"Thank you for coming along today. This has not been an easy decision for any of us."
Annunziata Rees-Mogg bedankt sich bei den Journalisten, die zur Pressekonferenz der vier abtrünnigen Politiker der Brexit-Party gekommen sind. Alle sind Europaabgeordnete der Partei, und Annunziata ist die prominente Schwester von Jacob Rees-Mogg, dem Abgeordneten der britischen Konservativen. Mit bebender Stimme erklärt sie, dass es ihr und den anderen nicht leicht gefallen sei, sich jetzt gegen ihren eigenen Parteichef Nigel Farage zu stellen.
"Ich finde es unglaublich tragisch, dass ausgerechnet die Brexit-Partei mit so vielen wunderbaren und von ihrer Sache überzeugten Mitgliedern die Partei ist, die den Brexit gefährdet. Bitte geben Sie wie ich Ihre Stimme den Konservativen - und holen Sie uns damit aus der EU heraus."
Annunziata Rees-Mogg bedankt sich bei den Journalisten, die zur Pressekonferenz der vier abtrünnigen Politiker der Brexit-Party gekommen sind. Alle sind Europaabgeordnete der Partei, und Annunziata ist die prominente Schwester von Jacob Rees-Mogg, dem Abgeordneten der britischen Konservativen. Mit bebender Stimme erklärt sie, dass es ihr und den anderen nicht leicht gefallen sei, sich jetzt gegen ihren eigenen Parteichef Nigel Farage zu stellen.
"Ich finde es unglaublich tragisch, dass ausgerechnet die Brexit-Partei mit so vielen wunderbaren und von ihrer Sache überzeugten Mitgliedern die Partei ist, die den Brexit gefährdet. Bitte geben Sie wie ich Ihre Stimme den Konservativen - und holen Sie uns damit aus der EU heraus."
Was zu diesem Wahlaufruf bewegt: Ihr geht der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union politisch über alles. Jede Stimme für ihre Brexit-Partei würde jedoch die Tories unter Boris Johnson – und damit die Aussichten auf den Brexit - schwächen. Die Wahlen zum britischen Unterhaus diesen Donnerstag, sie stehen im Zeichen von ‚Brexit – ja oder nein‘ – und zwingen damit manchen zu taktischem Wahlverhalten.
Johnson hat die Konservativen als Pro-Brexit-Partei ausgerichtet
Im Mai war die Brexit-Partei noch mit über 30 Prozent Stimmenanteil zur stärksten Kraft bei der Europawahl gewählt geworden. Nigel Farage feierte damit ein lautstarkes Comeback auf der politischen Bühne. Im Überschwang des Sieges bot er dann auch im Gespräch mit dem Deutschlandfunk Boris Johnson eine Kooperation an, sollte es zu Neuwahlen kommen.
"Was immer geschieht - selbst wenn Boris Johnson eine Vertrauensabstimmung im Parlament verliert -, dann gibt es Neuwahlen. Boris und ich können dann aushandeln, wie wir kooperieren."
Aber Johnson zeigte Farage die kalte Schulter. Stattdessen unternahm er alles, um Farages Wähler abzuwerben. Johnson ging zum Angriff über: Er suspendierte das Parlament und warf 21 Brexit-skeptische Mitglieder aus der eigenen Fraktion, darunter Alterspräsident Kenneth Clarke und den Churchill-Enkel Nicholas Soames. Außerdem handelte er mit der EU einen neuen Vertrag aus. Kritiker sagen: Die Konservativen sind jetzt die Brexit-Partei. Immerhin aber gelang dem Premierminister das Kunststück, seine völlig zerstrittene Partei zu einen, sagt Politikprofessor Patrick Dunleavey.
"Boris Johnson hat im Endeffekt die Konservativen als eine Pro-Brexit-Partei neu ausgerichtet. Damit sind sie jetzt viel stärker als vorher. Damit werden die Regionen, die 2016 für den Brexit gestimmt haben, dazu neigen, die Konservativen zu wählen."
"Clean Brexit" vs. "ofenfertiger Brexit"
Einen klaren Unterschied zur Brexit-Partei gibt es: Johnson hat einen Vertrag mit der EU vereinbart. Nigel Farage lehnt diesen Vertrag ab, weil er nur den "Clean Brexit" akzeptiert, einen "sauberen" Brexit, bei dem Großbritannien kompromisslos ohne Vertrag die EU verlässt. Johnson aber kann mit seinem Vertrag jetzt bei den Wählern punkten. In einem Werbespot steht der Premierminister in der Teeküche seiner Wahlkampfzentrale, brüht sich – ganz britisch - eine Tasse Tee mit Milch auf und kreiert eine neue Wortschöpfung: den "ofenfertigen Brexit".
"Wir schaffen das mit dem Brexit. Mit unserem Vertrag. Er ist da, ofenfertig! Schiebt ihn in die Mikrowelle und dann habt ihr ihn! Wir machen das mit dem Brexit binnen Tagen."
"Wir schaffen das mit dem Brexit. Mit unserem Vertrag. Er ist da, ofenfertig! Schiebt ihn in die Mikrowelle und dann habt ihr ihn! Wir machen das mit dem Brexit binnen Tagen."
Der Vertrag mit der EU ist Johnsons großes Lockangebot. Die Ausgangslage ist dabei klar: Wenn die Konservativen die Unterhauswahl mit absoluter Mehrheit gewinnen, dann wird es am 31. Januar zum Brexit kommen. Verfehlen die Tories aber die absolute Mehrheit, dann dürfte Labour-Chef Jeremy Corbyn eine Minderheitsregierung bilden – und es käme zu einem zweiten Referendum. Corbyn hat lange gezögert, eine zweite Volksabstimmung zu unterstützen, auch aus Sorge, Wählerinnen und Wähler zu verprellen. Aber seine eigene Haltung ist unklar.
"Wir werden einen glaubwürdigen Vertrag mit der EU neu aushandeln. Bitte lassen Sie mich ausreden! Zu diesem Vertrag und der Möglichkeit, in der EU zu bleiben, gibt es dann ein Referendum. Und ich werde mich als Premierminister bei diesem Referendum neutral verhalten, um unser Land wieder zusammenzuführen."
In Umfragen schlägt Johnson Corbyn um Längen
Das Publikum reagiert in Teilen höhnisch auf Corbyns Strategie. Wie kann ein Premierminister in spe sich in einer so entscheidenden Frage für neutral erklären? Meinungsforscher glauben, dass Corbyn seine Neutralität schadet. Denn sie erweckt den Eindruck, dass der Labour-Vorsitzende entscheidungsschwach ist. In den Beliebtheitswerten und bei der Frage, wer von beiden als Premierminister geeignet ist, schlägt Johnson Corbyn um Längen – wobei beide Politiker ein hohes Glaubwürdigkeitsproblem haben.
Es sieht also ganz nach einem Wahlsieg der Konservativen aus. Anders als bei der letzten Wahl 2017 hat Labour in den Umfragen bisher den klaren Rückstand von rund zehn Prozentpunkten nicht nennenswert aufholen können. Ein Grund dafür ist auch, dass Brexit-Wähler praktisch nur noch die Konservativen als Wahlangebot haben, Remain-Wähler sich aber zwischen Labour und den Liberaldemokraten entscheiden können oder müssen. Boris Johnson könnte also der lachende Dritte werden.
Es sieht also ganz nach einem Wahlsieg der Konservativen aus. Anders als bei der letzten Wahl 2017 hat Labour in den Umfragen bisher den klaren Rückstand von rund zehn Prozentpunkten nicht nennenswert aufholen können. Ein Grund dafür ist auch, dass Brexit-Wähler praktisch nur noch die Konservativen als Wahlangebot haben, Remain-Wähler sich aber zwischen Labour und den Liberaldemokraten entscheiden können oder müssen. Boris Johnson könnte also der lachende Dritte werden.
Putney und Southfields haben zu 72 Prozent für die EU gestimmt
Southfields, ein Stadtteil im Londoner Westen. Die Opposition setzt alles auf eine letzte Karte: Die Wählerinnen und Wähler sollen taktisch votieren.
"Kann ich sie davon überzeugen, taktisch zu wählen?"
"Ich werde definitiv taktisch wählen".
Im britischen Wahlsystem werden Kandidaten ausschließlich direkt gewählt. Der Kandidat im Wahlkreis, der die meisten Stimmen erhält, gewinnt. Sally Morgan würde eigentlich lieber die Liberaldemokraten wählen. Deren Kandidat hat aber nur wenige Chancen im Wahlkreis, also wirbt die Lehrerin dafür, aus taktischen Gründen Labour zu wählen.
Ein Passant vor dem Bahnhof muss von Sally Morgan gar nicht umgestimmt werden. Er will eine Zusammenarbeit der Oppositionsparteien, aber bloß nicht Boris Johnson.
"Kann ich sie davon überzeugen, taktisch zu wählen?"
"Ich werde definitiv taktisch wählen".
Im britischen Wahlsystem werden Kandidaten ausschließlich direkt gewählt. Der Kandidat im Wahlkreis, der die meisten Stimmen erhält, gewinnt. Sally Morgan würde eigentlich lieber die Liberaldemokraten wählen. Deren Kandidat hat aber nur wenige Chancen im Wahlkreis, also wirbt die Lehrerin dafür, aus taktischen Gründen Labour zu wählen.
Ein Passant vor dem Bahnhof muss von Sally Morgan gar nicht umgestimmt werden. Er will eine Zusammenarbeit der Oppositionsparteien, aber bloß nicht Boris Johnson.
"Am wichtigsten ist mir eine Kombination von Parteien, die den Brexit verhindern. Ich habe starke Vorbehalte gegen Labour. Aber mir ist alles lieber als Boris Johnson."
Jetzt diskutiert Sally Morgan mit einem älteren Mann aus Wales. Er lebt nicht hier in Southfields, das zum Wahlkreis Putney gehört. Er arbeitet in einer Fabrik in Wales, hat früher Labour gewählt – aber diesmal will er das nicht tun.
"Wir haben gewählt, was wir gewählt haben. Wenn wir für die EU gewählt hätten, würden wir bleiben. Da wir aber den Austritt aus der EU gewählt haben, tun wir das auch."
"Aber wir haben ein System von Wahlkreisen. Wir brauchen Abgeordnete, die für den Wahlkreis arbeiten."
Im Wahlkreis Putney und Southfields haben 72 Prozent für die EU gestimmt. Doch den Mann aus Wales beeindruckt das nicht. Er wird nicht Jeremy Corbyn wählen.
"Ich wähle ganz bestimmt nicht Corbyn. In oder out. Ich bin definitiv für out. Wir wollen ein eigenes Land sein, mit eigenen Gesetzen, und die Zuwanderung kontrollieren wir selbst. Labour will jetzt ein zweites Referendum. Nein, wir haben out gewählt, also gehen wir raus."
"Wir sind seit drei Jahren ein tief gespaltenes Land"
Corbyns Brexit-Politik ist ein Spagat zwischen den Lagern. Er will Labour-Wähler nicht verlieren, die für den Brexit gestimmt haben. Als Premierminister, wenn er gewählt wird, will er mit Brüssel einen neuen Vertrag aushandeln. Dieser neue Vertrag würde Großbritannien enger an die EU binden, als das Johnson plant. Dann würde in einem neuen Referendum über den neuen Vertrag abgestimmt. Corbyn verrät aber nicht, wie er selbst dabei abstimmen würde. Selbst seine Anhänger haben ein wenig Schwierigkeiten, das hier am Wahlkampf-Stand den Wählern zu erklären.
"Ich habe 2016 dafür gestimmt, in der EU zu bleiben. Aber das ist ehrlich gesagt für mich nicht das Wichtigste bei der Wahl. Neutral zu bleiben, ist zwar okay. Aber ich denke schon, dass Corbyn ein Recht auf eine eigene Meinung hat."
Ihm und seinen Mitstreitern ist die soziale Gerechtigkeit wichtig, das Gesundheitswesen, Schulen oder Wohnungen. Rosalee Dorfman ist Amerikanerin mit deutschen Vorfahren. Sie brauchte einige Zeit, das mit dem zweiten Referendum zu schlucken.
"Ich habe zunächst nicht gedacht, dass eine neue Volksabstimmung notwendig wäre, um das Land zu einen. Wir sind seit drei Jahren ein tief gespaltenes Land. Der Brexit spaltet Familien und Freundschaften. Aber wir müssen das Land in eine positive Richtung führen."
"Ich habe 2016 dafür gestimmt, in der EU zu bleiben. Aber das ist ehrlich gesagt für mich nicht das Wichtigste bei der Wahl. Neutral zu bleiben, ist zwar okay. Aber ich denke schon, dass Corbyn ein Recht auf eine eigene Meinung hat."
Ihm und seinen Mitstreitern ist die soziale Gerechtigkeit wichtig, das Gesundheitswesen, Schulen oder Wohnungen. Rosalee Dorfman ist Amerikanerin mit deutschen Vorfahren. Sie brauchte einige Zeit, das mit dem zweiten Referendum zu schlucken.
"Ich habe zunächst nicht gedacht, dass eine neue Volksabstimmung notwendig wäre, um das Land zu einen. Wir sind seit drei Jahren ein tief gespaltenes Land. Der Brexit spaltet Familien und Freundschaften. Aber wir müssen das Land in eine positive Richtung führen."
"Anybody but Boris"
Sally Morgan war schon früh auf den Beinen und macht kurz Pause in einem Café gegenüber. Morgan ist Jüdin. Ihre Mutter kam mit 16 Jahren aus Dortmund nach England, die Großeltern flohen in die USA. Sally Morgan war Mitglied bei Labour, hat aber ihre Mitgliedschaft nicht verlängert. Sie ist betroffen, dass es auf einmal linke Antisemiten in ihrer alten Partei gibt.
"Corbyn hat einige dumme Fehler gemacht. Manchmal glaube ich, er ist nicht besonders klug. Er schreibt das Vorwort zu einem Buch, dass zu Teilen antisemitisch ist. Du denkst: hat er das Buch jemals gelesen? Dann gab es ein offensichtlich antisemitisches Poster. Er fand es gut. Dabei konnte man das sofort erkennen."
"Corbyn hat einige dumme Fehler gemacht. Manchmal glaube ich, er ist nicht besonders klug. Er schreibt das Vorwort zu einem Buch, dass zu Teilen antisemitisch ist. Du denkst: hat er das Buch jemals gelesen? Dann gab es ein offensichtlich antisemitisches Poster. Er fand es gut. Dabei konnte man das sofort erkennen."
Hinzu kam vielleicht noch ein weiterer Fehler, jedenfalls aus Sicht derjenigen, die ein zweites Referendum wollen. Corbyn hatte immer darauf gedrängt, dass es erst zu Neuwahlen kommt, und danach dann eine neue Volksabstimmung zum Brexit. Jetzt hat ihm Boris Johnson die Neuwahlen aufgedrängt, und die Idee mit der zweiten Volksabstimmung könnte jetzt am Freitagmorgen nach der Wahl Geschichte sein. "Es hätte anders herum sein müssen. Die Volksabstimmung hätte vor den Neuwahlen kommen sollen."
Umso mehr lautet jetzt für Sally Morgan das Motto: "Anybody but Boris". Hauptsache, Boris Johnson verhindern. Einer ihrer beiden Söhne lebt in Paris. Sie hat den deutschen Pass beantragt und lernt deutsch. Boris Johnson ist klarer Favorit für die Wahl. Aber Sally Morgan hofft noch auf die Wende, und jede Stimme zählt. Deswegen verteilt sie Infozettel und appelliert, taktisch zu wählen.
"Ich möchte gerne weiter europäisch bleiben. Ich vermag nicht einzusehen, warum mir jemand meine europäische Staatsangehörigkeit wegnehmen kann."
Abweichler im Unterhaus sorgen für Ärger bei den Wählern
Ortswechsel. Eine anglikanische Kirche in Darlington in Nord-England. Auf dem Podium präsentieren sich die fünf Kandidatinnen und Kandidaten des Wahlkreises. Darlington ist eine der Regionen, in denen Boris Johnson der Labour-Partei Sitze abjagen will. Über 56 Prozent haben hier für den Brexit gestimmt. Peter Gibson, Rechtsanwalt und der Kandidat der Konservativen, ergreift jetzt das Mikrofon.
"Das erste, was ich nach dem 12. Dezember tun werde, ist: Ich werde Boris dabei unterstützen, den Brexit umzusetzen."
"Das erste, was ich nach dem 12. Dezember tun werde, ist: Ich werde Boris dabei unterstützen, den Brexit umzusetzen."
"Brexit ist ein entscheidendes Thema hier in dieser Stadt. Meine Gegnerin von Labour, Jenny Chapman, hat im Unterhaus auf allen Ebenen versucht, den Brexit zu blockieren. Das hat zu einigem Ärger hier bei den Wählern geführt. Ihre Vertreterin im Parlament hat sich nicht an die Vorgabe des Wahlkreises gehalten, die EU zu verlassen."
Gibson wäre Neuling im Parlament, und überhaupt ist er der Typus des neuen Tory-Abgeordneten. Die Fraktion war 2016 ganz überwiegend pro EU. Jetzt haben sich alle über 600 Kandidaten für die Unterhauswahl schriftlich verpflichtet, den Brexit-Vertrag im Unterhaus zu billigen. Auch Gibson hat 2016 für Remain gestimmt. Jetzt wolle er das demokratische Ergebnis des Referendums akzeptieren, sagt er.
Ein Mann im Publikum steht jetzt in der Kirche in Darlington auf und attackiert die Amtsinhaberin, weil sie für ein zweites Referendum ist.
"56,2 Prozent haben hier dafür gestimmt, die EU zu verlassen. Als Politikerin sind Sie dazu da, für diese Menschen hier einzutreten."
Einen und nicht mehr spalten, versprechen alle Kandidaten
Jenny Chapman verteidigt sich. Einerseits wolle sie das Ergebnis des Referendums von 2016 akzeptieren, obwohl sie selbst für Remain sei. Andererseits sei sie verpflichtet, ökonomischen Schaden von Darlington abzuhalten. Die Menschen sollten jetzt die Gelegenheit erhalten, darüber selbst zu entscheiden.
"Ich würde nicht sagen, das sich eine Remainerin bin. Das macht nicht meine Identität aus. Ich bin pragmatisch. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass die Bevölkerung die abschließende Entscheidung treffen soll. Vom Brexit gibt es keinen Weg zurück. Die Stadt ist gespalten. Wir müssen das wieder zusammenführen."
"Ich würde nicht sagen, das sich eine Remainerin bin. Das macht nicht meine Identität aus. Ich bin pragmatisch. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass die Bevölkerung die abschließende Entscheidung treffen soll. Vom Brexit gibt es keinen Weg zurück. Die Stadt ist gespalten. Wir müssen das wieder zusammenführen."
Einen und nicht mehr spalten – das versprechen alle Kandidaten. Ein zweites Referendum wäre die falsche Lösung, meint der Vikar der Gemeinde, Matthew Firth. Er kommt aus dem nahen Yorkshire, auch Nord-England, und ist selbst für den Brexit.
"Wenn wir am 31. Januar die EU verlassen, dann kann die Auseinandersetzung abkühlen. Die Sache wäre entschieden, und als Folge würde eine Menge an Hitze weggehen."
Existentielle Diskussion fast nur unter Experten
Die Anhänger des zweiten Referendums befinden sich in der Defensive. Anand Menon leitet in London am King‘s College den Think Tank "The UK in a Changing Europe", eine Denkfabrik mit dem Schwerpunkt Großbritannien und EU. Da die junge Generation nachwächst, glaubt er, dass bei einem Referendum diesmal Remain knapp gewinnen würde. Aber es gebe viele Probleme: Was, wenn die Wahlbeteiligung niedriger wäre als beim ersten Mal?
"Ich sehe keinen Grund dafür, warum ein zweites Referendum weniger spaltend und bitter als das erste sein sollte. Ich glaube nicht daran, dass beim zweiten Mal die rationalen Argumente mehr zählen. So funktioniert das nicht bei Volksabstimmungen. Ich befürchte, die Kampagne würde noch hässlicher werden."
"Ich sehe keinen Grund dafür, warum ein zweites Referendum weniger spaltend und bitter als das erste sein sollte. Ich glaube nicht daran, dass beim zweiten Mal die rationalen Argumente mehr zählen. So funktioniert das nicht bei Volksabstimmungen. Ich befürchte, die Kampagne würde noch hässlicher werden."
Bei weitem nicht für alle Wählerinnen und Wähler ist der Brexit das wichtigste Wahlmotiv. Aber Premierminister Boris Johnson verspricht anders als seine Vorgängerin Theresa May, die unpopuläre Sparpolitik zu beenden. NHS, Polizei, Schulen – alle sollen mehr Geld bekommen.
Professor Tim Bale arbeitet mit Anand Menon in derselben Denkfabrik. Er wundert sich, warum im Wahlkampf außen vor bleibt, wie es denn mit dem Brexit nach dem 31. Januar weitergeht. Denn dann beginnt das Tauziehen, wie lang die Übergangsperiode dauern soll, und wie eng Großbritannien sein Verhältnis zur EU gestalten will.
Die konservative Fraktion ist von gemäßigten und kritischen Geistern regelrecht gesäubert worden. In welche Richtung würden eine neue Fraktion im britischen Parlament und ihr Premier den Brexit vorantreiben? Tim Bale hält es für einen Fehler, dass diese existentielle Diskussion fast nur unter Experten geführt wird - nicht aber in der Wahlkampf-Arena.
"Das Problem ist, dass nicht viel darüber geredet wird, was kommt, wenn wir die EU verlassen haben. Das sollte eindeutig die allerwichtigste Frage für diese Unterhauswahl sein. Aber darüber ist kaum diskutiert worden."