Wenn Vangelis Michalakis auf die letzten Jahre zurückblickt, kocht er vor Wut. Lange genug hätten die konservative Nea Dimokratia und die sozialistische Pasok das Land regiert; entweder abwechselnd oder -wie zurzeit- als Koalition. Nun sei es höchste Zeit für einen Machtwechsel, findet der 56-jährige Familienvater:
"Wir haben diese Regierung und die ganze alte Politikerkaste satt! Seit 50 Jahren regieren dieselben und dieselben! Und was haben sie gemacht? Das Land auseinandergenommen. Klar wollten wir Griechenland mit unseren Opfern helfen. Aber wie lange noch? Wir dachten, diese Sparpolitik geht ein, zwei Jahre, aber bald werden es volle fünf Jahre sein. Und was soll aus uns Bürgern werden? Sollen wir alle sterben? Nein, diese Politiker müssen bald Geschichte sein."
Nach einer dreifachen Bypass-OP ist Vangelis Michalakis arbeitsunfähig. Seine Frau und seine erwachsene Tochter sind arbeitslos. Die ganze Familie lebt von seiner Behindertenrente, sagt er. Vor der Krise waren das rund 700 Euro, jetzt nur noch 400. Klar, dass er da seine Hoffnungen in die Versprechungen der Linkspartei Syriza legt:
"Der Parteichef der Syriza hat einige Sachen angekündigt, die viele Menschen gut finden. Er will zum Beispiel die kleinen Renten erhöhen. Das Land geht doch nicht bankrott, wenn die Renten um 200 Euro steigen. Sollen doch die Reichen die Zeche zahlen, so einfach ist es!"
Auch wenn sich die Linkspartei mit solchen Versprechungen beim Volk beliebt macht und bei Umfragen gerade die Nase vorn hat. Nicht jeder kann diesen Worten Glauben schenken. So auch der 61-jährige Andonis Kaisar nicht:
"Der Volksmund sagt: Die größten Lügen sagt man auf der Jagd, beim Fischen und vor den Wahlen. So ist es doch! Die Leute hören das, was sie hören wollen und begeistern sich. Doch wie sollen all diese Versprechungen ohne das nötige Geld umgesetzt werden?"
"Wenn man sich Geld leiht, muss man es auch zurückzahlen"
Sollte Syriza-Chef Alexis Tsipras tatsächlich - wie seine Partei ankündigt - das Sparprogramm lockern und auf einen neuen Schuldenschnitt bestehen, könnten die internationalen Geldgeber Griechenland im Stich lassen; der Bankrott wäre dann vorprogrammiert, befürchtet Andonis Kaisar. Er hofft aber, dass Tsipras nach den Wahlen zur Vernunft kommt und sein Land nicht in weitere Turbulenzen stürzt:
"Wer nicht mittanzt, kennt viele Lieder. Auch das sagt der Volksmund! Sollte Syriza die Wahlen gewinnen, wird die Partei schnell auf den Boden der Tatsachen zurückkehren müssen. Da bin ich mir sicher. Denn wenn unsere Geldgeber die Finanzhilfen einstellen, werden all seine Versprechungen nichts weiter als leere Worthülsen sein. So ist es nun mal: Wenn man sich von anderen Geld leiht, muss man es auch zurückzahlen."
Für den Politikprofessor Niko Maratzidis von der Universität Thessaloniki ist das Ergebnis dieses Wahlkampfs im Moment noch offen. Laut einer aktuellen Meinungsumfrage seiner Hochschule würde die Linkspartei Syriza mit fast 30 Prozent immerhin 5 Prozent mehr Stimmen bekommen als die heutige Regierungspartei Nea Dimokratia. Doch die Wähler seien noch unschlüssig. Und für eine Regierungsmehrheit reicht dieser Vorsprung für die Partei von Alexis Tsipras auch nicht. Vieles wird von der Wahlkampfstrategie der Parteien abhängen, erklärte Maratzidis im griechischen Fernsehen:
"In diesem Wahlkampf geht es um zwei Gegenpole: das Schüren von Angst und Ungewissheit einerseits und andererseits die Hoffnung und Erwartung einer Veränderung. Ich weiß nicht, was am Ende erfolgreicher sein wird. Die Schere wird mal größer und mal kleiner. Der Wahlausgang wird also besonders spannend werden, so sehr, dass die politischen Ereignisse für Herzkranke nicht unbedingt zu empfehlen sind."
Besonders spannend ist auch ein anderes Ergebnis dieser Meinungsumfrage: Jeder dritte Grieche wünscht sich demnach, dass beide Parteien - die linke Syriza und die konservative Nea Dimokratia - nach den Wahlen ihre Kernpositionen über Bord werfen und zusammen das Land regieren. Doch davon will keine der zwei Parteien etwas wissen. Zu groß seien die Differenzen zwischen ihnen und zu unterschiedlich ihre Parteiprogramme.