Das Cern in Genf, Gebäude 170, eine der Experimentierhallen auf dem Gelände. Auf einem Gerüst steht die Physikerin Susanne Kreim und blickt herab auf ein Rohr, das von der anderen Seite der Halle kommt. Dort, hinter einer dicken Betonmauer, steht eine Zielscheibe aus Schwermetall, auf die ein Beschleuniger schnelle Protonen feuert.
"Dadurch entstehen bei Beschuss durch Protonen sehr viele radioaktive Kerne, die man den Experimenten zur Verfügung stellen kann."
Die Kerne, die bei diesem Scheibenschießen entstehen, sind selten und ausgesprochen kurzlebig. Kreim und ihr Team hatten es dabei auf eine bestimmte Sorte von Atomkernen abgesehen – Zink-82. Ein Isotop, das umgehend nach seiner Erzeugung wieder zerfällt.
"Die Halbwertszeit ist weniger als 200 Millisekunden. D.h. man hat weniger als 200 Millisekunden Zeit, um so ein Nuklid zu vermessen."
Genau das hatte das 20-köpfige Forscherteam vor: Es wollte das Zink, obwohl dieses nur für einen Wimpernschlag lebt, so präzise wie möglich wägen. Ein Wettlauf gegen die Zeit. Das Problem: Mit dem Zink entsteht immer auch Rubidium, und zwar in rauen Mengen: Auf einen Zinkkern kommen 10.000 Rubidiumkerne. Um beides zu trennen, haben die Physiker ein Spezialgerät gebaut, die Spiegelfalle. In ihr laufen Zink und Rubidium verschieden schnell zwischen zwei Spiegeln hin und her, wodurch sie sauber voneinander getrennt werden können – eine Art Aschenputtel-Apparatur. Das alles dauert nicht mal eine Zehntel Sekunde. Dann kann das Zink gewogen werden.
Das geschieht auf dem Dach von Isoltrap, so heißt das Experiment. Dort laufen die Zinkkerne in eine Magnetfalle. Und indem die Physiker die Frequenz, mit der die Kerne in der Falle hin- und her schwingen, präzise messen, können sie deren Masse genauestens bestimmen. Das Ergebnis, so Susanne Kreim:
"Die Massemessung von Zink-82 hat ergeben, dass Zink-82 schwerer ist als die Theorie angenommen hat."
Eine Überraschung. Und die ist nicht nur für Kernforscher interessant, sondern auch für Astrophysiker. Vor allem für jene, die sich mit höchst eigentümlichen Himmelskörpern befassen – mit Neutronensternen. Kreim:
"Ein Neutronenstern ist ein Überbleibsel einer Supernova-Explosion. Die Sterne sind sehr klein, ungefähr zehn Kilometer im Radius, haben aber eine Masse von circa zehn Sonnenmassen. Und es war die Vorhersage der Theorie zu Neutronensternen, dass Zink-82 in der äußeren Kruste vorhanden sein soll, dass Zink-82 bei einer Tiefe von ungefähr 200 Metern existieren kann."
Da Neutronensterne extrem klein, aber gleichzeitig extrem massereich sind, herrscht in ihnen eine gewaltige Gravitation. Diese Gravitation sollte nun dafür sorgen, dass das Zink-82 in der Kruste nicht zerfällt, sondern stabil wäre – Materie im Ausnahmezustand. Doch damit Zink-82 in der Neutronensternkruste tatsächlich existieren kann, muss es aus theoretischen Gründen eine ganz bestimmte Masse haben. Doch mit den Messungen aus Genf weiß man nun: Es ist ein bisschen zu schwer. Und das bedeutet, so Kreim:
"Zink-82 kann mit Sicherheit ausgeschlossen werden als Bestandteil der Kruste."
Und das könnte Konsequenzen haben für eine andere Frage. Neutronensterne nämlich gelten als Geburtsstätten schwerer Elemente wie Gold oder Platin.
"Es hat für die Elemententstehung eine mögliche Auswirkung, weil wir uns immer noch nicht erklären können, wie die schweren Elemente, schwerer als Eisen, entstanden sind. Eine Möglichkeit ist, dass in Neutronensternen Materie aus dieser Kruste herausgeschleudert werden kann."
Und zwar wenn ein Neutronenstern mit einem anderen Himmelskörper kollidiert. Dabei könnten Trümmerstücke ins All geschleudert und Elemente wie Gold oder Platin freigesetzt werden. Um auf die chemische Zusammensetzung dieser Trümmer zu schließen, wollen die Forscher die Kruste von Neutronensternen so genau wie möglich enträtseln. Und deshalb haben Susanne Kreim und ihre Leute schon den nächsten Kandidaten für ihre Präzisionswaage im Visier – eine exotische Abart des Elements Palladium.
"Dadurch entstehen bei Beschuss durch Protonen sehr viele radioaktive Kerne, die man den Experimenten zur Verfügung stellen kann."
Die Kerne, die bei diesem Scheibenschießen entstehen, sind selten und ausgesprochen kurzlebig. Kreim und ihr Team hatten es dabei auf eine bestimmte Sorte von Atomkernen abgesehen – Zink-82. Ein Isotop, das umgehend nach seiner Erzeugung wieder zerfällt.
"Die Halbwertszeit ist weniger als 200 Millisekunden. D.h. man hat weniger als 200 Millisekunden Zeit, um so ein Nuklid zu vermessen."
Genau das hatte das 20-köpfige Forscherteam vor: Es wollte das Zink, obwohl dieses nur für einen Wimpernschlag lebt, so präzise wie möglich wägen. Ein Wettlauf gegen die Zeit. Das Problem: Mit dem Zink entsteht immer auch Rubidium, und zwar in rauen Mengen: Auf einen Zinkkern kommen 10.000 Rubidiumkerne. Um beides zu trennen, haben die Physiker ein Spezialgerät gebaut, die Spiegelfalle. In ihr laufen Zink und Rubidium verschieden schnell zwischen zwei Spiegeln hin und her, wodurch sie sauber voneinander getrennt werden können – eine Art Aschenputtel-Apparatur. Das alles dauert nicht mal eine Zehntel Sekunde. Dann kann das Zink gewogen werden.
Das geschieht auf dem Dach von Isoltrap, so heißt das Experiment. Dort laufen die Zinkkerne in eine Magnetfalle. Und indem die Physiker die Frequenz, mit der die Kerne in der Falle hin- und her schwingen, präzise messen, können sie deren Masse genauestens bestimmen. Das Ergebnis, so Susanne Kreim:
"Die Massemessung von Zink-82 hat ergeben, dass Zink-82 schwerer ist als die Theorie angenommen hat."
Eine Überraschung. Und die ist nicht nur für Kernforscher interessant, sondern auch für Astrophysiker. Vor allem für jene, die sich mit höchst eigentümlichen Himmelskörpern befassen – mit Neutronensternen. Kreim:
"Ein Neutronenstern ist ein Überbleibsel einer Supernova-Explosion. Die Sterne sind sehr klein, ungefähr zehn Kilometer im Radius, haben aber eine Masse von circa zehn Sonnenmassen. Und es war die Vorhersage der Theorie zu Neutronensternen, dass Zink-82 in der äußeren Kruste vorhanden sein soll, dass Zink-82 bei einer Tiefe von ungefähr 200 Metern existieren kann."
Da Neutronensterne extrem klein, aber gleichzeitig extrem massereich sind, herrscht in ihnen eine gewaltige Gravitation. Diese Gravitation sollte nun dafür sorgen, dass das Zink-82 in der Kruste nicht zerfällt, sondern stabil wäre – Materie im Ausnahmezustand. Doch damit Zink-82 in der Neutronensternkruste tatsächlich existieren kann, muss es aus theoretischen Gründen eine ganz bestimmte Masse haben. Doch mit den Messungen aus Genf weiß man nun: Es ist ein bisschen zu schwer. Und das bedeutet, so Kreim:
"Zink-82 kann mit Sicherheit ausgeschlossen werden als Bestandteil der Kruste."
Und das könnte Konsequenzen haben für eine andere Frage. Neutronensterne nämlich gelten als Geburtsstätten schwerer Elemente wie Gold oder Platin.
"Es hat für die Elemententstehung eine mögliche Auswirkung, weil wir uns immer noch nicht erklären können, wie die schweren Elemente, schwerer als Eisen, entstanden sind. Eine Möglichkeit ist, dass in Neutronensternen Materie aus dieser Kruste herausgeschleudert werden kann."
Und zwar wenn ein Neutronenstern mit einem anderen Himmelskörper kollidiert. Dabei könnten Trümmerstücke ins All geschleudert und Elemente wie Gold oder Platin freigesetzt werden. Um auf die chemische Zusammensetzung dieser Trümmer zu schließen, wollen die Forscher die Kruste von Neutronensternen so genau wie möglich enträtseln. Und deshalb haben Susanne Kreim und ihre Leute schon den nächsten Kandidaten für ihre Präzisionswaage im Visier – eine exotische Abart des Elements Palladium.