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Neugründung geplant
Jüdische Verbände stellen sich gegen "Juden in der AfD"

Am Sonntag wollen etwa 20 Initiatoren den Verein "Juden in der AfD" gründen. Man wolle eine Expertise für jüdische Themen in der Partei anbieten, heißt es. Jüdische Verbände kritisieren das Vorhaben scharf. Die AfD sei ein Motor für Antisemitismus, lautet der Vorwurf.

Von Panajotis Gavrilis |
    Ein Mann trägt während einer Kundgebung vor dem Bundeskanzleramt nach dem sogenannten "Frauenmarsch 2.0" eine Kippa mit Davidstern.
    Am Sonntag soll der Verein "Juden in der AfD" gegründet werden (picture alliance / Stefan Jaitner / dpa)
    Der offizielle Name und die konkreten Ziele sollen erst noch beschlossen werden, dann wenn die "Juden in der AfD" am Sonntag in Wiesbaden ihren Verein gründen. Laut einer vorläufigen Grundsatzerklärung haben sich die Initiatoren auf 20 Gründungsmitglieder beschränkt.
    Einer von ihnen ist Wolfgang Fuhl, AfD-Kommunalpolitiker in Baden-Württemberg. Von 2007 bis 2012 war er Vorsitzender des Oberrats der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden und Mitglied im Direktorium des Zentralrats der Juden in Deutschland. Seit 2013 ist er AfD-Mitglied, sagt er auf Anfrage.
    Muslimen wird "antisemitische Sozialisation" unterstellt
    Man habe das Bedürfnis als Gruppe eine Expertise für jüdische Themen anzubieten, sagt Fuhl. In der vorläufigen Grundsatzerklärung wird dabei Muslimen eine angebliche "antisemitische Sozialisation" unterstellt. Dabei sei die AfD, so steht es in dem Papier, "die einzige Partei der Bundesrepublik, die (...) muslimischen Judenhass thematisiert, ohne diesen zu verharmlosen."
    Das stimmt nicht, entgegnet Dalia Grinfeld, Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland.
    "Der Fakt, dass sie gegen eine andere religiöse Minderheit, nämlich vornehmlich Muslime hetzen, heißt auch für uns Juden 'Aufstehen' und sagen, dass wir uns dagegenstellen, weil wir auch eine religiöse Minderheit sind. Wir haben es erlebt, oder unsere Vorfahren haben es erlebt, wir erleben auch noch Antisemitismus heute. Und sich da an die Seite von den Förderern von Antisemitismus und Minderheitenhass zu stellen, ist der größte Fehler."
    Die Jüdische Studierendenunion ist neben dem Zentralrat der Juden oder der Allgemeinen Rabbinerkonferenz Deutschland eine von 17 jüdischen Organisationen, die in einer gemeinsamen Erklärung die bevorstehende Gründung der "Juden in der AfD" scharf kritisieren.
    Viele jüdische Organisationen kritisieren die Gründung
    Darin heißt es: Muslime seien nicht die Feinde der Juden. Und: Die AfD säe Hass und spalte die Gesellschaft, hetze gegen Menschen und greife "unsere" Demokratie tagtäglich an.
    "Die AfD versucht immer zu zeigen, dass sie judenfreundlich ist und ich sage da ganz klar, das ist eine Fake-Judenfreundlichkeit, das ist Scheinheiligkeit, wenn eine Partei, die jüdisches Leben auslöschen möchte aus Deutschland, indem sie die jüdische Beschneidung beim Mann, die Brit Mila, oder das Schächten von Tieren verbieten möchte, der kann nicht gleichzeitig judenfreundlich sein. "
    Unter dem Titel "Keine Alternative für Juden" erinnern die jüdischen Organisationen an Sätze von führenden AfD-Politikern. So hatte Bundestagsfraktions-Vorsitzenden Alexander Gauland die Nazi-Zeit als einen "Vogelschiss in der Geschichte" bezeichnet und der AfD-Fraktionsvorsitzende im thüringischen Landtag, Björn Höcke das Holocaust-Denkmal als "Denkmal der Schande tituliert. Dalia Grinfeld von der Jüdischen Studierendenunion Deutschland:
    "Wenn ein Holocaust-Mahnmal als Schande betrachtet wird und vor allem, wenn man Holocaust-Leugner in den eigenen Reihen akzeptiert, duldet und auch fördert, dann kann diese Partei nicht gegen Antisemitismus stehen, sondern im Gegenteil: Sie ist der Motor dafür."