Sommermärchen-Affäre
Spielte Ex-DFB-Vizepräsident Rainer Koch ein falsches Spiel?

Es gibt einen neuen, spektakulären Verdacht in der sogenannten Sommermärchen-Affäre. Deshalb nimmt jetzt sogar die DFB-Spitze noch einmal Untersuchungen auf. Im Fokus steht der ehemalige DFB-Vizepräsident Rainer Koch.

Von Thomas Kistner |
Rainer Koch sitzt vor einer Grafik eines verschwommenen DFB-Wappens.
DFB-Vizepräsident Rainer Koch im Aktuellen Sportstudio des ZDF (IMAGO / Martin Hoffmann)
Im Oktober 2015 hatte das Magazin „Der Spiegel“ mit einer Titelgeschichte über Ungereimtheiten und schwarze Kassen bei der Vergabe der WM 2006 an Deutschland einen Skandal ausgelöst. Wochen später trat DFB-Präsident Wolfgang Niersbach zurück.
Aus Unterlagen und Mail-Dokumenten, die in hohen DFB-Kreisen zirkulieren, ergibt sich jetzt die Frage, ob ausgerechnet der damalige Untersuchungsführer und DFB-Vizepräsident, Rainer Koch, ein falsches Spiel gespielt und den Enthüllern des Magazins sogar diskret geholfen haben könnte, als diese damals in Erklärungsnot geraten waren.
Schon in den Jahren danach, als immer deutlicher zu erkennen wurde, wie Koch mit größter Akribie die unnsichtbaren Fäden im DFB zieht, wurden massive Zweifel an seiner wirklichen Rolle rund den Ausbruch der Sommermärchen-Affäre publik. Der von 2016 bis 2019 amtierende Präsident Reinhard Grindel warf Koch in aller Öffentlichkeit vor, dieser habe ihn schon eine Woche vor Erscheinen des Spiegelartikels über eine solche Publikation, die bevorsteht, informiert.

Widmung aus kirchlichem Gästebuch steht im Fokus

Kurz nach der Publikation hatte ein Spiegel-Mitarbeiter öffentlich eingeräumt, dass eine angebliche Handschrift Niersbachs, die ein zentral belastendes Dokument aufweisen sollte, nicht auf ihre Authentizität hin überprüft worden sei. Zwei Tage später, so der neue Verdacht, soll eine authentische Schreibprobe Niersbachs an einen Berater des Enthüller-Teams ergangen sein – und zwar vom Mailaccount des Präsidenten des Bayerischen Fußballverbandes.
Dieses Amt hielt Rainer Koch seinerzeit inne, neben dem Vize-Posten im DFB. Bei der Aussendung soll es sich um eine handschriftliche Widmung Niersbachs in einem kirchlichen Gästebuch handeln, die er anlässlich des Leipziger Friedensgebets im Oktober 2015 verfasst hatte. Die Grußadresse weist neben Niersbachs Unterschrift auch die von Koch auf.
Der frühere Multifunktionär, der den Verband sogar dreimal selbst als Interimspräsident führte, war beim DFB-Bundestag 2022 abgewählt worden. Koch ließ wiederholte Anfragen zu dem Vorgang über Wochen unbeantwortet. Der DFB dementiert auf Anfrage nicht, dass er intern eine dreiköpfige Untersuchungskommission berufen habe. Ein solches Aufklärungsinteresse in dem sonst eher konfliktscheuen Verband legt nahe, dass die Verantwortlichen im Zuge ihrer Treuepflichten mögliche Schadensersatzfragen prüfen könnten.