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Neuer ZDF-Staatsvertrag
Die Breite der Gesellschaft besser abbilden

Weil das Bundesverfassungsgericht Bedenken beim politischen Einfluss auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hatte, musste ein neuer ZDF-Staatsvertrag erarbeitet werden. Heute läuft die Frist zur Stellungnahme ab; Ende März befasst sich dann die zuständige Rundfunkkommission der Länder damit.

Von Christoph Sterz. |
    Im Bild zu sehen ist ein Mikrofon des ZDF.
    Die Richter urteilten darüber, ob zu viele Politiker in den Aufsichtsgremien des ZDF sitzen. (picture alliance / dpa)
    Die meisten Stellungnahmen kamen erwartungsgemäß von Parteien und Vereinen, und die haben einiges auszusetzen, vor allem zur Frage, wer demnächst im ZDF-Fernsehrat sitzen wird; in dem Gremium also, das den ZDF-Intendanten in Programmfragen berät und den Haushaltsplan genehmigen muss; und das in Zukunft 60 statt bisher 77 Mitglieder haben soll. Kritik kommt zum Beispiel vom Lesben- und Schwulenverband. Vorstandsmitglied Henny Engels. "Uns gefällt an dem Entwurf überhaupt nicht, dass er unserer Meinung jedenfalls nicht dem Anspruch gerecht wird, die aktuelle zivilgesellschaftliche Realität abzubilden. Wir machen’s aber auch daran deutlich, dass es bestimmte Gruppierungen gibt wie den Bund der Vertriebenen oder die Opfer des Stalinismus, deren Bundesverbände nach wie vor gesetzt sind, gleichzeitig aber Zusammenschlüsse im Bereich der Lesben und Schwulen, Transgender, Queer, Intersexuelle überhaupt nicht berücksichtigt werden. Und von da aus halten wir also das nicht für gerechtfertigt, was da jetzt geschieht und glauben auch nicht, dass das den Vorgaben und den Forderungen des Bundesverfassungsgerichts wirklich gerecht wird."
    In eine ähnliche Richtung geht auch zum Beispiel die Stellungnahme des Deutschen Frauenrats. Tatsächlich ist im aktuellen Entwurf keine einzige Institution namentlich aufgeführt, die nicht schon vorher mit festem Sitz im Fernsehrat war. Feste Plätze haben neben dem Bund der Vertriebenen und den Stalinismus-Opfern beispielsweise nach wie vor der Deutsche Olympische Sportbund, der Naturschutzbund oder der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger.
    Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht vorgegeben, die Breite der Gesellschaft in den Gremien besser abzubilden. Die Gewerkschaft ver.di findet es aus diesem Grund auch akzeptabel, wie im Entwurf vorgesehen einen von bisher zwei Sitzen abzugeben. Dem stellvertretenden Verdi-Vorsitzenden Frank Werneke fehlt es aber an Konsequenz bei den Fernsehrat-Umbauplänen.
    "Wir sind einigermaßen unerfreut darüber, dass eben nicht alle dieser Doppelmandate aufgegeben wurden, sondern dass die katholische und die evangelische Kirche weiterhin Doppelmandate haben. Das ist aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar. Dann müssen alle diese Doppelmandate aufgelöst werden."
    Weitere Gruppen können noch über einen Umweg in den Fernsehrat kommen, durch die neuen, insgesamt 16 Sitze der Bundesländer, die sich auf ganz bestimmte Gesellschaftsbereiche beziehen. Zum Beispiel soll Hessen einen Vertreter aus dem Bereich Migranten entsenden oder Brandenburg aus dem großen Feld Senioren, Familie und Frauen. Der Deutsche Bundesjugendring begrüßt in einer Stellungnahme die Entscheidung, dass erstmals auch Jugend als eigener Bereich aufgeführt wird.
    Wie die Fernsehratsmitglieder aus den Ländern allerdings genau ausgewählt werden, lässt sich dem Entwurf nicht entnehmen. Was dagegen ganz deutlich im Text steht, betrifft die politischen Parteien. Zwei statt drei Vertreter der Bundesregierung und nach wie vor 16 Vertreter der Landesregierungen sollen zwar Teil des neuen ZDF-Fernsehrats sein; aber eben keine weiteren Politiker – ein Problem vor allem für die kleinen Parteien, meint die medienpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Tabea Rößner. "Dann werden vor allen Dingen die zwei großen politischen Lager vertreten sein, und diese vielfältigen Positionen oder auch gerade kleinere politische Gruppierungen sind dann nicht vertreten.“
    Tatsächlich wird nun, wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert, maximal jedes dritte Mitglied des Fernsehrats und auch des ZDF-Verwaltungsrats ein Politiker oder eine Politikerin sein. Bisher hatte es bei der Zahl der Politiker keine Beschränkung geben.