Seit knapp zwei Jahren haben die Organisatoren des neuen Verbandes die gestrige Gründungsversammlung akribisch vorbereitet. Durch die jüngsten Eskapaden des Welt-Schwimmverbandes FINA könnten sie sich bestätigt sehen.
Budapest vor vier Wochen. Die Schwimm-Weltmeisterschaften gehen zu Ende: "Alles war perfekt und wir fühlten uns zu Hause hier in Ungarn", bilanzierte Julio Maglione, Präsident des Welt-Schwimmverbandes FINA.
Präsident mit 81 Jahren
Der 81-Jährige war wenige Tage vor dieser Äußerung für eine dritte Amtszeit gewählt worden. Nur möglich, weil der Zahnarzt aus Uruguay das ursprüngliche Alterslimit von 80 Jahren abgeschafft hatte. Seine neue Amtszeit endet nun kurz vor seinem 86. Geburtstag:
"Ich freue mich, Euch alle wiederzusehen."
Die Freude auf ein Wiedersehen teilen nicht alle. Der Präsident ist hoch umstritten. Kritiker werfen ihm und seinem Verband eine zu lasche Anti-Doping-Politik vor und Intransparenz nicht nur, was die Finanzen angeht.
Windige Gestalten im Verband
Niels Bouws, gebürtiger Niederländer und ehemaliger Bundestrainer, schilderte dem Deutschlandfunk vor zwei Jahren einen weiteren Punkt, der für Aufregung gesorgt hat:
"Das ist gar nicht in FINA besprochen worden, dass der Putin die höchste Auszeichnung bekommen hat von Fina."
Der FINA-Orden wurde offenbar ohne Abstimmung an den russischen Staatspräsidenten vergeben. Eine hohe Auszeichnung des Verbandes hat auch der kuwaitische Scheich Ahmed Al-Sabah bekommen. Der Mann also, den Dokumente eines US-Gerichts mit einem Bestechungsnetzwerks in Verbindung gebracht haben.
Vom großen Geschäft kommt bei den Sportlern nichts an
Al-Sabah - mächtiger Strippenzieher im Weltsport - wies die Vorwürfe genauso zurück wie Husain al Musallam. Auch gegen den engsten Mitarbeiter des Scheichs gibt es Korruptionsanschuldigungen. Dennoch wählte die FINA-Familie genau ihn, beim Kongress am Rande der Schwimm-WM in Budapest, erneut zu ihrem Vize-Präsidenten.
Al Musallam hatte schon vor drei Jahren klar gesagt, was Sache ist im Schwimmsport. Bei der Vergabe von Großereignissen etwa gehe es um Wettkämpfe und Helden: "Aber auch um Big Business."
Big Business, das große Geschäft. Die Sportler bekommen davon wenig mit. An ihnen gehe das große Geschäft der FINA vorbei, kritisieren viele.
Transparente Finanzen
Und genau da soll der neue Welt-Schwimmverband, WSA, ansetzen. Angeschoben von der Welt-Schwimmtrainervereinigung mit Sitz in den USA um Geschäftsführer John Leonard. Das Hauptanliegen der neuen Organisation skizziert er auf der Internetseite der WSA: "Athleten im Mittelpunkt, Transparenz und professionelles Management".
Fest angestellte Mitarbeiter sollen die WSA leiten. Die Einnahmen fließen auf ein US-Konto, geprüft von dortigen Behörden. Damit will sich die WSA abheben von anderen Weltverbänden mit Sitz und Bankkonten in der Schweiz und damit der Gefahr intransparenter Finanzgeschäfte.
Mehr Mitspracherecht für die großen Nationen
Der neue Verband will die größten Schwimmnationen stärken. Australien, die USA oder Großbritannien sollen mehr zu sagen haben als etwa Fidji oder Bangladesh. Auch ein Gegensatz zur FINA. Hier hat jede der 207 Mitgliedsorganisationen eine Stimme. Mit kleinen Geschenken leicht zu lenken.
Unter dem Dach des neuen Verbandes soll auch eine Athletenorganisation angesiedelt sein, die Professional Swimmers Association, PSA. "Diejenigen, die professionell schwimmen und Preisgelder bekommen, dass man da auch ein bisschen Einfluss bekommt, auf welche Weise das verteilt wird", erläuterte Ex-Bundestrainer Niels Bouws, Unterstützer des neuen Welt-Schwimmverbandes.
WSA plant neue Wettkämpfe
Nach Informationen des Deutschlandfunks gibt es bereits Mitglieder der Athletenvertretung. Die Namen wurden bisher zurückgehalten, aus Furcht vor Repressionen durch die FINA, wie es hieß.
Laut Initiator John Leonard plant der neue Verband auch eine Serie von Schwimmwettbewerben. Nach dem Vorbild im Tennis oder Golf sollen ab dem kommenden Jahr Wettkämpfe in allen Erdteilen stattfinden - unter Federführung der Athletenorganisation.
Die Veranstaltung gestern in Washington war der Auftakt zu etwas Neuem in einer Olympischen Kernsportart. Welche Macht der neue Verband aber haben wird, hängt auch davon ab, ob er auf der ganzen Welt Mitglieder rekrutieren kann oder ob es eine reine US-Initiative bleibt. Und ob die Athleten an Olympischen Spielen teilnehmen dürfen.