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Neuer Studiengang Russische Kultur

Im vergangenen Wintersemester ist der neue Bachelor-Studiengang gestartet. Russische Kultur.

    Dr. Klaus Waschik : Uns geht es inhaltlich vor allem darum, dass Studierende sich mit russischer Kultur in ihren historischen und aktuellen Perspektiven genauer befassen können. Das ist ein zusätzliches Angebot, das so in der Slawistik nicht gegeben wird. Und, dass russische Kultur interdisziplinär studiert werden kann. Nicht nur Literatur, sondern auch Geschichte, Kunstgeschichte, Philosophie und andere Bereiche berührt werden.

    Im ersten Semester haben sich 40 Studierende eingeschrieben. Wer nach dem BA-Abschluss weiter studieren will, der hat auch dazu im Masterstudiengang die Möglichkeit.

    Waschik : In dieser Phase haben die Studierenden die Möglichkeit, für ein Auslandssemester an eine russische Hochschule zu gehen und nach einem integrierten Studienprogramm zu studieren. Das heißt, das was sie in Moskau und in anderen Städten tun, in unsere Studienpläne integriert ist. Es ist ein Auslandsaufenthalt praktisch nach den gleichen Modulen und Parametern, wie er hier inhaltlich erfolgen würde. Nur eben vor Ort mit russischen Spezialisten und dadurch auch sicherlich mit einer noch höheren Qualität.

    Diese Qualität hat der 28-jährige Daniel Müller erlebt. Der Slawistikstudent steht kurz vor seinem Abschluss und hat ein Jahr in Moskau verbracht. Dort hat er europäische Kultur studiert:
    Das war natürlich auch ganz anders als hier. Hier studiert jeder in seiner Vereinzelung, wohnt alleine oder von den Eltern getrennt. Ich war da als einziger Ausländer in einem russischen Wohnheim, was sehr abenteuerlich war. Mein Sprachpraktikum hat sich eigentlich im Wohnheim vollzogen. Ich hatte überhaupt keine Sprachkurse in der Universität. Die hätte ich belegen können. Das wollte ich aber nicht, weil mir das zu verschult erschien. Meine Alltagskommunikation habe ich nach dem Alltag in der Uni zuhause beim Essen kochen, beim Rauchen und beim Geburtstage feiern abgedeckt. Die persönlichen Verbindungen, die waren ganz zentral und prägend. In diesem Wohnheim habe ich dann schließlich auch meine Frau kennen gelernt. Das sagt mehr als alle Ausführungen.

    Zukünftigen Studierenden in Moskau rät er, Russland nicht in einer Gruppe von Kommilitonen aus Deutschland zu erkunden, sondern alleine in ein Studierendenheim zu ziehen. Auch wenn das gewöhnungsbedürftig sei.
    Das waren zwölf Quadratmeter, ungeputzt, verwahrlost, mit vier anderen Leuten eine verschimmelte Dusche und ein Holzklosett. Aber: Man nimmt das nicht mehr wahr nach einem Monat. Für meine Eltern, die mich in der Weihnachtszeit besucht haben, war es eine Zumutung, aber damit muss man leben.

    Der Austausch ist also Bestandteil des Studiums. Insgesamt, berichtet Klaus Waschik, bestünden derzeit insgesamt rund 1.000 deutsch-russische Hochschulkooperationen. Für die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen arbeitet er als Beauftragter für die Wissenschafts- und Hochschulbeziehungen der beiden Länder:

    Es gibt natürlich ein starkes Übergewicht in den Naturwissenschaften, in den neuen Technologien, insbesondere in der Physik, in der Informationstechnologie und den Biotechnologien. Die Geistes- und Kulturwissenschaften stehen da eher zurück und da sehe ich auch ein deutliches Defizit. Natürlich ist die naturwissenschaftlich-technische Kooperation außerordentlich wichtig, weil sie letztendlich Arbeitsplätze schafft, weil sie beste Köpfe aus Russland nach Deutschland holt. Aber Verständigung, das Verstehen des anderen, eine deutsch-russische Zivilgesellschaft, die wir im 60. Jahr nach dem Krieg doch sicherlich brauchen, eine solche deutsch-russische Zivilgesellschaft hängt von kultur- und geisteswissenschaftlicher Kooperation ab.

    Er wünscht sich deshalb eine bessere Förderung geisteswissenschaftlicher Projekte durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft. Insgesamt bewertet er die deutsch-russischen Hochschul- und Forschungsbeziehungen als positiv.

    Linktipp:
    Projekt des Lotman-Institutes für russische und sowjetische Kultur: Erforschung von Propagandaplakaten in Russland