Frankreich im Jahr 1792: König Ludwig XVI heißt schon nicht mehr König Ludwig XVI sondern nur noch Louis Capet. Im Département Vendée geht die royalistisch gesinnte Landbevölkerung gegen die Revolution auf die Straße und in der Hauptstadt Frankreichs, da wird ein gewisser Maximilian Robespierre immer wichtiger, sein Beiname: "Der Unbestechliche". Die Revolution hat ihre Kinder noch nicht gefressen, aber man kann sagen, dass sie es sich schon mal am Essentisch gemütlich gemacht hat. In dieses revolutionäre Frankreich also wirft einen das polnische Indie-Spiel "We.The Revolution".
Kein Urteil ist unpolitisch
Wir schlüpfen in die Haut von Alexis Fidèle, einem Trinker und Familienvater und Richter am Revolutionsgericht. Unsere Aufgabe: Zeugen befragen, Fakten zusammentragen, Urteile fällen. Auf der Anklagebank sitzt mal ein Weinpanscher, mal ein Dieb, aber auch mal ein mutmaßlicher Vergewaltiger, der aber pikanterweise zugleich ein Held der Revolution ist. Da fangen unsere Probleme auch schon an: Druck von der Jury, Druck von der Straße, Druck vom Bürgertum, Druck von der Regierung, Druck von der Familie – schnell stehen wir vor der Absetzung. Dabei wollen wir doch nur unpolitische Urteile fällen, streng nach Recht und Gesetz vorgehen, Justitias schärfstes Schwert sein, aber im revolutionären Frankreich ist irgendwann kein Urteil mehr unpolitisch.
Und so geraten wir langsam zwischen die Mühlsteine der verschiedenen Gruppen und Interessen. Und während wir am Anfang Menschen nur freisprechen oder ins Gefängnis stecken können, erhalten wir bald auch eine dritte Möglichkeit, denn der Arzt Joseph-Ignace Guillotin erfindet ein innovative Hinrichtungsmaschine.
Klug, nachdenklich und düster
Die meiste Zeit verbringen wir im Gerichtssaal, vor uns der Angeklagte, Notizblock, Gerichtsunterlagen. Doch auch das Privatleben ist wichtig: Verbringen wir die Zeit mit unserem Sohn, oder kurbeln wir die Karriere beim abendlichen Saufgelage an? "Ein Spiel ist eine Reihe von interessanten Entscheidungen" hat der berühmte Game-Designer Sid Meier einmal gesagt. We.The Revolution ist voll mit interessanten Entscheidungen, gerade weil einem viele dieser Entscheidungen so verdammt schwerfallen.
Schwer fällt es auch, We.The Revolution in eine bestimmte Genre-Schublade stecken, aber eines der Vorbilder dürfte Papers, Please! aus dem Jahr 2013 gewesen sein. In dem von der Kritik geradezu hymnisch verehrten Indiespiel, schlüpft man in die Rolle eines Ausweis-Kontrolleurs in einem totalitären Staat. Und wie bei Papers, Please! geht es auch in We.The Revolution um Fragen wie: Was ist Gerechtigkeit? Wie weit geht persönliche Verantwortung? Und vor allem: kann es vielleicht doch so etwas geben, wie ein richtiges Leben im falschen? We.The Revolution ist ein kluges, kleines, nachdenkliches, aber auch düsteres Computerspiel. Vielleicht nicht revolutionär, aber trotzdem empfehlenswert.