Kong heißt dieses Stück, es stammt von Neneh Cherrys neuem Album Broken Politics, aus einer Zusammenarbeit mit dem Massive Attack-Musiker 3D. Die schwedische Musikerin singt darin von den Geflüchteten in den Notunterkünften Calais. Deren Zustände hat sie mit eigenen Augen gesehen, als Freiwillige hatte Cherry vor einer Weile in einer Spendenküche ausgeholfen. Auch das fünfte Soloalbum der 54jährigen, ist – mal wieder - eine politische Platte geworden. Und wer je dachte, Neneh Cherry stände mit ihren Hits Buffalon Stance, Manchild und Woman für den seichten Pop der späten 80er und der 90er, der hatte wohl nie richtig zugehört.
Musik: "Buffalo Stance" - "No moneyman to win my love, it’s sweetness that I’m thinking of"
Gedanken zur Waffenkultur
No moneyman to win my love, mit Mammon konnte man der vierfachen Mutter, die in ihrem Video zu Manchild ganz selbstverständlich ihr frischgeborenes Baby vor der Kamera schwenkte, eben noch nie kommen. Sie hatte als eine der ersten Brücken zwischen Pop, Rap und Feminismus gebaut. Auf ihrer neuen, wiederum vom Londoner Musiker Kieran Hebden produzierten Platte kommentiert Cherry neben der Abschottung Europas auch Themen wie Gendergerechtigkeit und den Umgang mit Waffen. Über den sie wiederum aus eigener, schmerzhafter Erfahrung spricht– in den 90ern wurden sie und ihre Familie in ihrem neuen Haus in New York Opfer eines bewaffneten Raubüberfalls.
Musik: "Shot Gun Shack" Pick up a gun you know you gonna use it / you know that gun is gonna get loaded
Neneh Cherry: "Die Macht einer Waffe ist furchtbar. Und in diesem Song habe ich über die Waffenkultur nachgedacht, die es zwar nicht nur in den USA gibt, aber da besonders – es geht darum dass jemand, der eine Pistole in der Tasche trägt, die ihm ein Loch hineinbrennt, in einen Streit gerät, und bevor man es richtig mitbekommt, ist es passiert, es ist vorbei."
Zukunftssorgen
Broken Politics ist musikalisch relaxt und reduziert, gleichzeitig wird mit den von Hebden, Cherry und ihrem musikalischen und Lebenspartner Cameron McVey ausgesuchten Sounds, mit Vibraphon, Harfen und Steeldrums ein spannungsvolles und dichtes Bild erschaffen, das textlich geprägt ist von einem nicht ganz pessimistischen, aber sorgenvollen Blick auf die Zukunft: "Wenn Menschen desillusioniert sind, und wir haben ja gerade eine Wirtschaftskrise, neben anderen Krisen, brauchen die Menschen einen Sündenbock. Sie werden wütend, und dann fallen schrecklich viele auf den Faschismus herein. Es ist gruselig."
Musik Neneh – "Faster than the truth"
Cherry, deren Liebe zur Musik auch von ihrem Stiefvater, dem Jazztrompeter Don Cherry geprägt wurde, balanciert auf ihrem neuen Album exakt auf dem Grad zwischen Kitsch und Kraft – und fällt nie auf die falsche Seite. Die Songs sind atmosphärisch und groovy, ihr Anliegen stellt sich authentisch dar. Die Schwedin, die seit dem kurzen Ausflug nach New York wieder abwechselnd in ihrer Heimat und Großbritannien lebt, klingt auf Broken Politics erwachsener als früher, hat aber immer noch diesen naiv-trotzigen Ton, wenn es darum geht, wieso Veränderungen so schwer zu bewerkstelligen sind. Auch im Gespräch: "Wenn ich mich umschaue habe ich nicht das Gefühl als ob Politik wirklich Gutes für die Menschheit tut! Das ist ein Haufen Lügen, Menschen füllen ihre Taschen, und Banken regieren die Welt."
Broken Politics eben, kaputte Politik. Und eine engagierte Frau, die nicht aufhört, sich darüber aufzuregen.