieren.
    Natürlich wird Stoltenberg die Nato auf genau jenem Weg weiter führen, den der Gipfel Anfang September geebnet hatte: "Meine Aufgabe ist es, diese Beschlüsse umzusetzen." Dazu gehört unter anderem, eine superschnelle, aus rund 4.000 Mann bestehende Eingreiftruppe aufzubauen, die innerhalb von zwei Tagen in jede Krisenregion verlegt werden kann, wenn nötig auch nach Osteuropa. Und was die Wortwahl angeht, so dürfte stark vom Verhalten Russlands abhängen, ob Stoltenbergs Stimme nicht doch bald ein paar Grade eisiger klingt als im Moment noch.