Der neue Wasser-Ernter braucht weder Stromgenerator noch Steckdose. Und auch keine Batterien. Ihm reicht eine schlichte Solarzelle. Es ist das erste Gerät, das lediglich Sonnenlicht benötigt, um der Umgebungsluft Wasser zu entziehen. Entwickelt wurde der energieautarke Kollektor gemeinsam von Chemikern und Ingenieuren an der Universität von Kalifornien in Berkeley und am MIT, dem Massachusetts Institute of Technology. Evelyn Wang ist dort Professorin für Maschinenbau:
"Mit einem Prototyp haben wir demonstriert, dass das Konzept funktioniert. Möglich ist das durch ein neuartiges Material, das wir verwenden. Es benötigt weder viel Energie noch hohe Temperaturen, um Wasser aus der Luft aufzunehmen und auch wieder abzugeben."
Bei diesem Material handelt es sich um metall-organische Gerüstsubstanzen, oder kurz MOFs. Der deutsche Chemiekonzern BASF kooperiert mit den US-Entwicklern und stellt die Verbindungen zum Teil in größeren Mengen her. Sie haben erstaunliche Eigenschaften. BASF-Experte Ulrich Müller:
"Die haben eine sehr, sehr hohe Porosität und hohe spezifische Oberfläche, wie wir sagen. Also, die Oberfläche ist so konstruiert, dass im Prinzip diese Materialien freiwillig alles aufsaugen, was man ihnen anbietet, im Prinzip wie ein Schwamm. So in etwa kann man sich das vorstellen."
Zuverlässige Wasserlieferung ab einer Luftfeuchte von 20 Prozent
Diese Schwämme lassen sich maßschneidern. So besteht das MOF im Wasserkollektor der US-Forscher aus dem Metall Zirkonium und aus Adipinsäure. Die ist auch als Baustein von Nylon bekannt. Das saugkräftige Absorbermaterial besitzt riesige Stauräume mit unzähligen Bindungsstellen für Wassermoleküle.
Aber das ist nur das eine. Man muss den Wasserdampf auch wieder aus dem Gerüst herausbekommen und kondensieren, damit er flüssig wird. Gerade hier spielen Zirkonium und Adipinsäure offenbar ihre Stärke aus, wie Evelyn Wang verdeutlicht:
"Wir öffnen das Gerät und warten, bis die Poren komplett mit Wasserdampf belegt sind. Dann schließen wir die Box und heizen sie mit Hilfe der Sonne auf. Dadurch werden die Wassermoleküle aus dem metallorganischen Gerüst wieder frei und kondensieren zu Trinkwasser. Das klappt schon bei 65 Grad Celsius. Es gibt andere Materialien, die man derzeit erprobt - Zeolithe und Kieselgele etwa. Bei ihnen braucht man viel höhere Temperaturen von mehreren hundert Grad, um das Wasser wieder frei zu bekommen."
Zuverlässig Wasser liefern soll das Gerät aus dem MIT-Labor schon ab einer Luftfeuchte von 20 Prozent. Das sind Bedingungen, wie sie in ariden Gebieten herrschen, also in Trockenzonen.
Prototyp war noch ziemlich winzig
Doch zunächst muss man abwarten, wie sich das Projekt der US-Forscher weiterentwickelt. Ihr Prototyp war noch ziemlich winzig. Er enthielt bloß etwas mehr als ein Gramm von dem durstigen MOF und produzierte nur wenige Milliliter Wasser:
"Wir wollen jetzt ein richtiges Gerät bauen, das so groß ist wie ein tragbarer Reisekoffer und täglich zwölf bis 15 Liter Wasser liefert. Das können wir dann an verschiedenen Orten auf der Welt testen - in entlegenen Regionen oder in armen Ländern, wo es an Wasser fehlt. Wir könnten auch noch bessere MOFs entwickeln, die mehr Wasser aufsaugen oder es gestatten, kleinere Kollektoren zu bauen. Gelingt uns das, wäre das sehr vielversprechend."
Es sind aber auch noch weitere Dinge zu klären. Wie lange dauert es, um Anlagen zu bauen, die das passende Absorbermaterial in industriellen Mengen herstellen? Werden die energieautarken Wasser-Erntemaschinen mit ihren Spezialschwämmen am Ende auch bezahlbar sein? Was kosten zusätzliche Filter, die man vielleicht brauchen wird, um das gewonnene Wasser zu reinigen?
Erst wenn diese Fragen beantwortet sind, wird man wissen, ob und wann mit dieser sich Technologie ein Durchbruch gelingt. Und ob tatsächlich bald kabellose Kollektoren in Trockenzonen aufgestellt werden, um Luft quasi in Wasser zu verwandeln.