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Neues Buch von Peter Handke
Strafe durch Missachtung

"Das zweite Schwert" heißt das neue Buch von Peter Handke. Darin bricht der Erzähler zu einem Rachefeldzug gegen eine Journalistin auf, die seine Mutter in einem Artikel beleidigt hat. Für Literaturkritiker Jörg Magenau spiegelt sich in dem Werk Handkes gespanntes Verhältnis zur Öffentlichkeit.

Jörg Magenau im Gespräch mit Maja Ellmenreich |
Der Schriftsteller Peter Handke in seinem Garten in Chaville in der Nähe von Paris am 10. Oktober 2019.
Peter Handke in seinem Garten in Chaville nahe Paris im Herbst 2019 (picture alliance/AP/Francois Mori)
Gut zwei Monate nach seiner Auszeichnung mit dem Literaturnobelpreis hat der österreichische Schriftsteller Peter Handke ein neues Buch veröffentlicht. Am Montag kommt der 160-seitige Roman in die Buchläden.
Der Titel "Das zweite Schwert" stamme aus dem Lukas-Evangelium, sagt Literaturkritiker Jörg Magenau. Nach dem Abendmahl legt Jesus an dieser Bibelstelle seinen Jüngern nahe, ihren Mantel zu verkaufen und dafür ein Schwert zu erwerben. Eine schwer zu deutende Stelle, so Magenau, denn Jesus scheine da zu Militanz aufzurufen. Mit den Worten "Es ist genug" nehme Jesus diesen scheinbaren Aufruf schließlich aber wieder zurück. Eine Bewegung, die auch in Handkes Buch stattfinde.
Enge Beziehung Handkes zur Mutter
Der Held des Handke-Buchs betritt laut Magenau als Rächer die Bühne. Als Auslöser für den Rachefeldzug stellt sich erst nach einiger Zeit der Artikel einer Journalistin heraus, wie Jörg Magenau erklärt. Diese namentlich nicht genannte Journalistin habe nämlich die Mutter des Helden beleidigt, und er müsse sie verteidigen. Ein Rache, die der Held nicht ausführt, sondern stattdessen beschließt: "Ich strafe sie mit Missachtung."
In diesem Zusammenhang wies Jörg Magenau darauf hin, wie wichtig auch für Peter Handke selbst seine Mutter war. In seiner Erzählung "Wunschloses Unglück" versuchte der Autor, den Suizid der Mutter zu verarbeiten. Die Herkunft seiner Mutter steht auch in Zusammenhang mit Handkes pro-serbischer Haltung im Balkankrieg, wegen der er immer wieder kritisiert wurde.
Jörg Magenau mahnte allerdings zu Vorsicht dabei, das neue Buch als Reaktion Handkes auf die Kritik an seiner Person zu sehen, die durch die Verleihung des Literaturnobelpreises erneut laut wurde. Das Buch ist nämlich offenbar schon im Frühjahr 2019 entstanden, als Handke vom Nobelpreis noch gar nichts wusste.
Handke war immer umstritten
Erfahrungen mit Debatten um seine Person hatte Handke natürlich auch damals schon gemacht, wie Literaturkritiker Magenau betont. Handke sei immer eine umstrittene Person gewesen - mit einem relativ gespannten Verhältnis zum Journalismus und zur Öffentlichkeit. "Dieses Grundgefühl wird in diesem Buch zum Ausdruck gebracht." Ein Gefühl, das immer auch etwas mit Beleidigtsein und Kränkung zu tun habe.
Magenau stellt im Buch eine handke-spezifische Mischung aus Poesie, Sanftmut und Weltzugewandtheit sowie aus Wut und Aggressivität auf der anderen Seite fest. In diesem Sinne sei das Buch eben doch ein vertrackter Beitrag zu Handkes Leben und zu dem, was ihm widerfuhr. Eine Parallele zwischen Autor und Hauptfigur zeigt sich auch in der Stadt Paris, in der sowohl der Held des Buchs als auch der Autor selber lebt.