522 Abgeordnete waren für Neuwahlen, gerade einmal 13 dagegen. Kaum war das Ergebnis bekannt, erfolgte auch schon der Startschuss für den Wahlkampf. Premierministerin Theresa May eilte nach Bolton bei Manchester. In dieser Hochburg von Labour stimmten letztes Jahr fast 60 Prozent für den Brexit:
"Es geht darum, für eine starke und stabile Führung in diesem Land zu sorgen, damit wir den Brexit meistern und die Zeit danach. Wir müssen unsere Position für die Verhandlungen mit der EU stärken."
Harter Brexit, weicher Brexit, zweites Referendum, Abspaltung?
Viele Beobachter halten Mays Entscheidung für nachvollziehbar, auch wenn sie bislang Neuwahlen ausgeschlossen hatte. Die Gespräche mit der EU beginnen jetzt und werden die britische Regierung vor harte Entscheidungen stellen.
"Im Moment sehen wir doch schon, dass Labour am Ende den Deal mit der EU ablehnen will", meint der Tory-Abgeordnete Nadhim Zahawi. "Die Liberaldemokraten fordern ein zweites Referendum. Und die schottischen Nationalisten haben nur ihre eigene separatistische Agenda im Sinn."
Wahlforscher halten es für möglich, dass Premierministerin May die Mehrheit ihrer Partei von derzeit 17 auf 100 Sitze ausbauen kann. May will nach dieser Lesart einen im Endeffekt weichen Brexit und ahne den Widerstand der Brexit-Hardliner in den eigenen Reihen.
Corbyn und die soziale Gerechtigkeit
Dafür sollen der Labour-Opposition gleich 50 oder 60 Sitze abgejagt werden.
"Wollen wir ein Land, dass die Reichen nur noch reicher werden lässt", fragte Labour-Chef Jeremy Corbyn am Abend seine Anhänger im Londoner Stadtteil Croydon. "Diese Wahl wird auf den Straßen des Landes entschieden, in Rathäusern und an den Stränden."
Corbyn, ein Vertreter des linken Flügels von Labour, will die soziale Gerechtigkeit zum Gegenstand der Wahl machen, nicht den Brexit. Das Zutrauen in diese Taktik ist im Moment eher gering.
UKIP in der Krise
Zu Wort meldete sich gestern auch UKIP, die Partei des ehemaligen Anführers Nigel Farage – mit einem Wahlspot im Fernsehen, wenn auch für die Regionalwahl im Mai.
"UKIP ist die einzige Partei, die den Mut besitzt, den Gesundheitstourismus zu beenden. Und wir sind die Einzigen, die bereit sind, die Entwicklungshilfe zu kürzen, um soziale Fürsorge hier in Großbritannien zu finanzieren." Aber UKIP steckt auch in der Krise. Führende Mitglieder verlassen die Partei, ihre Anhänger werden wohl teilweise Theresa Mays Konservative wählen.
Wahlmüde Briten
Einigkeit herrscht in einem Punkt: Die Wahlbeteiligung könnte in sieben Wochen erheblich schwächer sein als zum Beispiel beim EU-Referendum vor knapp einem Jahr. "Es gibt einen Grad von Wahlmüdigkeit. Leute, die sich nicht so für Politik interessieren, denken: Oh Gott, es geht schon wieder los."
Eine andere Wählerin verweist auf Theresa Mays Makel, den sie abstreifen will: Sie wurde nur von ihrer Partei als Premierministerin ernannt, aber nicht demokratisch gewählt. "Ich bin für diese Neuwahlen, ich bin Unternehmerin und weiß, wie wichtig Führung ist. Es ist gut, wenn die Premierministerin jetzt auch vom Volk gewählt wird."