Mehr als 23 Jahre Amtszeit eines Präsidenten in einem Sportverband von Größe und Bedeutung der FIS sind sicherlich ein Zeichen der Kontinuität. Man mag an Gian Franco Kasper, dem weltgewandten Schweizer, das eine oder andere zu kritisieren haben, grundsätzlich steht aber fest, dass unter seiner Führung die Skisportfamilie weitestgehend skandalfrei durch das letzte reichliche Vierteljahrhundert gekommen ist. Kasper ist inzwischen 77 Jahre alt und hatte seinen Rücktrittswunsch schon länger bekanntgegeben. Die Corona-Pandemie verhinderte die Umsetzung.
Multimilliardär wird neuer FIS-Chef
Seit Freitag aber gibt es nun einen neuen Präsidenten des Weltskiverbandes, sein Name: Johan Eliasch. Und während der gebürtige Schwede sportlich wohl nur Insidern ein Begriff ist, machte er anderweitig Furore – als Geschäftsmann. Der 59-jährige, dessen Lebensmittelpunkt in England liegt, übernahm vor Jahren den maroden Sportartikelhersteller HEAD und führte das Unternehmen zurück in die Erfolgsspur. Der Multimilliardär, ganz nebenbei ein enger Freund von Englands Prinz Andrew, setzte sich beim digital durchgeführten Wahlkongress schon in der ersten Runde gegen drei Kandidaten durch, darunter die ehemalige FIS-Generalsekretärin Sarah Lewis. Es ist schon etwas merkwürdig, dass Schweden einen anderen Anwärter benannte, die Britin Lewis von Belgien nominiert worden war, der Schwede Eliasch dagegen vom Vereinigten Königreich. Aber sei’s drum, an Selbstbewusstsein mangelte es dem neuen Präsidenten nach der gewonnenen Abstimmung jedenfalls nicht:
"Es waren drei starke Kandidaten, aber die Sache war, dass ich gesagt habe, es geht um Veränderung. Wer den bisherigen Weg so weitergehen will, für den bin ich kein Kandidat. Wer aber Veränderungen möchte, der soll mich wählen."
Und einen Interessenkonflikt zwischen seinem Job als Boss von HEAD, im alpinen Bereich ein nicht unwesentlicher Skiausrüster, und seinem neuen Amt kann Eliasch auch nicht erkennen:
"Meine Antwort ist, dass ich als Geschäftsführer aufhören werde. Und bei jeder Entscheidung, die zu einem Konflikt führen könnte, meine Arbeit ruhen lasse."
Zurück zur Normalität
Dafür hofft der FIS-Boss, der sich in der Vergangenheit durch sein Engagement für die Rettung des Regenwaldes einen Namen gemacht hat, dass spätestens, wenn im Herbst in Sölden die Olympiasaison beginnt, endlich wieder Normalität einzieht.
"Hoffentlich sind wir dann mit mehr Normalität zurück. Die letzte Saison war eine große Herausforderung und die FIS hat da einen tollen Job gemacht, den Wettkampfkalender mit großem Erfolg aufrechterhalten."
Priorität auch auf nicht-alpinen Disziplinen
Johan Eliasch bekennt, ein Mann des alpinen Skisports zu sein, was ihm aus der skandinavischen Ecke, dem Hort des Nordischen Treibens, die Frage einbrachte, wie denn sein Verhältnis zu den anderen Disziplinen sei. Teile der Antwort überraschen da doch ein wenig:
"Ein Hauptziel von mir ist es, die nicht-alpinen Disziplinen näher ans Niveau der alpinen Ski-Disziplinen heranzuführen. Hier setze ich eine meiner Prioritäten."
Das werden sie bei der Vierschanzentournee beim Skifliegen in Planica, in Lahti oder bei den Holmenkollenspielen sicherlich zur Kenntnis genommen haben.
Frauenanteil im Rat erhöhen
Aber auch für den neuen FIS-Präsidenten gelten sicherlich erst einmal ein paar Tage Schonzeit, um sich mit den neuen Dingen vertraut zu machen. Dazu zählt auch das etwas in die Jahre gekommene Wahlprozedere. Denn für den Rat, der bei der FIS Council heißt, kandidierten vorzugsweise Herren, mit der russischen Ex-Skilangläuferin Jelena Vjälbe schaffte es gerade mal eine Frau ins Gremium und das als 16. und damit gerade so. Und aus so bedeutenden Wintersportnationen wie Polen oder Kanada sitzt gar niemand drin. Schwierig, meint der neue Präsident:
"Wir haben das Wahlergebnis zu respektieren, aber es ist nun mal klar, dass wir nur 16 Plätze im Rat haben. Und deshalb sind ein paar bedeutende Länder nicht vertreten."
Den Frauenanteil will Eliasch auf mindestens drei erhöhen, das sind gerade mal knapp 20 Prozent - hier schwelt Konfliktpotential, gerade in Nord- und Mitteleuropa dürfte das keine Zustimmung finden. Kurz und gut: Der neue Mann hat eine Menge Aufgaben zu stemmen, viel Zeit bleibt nicht, denn durch den mehrfach verschobenen Kongress dauert die Amtszeit zunächst nur bis zum Herbst kommenden Jahres.