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Neues Messnetz soll Unwettervorhersage verbessern

Meteorologie.- Im Sommer 2007 besiedelten Meteorologen und Atmosphärenforscher drei Monate lang ein Gebiet in Süddeutschland. Dabei hatten sie neun Forschungsflugzeuge und einen Zeppelin. Ziel der Aktion: Mehr über Extremwetter und seine Vorhersage zu erfahren. Nun wurden die Ergebnisse vorgestellt.

Von Volker Mrasek | 26.09.2011
    Sie gilt noch immer als eine der schwierigsten Übungen in der Atmosphärenforschung, doch sie kann gelingen: eine bessere Vorhersage von sommerlichen Unwettern in unseren Mittelgebirgsregionen. Dieses Fazit ziehen Wissenschaftler nach Abschluss von COPS, einem der bisher aufwendigsten Forschungsprojekte zur Niederschlagsprognose.

    Heute noch sagen Meteorologen, zuverlässig und einigermaßen ortsgenau könnten Starkgewitter allenfalls eine bis drei Stunden im voraus prognostiziert werden. Im COPS-Projekt dagegen klappte es wesentlich früher. Christoph Kottmeier, Professor für Meteorologie am Karlsruher Institut für Technologie und stellvertretender COPS-Projektleiter:

    "Wir hatten einen Fall, wo wir eigentlich die beste Vorhersagbarkeit erzielt haben mit einer Wahrscheinlichkeitsaussage allerdings. Dieser Vorhersagezeitraum war 14 Stunden. Das wurde meines Wissens bisher nicht erreicht. Da haben wir gesehen, dass in bestimmten Gebieten mehrere Modelle die Aussage trafen: Genau am gleichen Ort wird eine Gewitterbildung stattfinden. 14 Stunden später trat sie tatsächlich ein, im nördlichen Schwarzwald. Und die Leute hat's dann halt getroffen."

    Wie kann eine derart langfristige Unwetterprognose gelingen?

    Ein wichtiger Mosaikstein: Die Forscher verwendeten Vorhersagemodelle mit einer höheren räumlichen Auflösung als üblich. Der Deutsche Wetterdienst stellt sein sogenanntes Standardmodell derzeit von sieben Kilometer Rechengitter-Weite auf knapp drei um. Im Rahmen von COPS arbeiteten Kottmeier und seine Kollegen sogar mit noch genaueren Modellen.

    "Wir haben vor allen Dingen festgestellt, dass die höhere Auflösung Einiges schon mal bringt. Wir müssen also von dieser Maschenweite, wie man sagt, der Modelle von sieben Kilometer auf weniger als drei gehen. Vielleicht sogar zukünftig mal auf einen Kilometer Auflösung. Sie sind einfach zu grobmaschig. Gewittersysteme werden nicht unbedingt erfasst. Sie laufen manchmal durch die Maschen durch."

    Die Modelle sind das eine, die Beobachtungsdaten, mit denen sie gefüttert werden, das andere.

    Folgt man den COPS-Experten, dann bräuchten wir für bessere Extremwetter-Vorhersagen mehr Informationen aus höheren Atmosphärenschichten, zum Beispiel über Windstärke und Luftfeuchtigkeit bis in mehrere Kilometer Höhe. Und zwar schon Stunden, bevor überhaupt eine Gewitterwolke am Himmel auftaucht.

    Dafür in Frage kämen sogenannte LIDARs. Ähnlich wie Radargeräte schicken sie einen Messstrahl in den Himmel, nur ist der aus Laserlicht. Und: LIDARs haben Radarsystemen etwas voraus. Dazu der Atmosphärenphysiker und wissenschaftliche Leiter von COPS, Volker Wulfmeyer:

    "Das Besondere daran ist, dass sie schon bei klarer Luft Ergebnisse liefern. Wir wollen ja die Vorhersage eines Gewitters verbessern, das heißt wir müssen natürlich auch vorher wissen, was der Atmosphärenzustand ist. Während Radarsignale erst sichtbar werden, wenn sie Wolkentropfen haben oder eben riesige Niederschlagspartikel."

    Der Aufwand für eine solche LIDAR-Überwachung wäre allerdings ziemlich hoch, wie Christoph Kottmeier durchblicken lässt:

    "Wir haben mal so überlegt, wie viele LIDARs man braucht, um tatsächlich das Gebiet der Bundesrepublik nur mal abzudecken. Und da kann man schon auf eine Größenordnung von hundert kommen."

    Kostenpunkt: keine zehn Millionen Euro, sagen die Forscher. Wenn man noch ein wenig warte, bis günstigere LIDAR-Modelle auf den Markt kämen. Solche Geräte seien derzeit in der Entwicklung, so Volker Wulfmeyer:

    "Man kann auch sich auf gewisse Regionen konzentrieren und da auch schon mal zehn Stück hinstellen. Wir wissen ja, wo die meisten Niederschläge fallen, wo die Niederschläge auch extrem sind. Und da würde ich dann mal in die Mittelgebirge gehen wie den Schwarzwald. Das Bergische Land. Harz. Voralpengebiet auf jeden Fall. Das ist mit eines der niederschlagsreichsten Gebiete in Deutschland."

    Die Forscher hielten das Geld für gut angelegt. Tage mit Hagelschlag zum Beispiel nehmen nach ihren Daten fast in ganz Mitteleuropa zu, Versicherungsunternehmen seien alarmiert. Allgemein wird mit heftigeren Unwettern gerechnet, als Folge der Klimaerwärmung.

    Die Frage ist nur, ob sich die Politik einen besseren Schutz vor Starkniederschlägen und Sturzfluten leisten will.