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Neues von den Eels
Gedächtnissocken für den toten Hund

Mark Oliver Everett balanciert mit seiner Band Eels auf dem Album "The Deconstruction" zwischen orchestralem Pop und schroffen Riffs – und erklärt in Corso, welche rührende Geschichte hinter dem neusten Eels-Merchandise steckt.

Von Marcel Anders |
    Mark Oliver Everett von der Band 'Eels'
    Mark Oliver Everett von der Band 'Eels' (Gus Black)
    "So etwas mache ich nie wieder. Und ich rate allen Rocksängern davon ab. Nämlich: Geht nie ins Publikum und umarmt die Leute. Das ist gefährlich und eine Schnapsidee. Am Anfang war es noch OK – aber nachdem es sich herumgesprochen hatte, fingen einige an, das auszunutzen. Sie haben an meinen Klamotten gezerrt und mir die Haare ausgerissen. Was an einigen Abenden zu handfesten Prügeleien führte."
    Für Mark Oliver Everett, Mastermind der Eels, waren die letzten Jahre eine emotionale Achterbahnfahrt: Mit einer neuen Beziehung, Vaterfreuden, Gastauftritten in seinen Lieblings-TV-Serien und der ersten richtigen Auszeit seiner 30-jährigen Karriere – aber auch mit einem Burnout und dem Tod seines Hundes und Bandmaskottchens.
    "Bobby Jr. hat uns vor einem Jahr verlassen. Im Gedenken an ihn habe ich jetzt zwei kleine Hunde: Manson und Bundy – benannt nach den berüchtigten Serienmördern. Das entspricht ihrem Charakter. Sie sind miese Kläffer und erinnern mich acht bis zehn Mal täglich daran, dass Bobby Jr. der perfekte Hund war und nicht zu ersetzen ist. Deshalb gibt es parallel zur Veröffentlichung unseres neuen Albums Gedächtnissocken, die zeigen wie er mit Engelsflügeln zum Himmel aufsteigt. Ernsthaft!"
    Charmante Erinnerung an die schönen Dinge des Lebens
    Mit "The Deconstruction", dem zwölften Studio-Album seiner Band, spendet Everett nicht nur sich Trost, sondern allen, die dafür offen und zugänglich sind. Mit 15 Stücken, die sich als ein musikalisches In-den-Arm nehmen erweisen. "Du bist das Licht des Tunnels, den du dir graben musst", heißt es da. Ein charmantes Erinnern an die schönen Dinge des Lebens. Ein Appell an mehr Optimismus. Und sich nicht vom Zeitgeist und den aktuellen politischen Verhältnissen herunterziehen zu lassen. Die, so das hagere Männchen mit dem Vollbart und der Hornbrille, seien zwar deprimierend, aber das Leben gehe trotzdem weiter. Und man sollte es auf jeden Fall genießen.
    "Diese Songs sind in erster Linie Notizen für mich. Sie sollen mich an etwas erinnern - aber hoffentlich können sie auch anderen Leuten nützlich sein. Ist zum Beispiel jemand an dem Punkt in seinem Leben, an dem er Veränderung braucht, helfen ihm diese Stücke, ein bisschen schneller aus der Krise zu finden. Und in "The Epiphany" sage ich, dass man nichts an der Vergangenheit ändern kann. Und sich auch die Zukunft nicht planen lässt. Aber man kann etwas für das Hier und Jetzt tun – und vielleicht wirkt sich das auf die Zukunft aus."
    Reife und ambitionierte Kompositionen
    Ein Ansatz, der keine Mission, sondern eher ein Denkabstoß ist. Und den Everett mit seinen bislang reifsten und ambitioniertesten Kompositionen umsetzt. Nämlich ein Grenzgang zwischen Orchesterpop, Retro-Rock und Vaudeville. Großen opulenten Arrangements mit Chor und Streichern, aber auch kantigen Gitarrenriffs und nicht zuletzt drei Stücke, die sich als Soundtracks zu fiktiven Filmen erweisen – und ganz ohne Gesang auskommen.
    "Ich mag kleine Instrumental-Vignetten, denn für mich ist dieses Album ein Gefühlsding. Es hat kein ambitioniertes Konzept nach dem Motto: "Ich mache ein Album über dies oder das - und es klingt so oder so." Sondern jeder Song ist intuitiv. Als ich daran gearbeitet habe, hatte ich keine Ahnung, was daraus wird. Und was ich an Instrumental-Stücken mag: Wenn da kein Text ist, kann es auch nicht wahnsinnig intellektuell sein."
    Der Spaß steht immer an erster Stelle
    Egal, wie ernst Everett das Thema Zeitgeist auch ist - der Spaß an der Musik steht immer an erster Stelle. Auch bei der Deutschland-Tournee im Juni. Eine Mischung aus Festivals und Club-Konzerten, die der 54-jährige mit seiner angestammten Band bestreitet, und auf skurrile Bühnenoutfits, eine kräftige Portion Comedy und nicht zuletzt die eine oder andere Coverversion setzt.
    "Das ist mein Lieblingsteil der Show - ein großer Spaß, den ich den ganzen Abend machen könnte. Ich spiele viel lieber anderer Leute Songs als meine eigenen. Die machen mit nach einer Weile regelrecht krank. Denn du verbringst ja dein ganzes Leben damit, eigene Sachen zu spielen. Für Covers ist dagegen nur selten Gelegenheit."