"Das ist nicht das, was die Muslime in Bayern haben wollen", sagt Aykan Inan über den Islamkunde-Unterricht in Bayern. Den hat der Bayerische Landtag soeben beschlossen. Aber Inan, der Vorsitzende des Koordinationsrates der Islamischen Religionsgemeinschaften, ist unzufrieden: "Heute war eigentlich die Botschaft, dass der bayerische Staat selber bestimmen will, was der Islam ist."
In Bayern haben die muslimischen Religionsgemeinschaften – anders als etwa in Nordrhein-Westfalen oder Baden-Württemberg – kein formales Mitspracherecht, wenn es um die Lerninhalte und die Auswahl und Ausbildung der Islamkunde-Lehrkräfte geht. Das sei auch nicht möglich, weil es keine staatlich anerkannte Vertretung aller Muslime gebe – wie etwa die katholische Kirche, sagt Bayerns Kultusminister Michael Piazolo.
"Aber wir arbeiten da sehr eng zusammen mit der Friedrich-Alexander-Universität in Erlangen. Die haben im Bereich ihrer islamisch-religiösen Studien auch einen Beirat. Insofern waren auch muslimische Verbände eingebunden."
Bedingung: Unterricht in deutscher Sprache
Bisher gab es Islamkunde-Unterricht in Bayern nur als Modellversuch an 350 Schulen mit rund 100 Lehrerinnen und Lehrern. Einer davon ist Umut Caltak, der muslimische Kinder in Altötting unterrichtet. "Ich finde den Lehrplan wirklich sehr gut. Ich fühle mich nicht eingeschränkt. Wir leben in Deutschland, in Europa. Natürlich muss es hier ein bisschen anders sein. Im Lehrplan gibt es auch Gleichberechtigung von Mann und Frau. Das ist ganz, ganz wichtig für diese Gesellschaft. Und die Kinder lernen umzugehen mit der Vielfalt der Gesellschaft."
Wichtig ist dem Freistaat Bayern vor allem: Der Unterricht muss in deutscher Sprache stattfinden. Bisher war die Teilnahme freiwillig, in Zukunft ist es ein Wahlpflichtfach, das man etwa statt Ethik auswählen kann. In Altötting wählen etwa ein Drittel aller muslimischen Kinder Islamkunde, erklärt Isolde Grätzl, Rektorin der Josef-Guggenmos-Schule: "Da geht es dann um solche Inhalte wie Basmallah, Schahada, Eingott-Glaube, Mehrgott-Glaube. Gottes Eigenschaften. Koranische Schöpfungs-Geschichte."
Islamkunde "besser in der Schule als im Hinterhof"
Noch ist unklar, ob der bayerische Islamkunde-Unterricht von Dauer sein wird. Der "Bund für Geistesfreiheit" und andere säkulare Organisationen haben Klage vor dem Bayerischen Verfassungsgerichtshof eingereicht. Ihr Argument: Religiöser Unterricht habe an Schulen nichts zu suchen.
Der Landtagsabgeordnete Gerhard Waschler sieht das anders. "Besser in der Schule als im Hinterhof", sagt der CSU-Politiker und findet, "dass dieser Gesetz-Entwurf eine hervorragende Möglichkeit bietet für eben genau diesen Islam unter staatlicher Kontrolle - um nicht durch irgendwie radikalisierte Imame eine Unterweisung der jungen Menschen vorzunehmen."
Nur Ethik-Unterricht mit islamischer Ausrichtung?
Der Bayerische Landtag nahm das Gesetz mit der Mehrheit aus CSU und Freien Wählern an. Die bayerischen Grünen stimmten dagegen. Ihre religionspolitische Sprecherin Gabriele Triebel gibt den Islam-Verbänden und ihrer Klage über zu wenig Mitsprache recht:
"Denn das neue Fach ist lediglich ein Ethik-Unterricht mit islamischer Ausrichtung. Es besteht kein Rechtsanspruch darauf, und die Verbände wurden bei der Entwicklung dieses Faches völlig außen vor gelassen. Wir Grüne fordern, dass sich die Staatsregierung endlich auf den Weg macht, unseren muslimischen Kindern und Jugendlichen in Bayern einen echten Religions-Unterricht anzubieten. Denn der steht ihnen nach dem Grundgesetz Artikel 7 auch zu."
Womöglich ein Fall fürs Verfassungsgericht
Am Ende muss möglicherweise das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung über den bayerischen Islamkunde-Unterricht fällen. Bis dahin läuft das neue Fach im kommenden Schuljahr erst einmal an – wobei die Zahl der ausgebildeten Lehrkräfte für das Fach in nächster Zeit nicht sprunghaft ansteigen wird. Für einen flächendeckenden Islamkunde-Unterricht fehlt in Bayern schlicht das Personal.
Aykan Inan vom Koordinationsrat der Islamischen Religionsgemeinschaften ist skeptisch. Der Koordinationsrat steht der DITIB nahe, dem Religionsverband unter der Aufsicht der türkischen Regierung. Inan glaubt, dass das neue Fach nicht von allen muslimischen Eltern und Kindern in Bayern angenommen wird. Sein Wunsch: "Dass die Lehrenden die Religion authentisch wahrnehmen und authentisch weitergeben an die Schüler."