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Neutralitätspflicht in der Schule
Meldeplattform für AfD-kritische Lehrer

In der Schule gilt das Neutralitätsgebot: Das sieht die AfD immer wieder unterlaufen, wenn Lehrer "linke Ideologieprogramme“ verfolgen. Entsprechende Meldungen können seit Ende September auf der Internetseite der Hamburger AfD gemacht werden. Werden hier Kinder zu Denunzianten gemacht?

Von Axel Schröder |
    Eine Schuelerin schreibt das Wort Politik an die Tafel
    Grund für die Meldeplattform der AfD in Hamburg ist eine angebliche Indoktrination an Schulen (dpa / picture alliance / Lutz P. Kayser)
    Seit Ende September gibt es auf der Internetseite der Hamburger AfD das sogenannte "Informationsportal Neutrale Schulen". Anonym oder mit Klarnamen können dort Lehrer gemeldet werden, die in ihrem Unterricht, so nennt es die AfD, "linke Ideologieprogramme" verfolgen.
    Warum das nötig sei, erklärte AfD-Fraktionschef Alexander Wolf gegenüber der ARD: "Wir haben immer wieder Hinweise, Anrufe, E-Mails bekommen von Leuten, von Schülern und Eltern, die uns klagen über Indoktrination an der Schule. Wenn Lehrer in einem plumpen AfD-Bashing die Schüler versuchen, zu überwältigen."
    Dann sei, so Wolf, das Lehrern auferlegte Neutralitätsgebot verletzt. Scharf kritisiert wird das Meldeportal von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Und auch Schulsenator Ties Rabe hofft darauf, dass das Portal bald geschlossen wird:
    "Vor allem müssen wir uns aber vorstellen, was passieren würde, wenn das jetzt jeder macht: Wenn die Kirchen bitten, Lehrer anzuzeigen, weil sie sich kritisch äußern oder wenn Umweltverbände die Schüler bitten, Lehrer anzuzeigen, die nicht mit dem Fahrrad zur Schule kommen würden. Ich glaube, das vergiftet insgesamt das Schulklima und das wäre schon schön, wenn die AfD diesen Unsinn wieder einstellen würde."
    Bereits mehr als tausend Einträge
    Rechtlich zu beanstanden sei das Meldeportal nicht. Es sei aber ein Versuch, so ein Behördensprecher, "Kinder zu Denunzianten zu machen und einseitig für Anliegen der AfD zu instrumentalisieren". Wenige Tage nach dem Start des Meldeportals zählte die Hamburger AfD schon über 1.000 Einträge auf der Plattform. Nach Angaben der Partei seien dort einige ernstzunehmende Hinweise eingegangen. Allerdings gibt es dort auch eine Fülle von Einträgen AfD-kritischer Menschen, deren Kopien auf Twitter und Facebook verbreitet werden und der Partei nicht gefallen dürften:
    "Mein Kind kam nach dem Kunstunterricht total rot-grün-versifft nach Hause. Und die Farbe geht nicht mehr ab. Was mache ich denn jetzt? Braun drübermalen?"
    "Heute in Bio haben wir den pH-Wert des Menschen besprochen. Der Lehrer sagte, er wäre nicht neutral, sondern 5,5. Die ganze Klasse ist sauer."
    "Unser Lehrer ist offen Linkshänder, ständig hebt er an der Tafel den linken Arm! Das ist doch Indoktrination, oder?"
    Diese Einträge, erklärt AfD-Fraktionschef Alexander Wolf, würden aussortiert, die übrigen dann überprüft und im Zweifel an die Schulbehörde gemeldet. Dass sei allerdings gar nicht nötig, heißt es aus der Behörde. Auch bislang, auch ohne das Meldeportal der AfD, konnten Schülerinnen und Schüler die Schulleitung ins Vertrauen ziehen, wenn sie auf einen Verstoß gegen das Neutralitätsgebot im Klassenzimmer aufmerksam machen wollten.