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New York
Das Leben des legendären Paul Robeson auf der Bühne

Paul Robeson war zuerst Profi-Football-Spieler, dann einer der ersten farbigen Rechtsanwälte, er war Bürgerrechtsaktivist und Schauspieler, Sänger. Ein Theaterstück in New York erzählt seine Geschichte ohne künstlerisches Risiko, mit nostalgischer Ästhetik - dafür mit einem stimmgewaltigen Daniel Beaty.

Von Andreas Robertz | 25.03.2015
    Der amerikanische Sänger und Sozialkritiker Paul Robeson Anfang April 1959 während der Proben zu "Othello". Paul Robeson wurde am 9. April 1898 in Princeton als Sohn eines ehemaligen Sklaven geboren und ist am 23. Januar 1976 in Philadelphia gestorben.
    Paul Robeson 1959 als "Othello" im Shakespeare-Theater in Stratford-on-Avon (picture alliance / dpa)
    Paul Robeson war zwischen 1928 und 1950 der bekannteste schwarze Mann der Welt. Er sang und spielte auf der Bühne, im Radio und im Film, er wurde in London, Moskau und New York bejubelt. Sein Lied "Old Man River" machte ihn zu einem Weltstar. Am Broadway spielte er den ersten wirklich schwarzhäutigen Othello, während der Großteil der westlichen Welt schwarze Menschen noch für minderwertige Geschöpfe hielt. Doch als er seinen Einfluss nutzte, um die Rassendiskriminierung in den USA anzuprangern und für eine egalitäre Gesellschaft zu kämpfen, stempelte ihn das Komitee für unamerikanische Umtriebe 1950 zum Verräter und setze ihn auf die schwarze Liste. Er durfte weder singen, noch arbeiten, noch reisen: Seine Karriere war am Ende. "The Tallest Tree in the Forest" erzählt die Geschichte dieses ungewöhnlichen Mannes, der sein Leben lang einen Ort suchte, den er seine "Heimat" nennen könnte.
    "The tallest tree in the forest they called me. My height enabled me to see what most people cannot. My branches stretched continents. I gathered many stories."
    Ein-Mann-Stück mit großer Bühnenpräsenz
    Schauspieler Daniel Beaty spielt in dem Ein-Mann-Stück Paul Robesons Erfolgsgeschichte, die aus dem Sohn eines Sklaven den ersten Superstar werden ließ, mit großer Kraft und Bühnenpräsenz. Er wechselt spielerisch die Rollen: vom Vater zum Sohn, vom Zeitungskritiker zur Ehefrau, vom Staatsanwalt zum walisischen Minenarbeiter, manchmal nur mit einer kleinen Geste, manchmal mit einem anderen Akzent, und oft mit viel Humor. Robeson ist einer der ersten schwarzen Hochschulabsolventen und Rechtsanwälte Amerikas. Seine Frau unterstützt sein Talent als Sänger und er tritt im Londoner Westend auf. Der Streik der walisischen Minenarbeiter macht ihn zu einem Fürsprecher für die Rechte von Arbeitern. Er besucht Moskau und ist begeistert von der dortigen Unvoreingenommenheit gegenüber seiner Hautfarbe.
    Er ruft die schwarze Jugend Amerikas auf, gegen die Faschisten zu kämpfen, um dann hilflos zusehen zu müssen, wie sie nach dem Krieg massenhaft in ihren Uniformen an den Bäumen der Südstaaten aufgehängt wurden. Die Freiheit, für die sie in Europa gekämpft hatten, gab es in ihrem eigenen Land nicht. Regisseur Moisés Kaufman nutzt die breite Rückwand der Bühne für Projektionen historischer Fotos und atmosphärischer Bilder. Große alte Scheinwerfer tauchen von hinten die Bühne in ein warmes Licht, die aus mit nur wenigen Requisiten angedeuteten Orten wie dem Arbeitszimmer oder einer Garderobe besteht. Die Geräuschkulisse versetzt uns an die Orte des Geschehens: London, Moskau oder New York.
    Eindrückliche Geschichtsstunde
    Robesons Leben wird jenseits der eigentlichen Biografie aber auch zur Vorlage für eine eindrückliche Geschichtsstunde.
    "Mr. Robeson, you are here because you're part of the council of African affairs and its communist call..." "No! I am here because I am an artist and a scholar."
    "The Tallest Tree in the Forest" erzählt nichts Neues. Künstlerisch wird hier kein Risiko eingegangen und ästhetisch wird auf Nostalgie gesetzt. Trotzdem lernt man gebannt die Perspektive eines Mannes kennen, der von der amerikanischen Regierung mundtot gemacht werden sollte. Und der auch deshalb heute fast völlig vergessen ist. Ein Akademiker erklärt am Anfang des zweiten Aktes, dass die Kombination aus dem Kampf für die Aufhebung der Rassendiskriminierung und der Organisation von Arbeitern für bessere Arbeitsbedingungen eine tödliche Mischung sei. Sie kostete Martin Luther King und Malcolm X das Leben und Paul Robeson seine Karriere. Der Abend zeigt, dass er doch nicht ungehört geblieben ist. Großer Applaus für einen stimmgewaltigen Daniel Beaty.