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"New York Times"
Mit Blockchain Fotos authentifizieren

Digitale Bildbearbeitung ist dank Smartphone und Co. heute kinderleicht. In den Sozialen Netzwerken verbreiten sich gefälschte Fotos schnell - aber auch Bilder, die aus dem Zusammenhang gerissen wurden. Die „New York Times“ forscht an einer Lösung, bei der die Blockchain-Technologie helfen könnte.

Von Sinje Stadtlich |
Ein Mann schaut mit gesenktem Kopf auf sein Smartphone
"Menschen treffen die Entscheidung, ob sie einem Foto vertrauen, in Sekundenbruchteilen", meint Scott Lowenstein von der "New York Times" (imago / Future Image / R. Schmiegelt)
Ein Hai schwimmt einen überfluteten Freeway entlang – offenbar fotografiert aus einem Autofenster. Dieses Bild taucht nach fast jedem Wirbelsturm in den USA wieder in den Sozialen Netzwerken auf, mit Kommentaren wie "kaum zu glauben, aber wahr". Tatsächlich ist das Foto nicht echt, sondern eine Montage.
Problematisch seien auch Fotos, die zwar unbearbeitet sind, aber aus dem Zusammenhang gerissen – so Psychologin Lisa Fazio, die an der Vanderbilt University in Nashville dazu forscht, wie Menschen Informationen verarbeiten.
"Es passiert ständig, dass jemand alte Fotos – jetzt gerade zum Beispiel von bereits vergangenen Demonstrationen – postet, so als wären sie aktuelle Nachrichten. Die Nutzer denken, dass diese Gewalt, die sie sehen, letzte Nacht in einer Stadt in ihrer Nähe stattgefunden hat – tatsächlich sind die Bilder aber drei oder vier Jahre alt. Diese Fotos im falschen Kontext sind ein sehr einfacher Weg, das Publikum fehlzuleiten."
Würfel bilden den Schriftzug "Fake News" auf einer Computer-Tastatur.
Umgang mit gefälschten Bildern - Fakes aus Krisenregionen
Für Medien ist der Kampf gegen gefälschte Bilder und Videos zur wichtigen Aufgabe geworden. Das News Lab des Schweizer Fernsehens und das ARD-Studio Kairo suchen nach Lösungen.
Um gegen solche Falschinformationen anzugehen, hat die "New York Times" zusammen mit IBM das sogenannte "News Provenance Project" gestartet. Ihre Forscher haben ein Modell eines sozialen Netzwerkes erarbeitet, das zusätzlich zu jedem Foto noch weitere Informationen – oder Metadaten – anzeigt: Wer hat dieses Foto wann wo aufgenommen, wo wurde es bereits veröffentlicht?
Blockchain zur Speicherung der Metadaten
Scott Lowenstein von der Entwicklungsabteilung der "New York Times": "Wir wollen mehr Kontext-Informationen geben. Statt zu sagen: Ich, die 'New York Times', sage dir, dieses Foto ist falsch, wollen wir eher darauf hinweisen: Dieses Foto kommt von der 'Times' oder einer anderen lokalen Quelle. Hier sind weitere Informationen dazu, entscheide selbst, ob du das Foto glaubwürdig findest."
Die Metadaten werden mit einer quasi fälschungssicheren und sehr transparenten technischen Lösung, genannt Blockchain, zusammen mit dem Foto gespeichert.
Auf einem Handy ist das Bitcoin-Logo zu sehen.
Mit Blockchain Probleme der Digitalisierung lösen
Blockchain, das mathematische Verfahren, auf dem Bitcoin aufsetzt, ist umstritten. In Sachen Sicherheit und Transparenz aber ist es ungeschlagen – und gibt uns die Hoheit über unsere digitale Identität zurück.
Jedes einzelne Mal, wenn das Foto nun irgendwo im Internet auftaucht, sind die Metadaten dabei und werden den Usern angezeigt - im Projekt der "New York Times" als kleiner Balken unter dem Bild.
Projekt in der Testphase
Das Team hat sein Modell mit verschiedenen Nutzern getestet um herauszufinden, welche Informationen ihnen genau helfen, das Foto besser einzuschätzen.
Lowenstein: "Wenn wir den Leuten gesagt haben, die Daten werden über Blockchain gespeichert, mit Kryptographie, dann haben sie das nicht verstanden und es hat ihr Vertrauen nicht erhöht. Sie wollen bei einem Foto eher wissen: Wer, was, wo, wann, warum?"
Grundsätzlich kam die Idee der Forscher bei den Probanden sehr gut an. Noch befindet sich das Projekt in der Testphase und hat noch einige Hürden zu nehmen: Zum Beispiel müssten sich, damit es tatsächlich umgesetzt werden kann, sehr viele Akteure auf diese Metadaten-Speicherung einigen – vom Fotografen über die Medienunternehmen bis hin zu den Sozialen Netzwerken. Das erfordert viel Zeit und Kooperationsbereitschaft.
Eine Frage des Vertrauens
Außerdem müssten User bereit sein, sich zu jedem Bild im Netz noch die zusätzlichen Infos über seine Herkunft durchzulesen.
Das räumt auch Scott Lowenstein ein: "Menschen treffen die Entscheidung, ob sie einem Foto oder einem Posting vertrauen, in Sekundenbruchteilen. Sie tun das anhand von Fragen wie: Interessiert mich das, ist das ein Witz, stimmt das mit meiner Weltsicht überein? Also können wir nicht bei jedem einzelnen Katzenfoto eingreifen – wir wollen nur in den wichtigsten Fällen ein Werkzeug zur Verfügung stellen, das den Usern ganz unaufdringlich die wichtigsten Infos liefert."
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Forschung auch an Videos und Audios
Die Foto-Experiment ist nur ein Teil des "News Provenance Projects". Das "New York Times"-Team arbeitet außerdem an anderen Authentifikations-Projekten für Videos, Audios und Fotos – und tatsächlich daran, das alles auch umzusetzen.
Forscherin Lisa Fazio hält die ersten Ergebnisse für vielversprechend: "Ich finde die Idee des 'News Provenance Project' sehr gut. Dieses Anzeigen zusätzlicher Details kann den Nutzern helfen, zu erkennen, dass sie hier keine Eindrücke einer aktuellen Situation sehen. Anstatt viel Geld auszugeben, um technisch sehr komplizierte Formen der Falschinformation zu bekämpfen, sollten wir uns wirklich lieber auf diese simple Form der aus dem Kontext gerissenen Fotos konzentrieren, die bei jedem Großereignis wieder auftritt, die viele Leute betrifft und für die es Lösungen geben kann."