"Es geht darum, das Image aufzupolieren. Aber es ist nicht der einzige Grund. Es geht hier auch um wirtschaftliche Diversifizierung und vor allen Dingen auch darum, den jungen Menschen vor Ort in Saudi-Arabien ein bisschen Brot und Spiele zu geben und sie auch teilhaben zu lassen an dem großen Sportbusiness", erklärt der Politikwissenschaftler Sebastian Sons zur Übernahme eines saudi-arabischen Staatsfonds von 80 Prozent der Anteile von Newcastle United. "Fußball ist enorm populär in Saudi-Arabien sowie in der gesamten arabischen Welt. Das heißt, es ist nicht nur Sportswashing, aber eben auch."
Sons ist politischer Analyst für Saudi-Arabien und die Golf-Staaten. Er erklärt, wie eng der Fonds, der die Newcastle-Anteile kaufte, mit dem autoritären Regime Saudi-Arabines verstrickt ist: Kronprinz Mohammed bin Salman ist Vorsitzender des Fonds. Um ein Ende der massiven Kritik am Engagement Saudi-Arabiens herbeizuführen, bräuchte es viele Reformen, meint Sons. "Und das kann, will und wird Saudi-Arabien auch gar nicht leisten."
"Premier League legt weniger Wert auf die politische Transparenz"
Möglich wird der Deal nun, weil ein Konflikt zwischen Katar und Saudi-Arabien zur Sportübertragungen beigelegt wurde. Die Premier League genehmigte den Verkauf, nachdem die möglichen Verstrickungen beendet waren, obwohl staatliche Einflussnahme sehr wahrscheinlich ist: "Die Premier League legt hier eben Wert auf ihre Marke. Und auf das Geld, das sie damit einnehmen kann und weniger auf die politische Transparenz", sagt Sons.
Die saudische Staatsführung habe mit dem Projekt längerfristige Pläne: "Es geht darum, dass man eine Vermarktungsstrategie aufbaut. Es geht darum, dass man eventuell auch ein internationales Franchise aufbaut. Saudi-Arabien hat Interesse an anderen Fußballklubs in Europa, aber auch außerhalb. Das heißt, es wird hier nur ein Start sein, ein Beginn sein. Und was man auch nicht vergessen darf: Newcastle ist ein interessanter Investitionsstandort, auch als Stadt geografisch interessant gelegen, könnte auch logistisch eine große Bedeutung spielen. In Immobilien könnten die Saudis stärker investieren. All das hat Manchester auch hervorgebracht, als sich die Emirate da engagiert haben. Das heißt, wir haben das alles vor einigen Jahren schon mal erlebt. Und Saudi-Arabien versucht, hier den emiratischen Weg zu kopieren."
"Man möchte um Medaillen mitspielen"
Auch im Inneren Saudi-Arabines gibt es langfristige Ziele, die der Einstieg in Newcastle ermöglichen solle, sagt Sons: "Die Menschen sollen selbst Sport treiben. Man darf nicht vergessen Zivilisationskrankheiten - Diabetes, Übergewicht et cetera - sind in allen Golfstaaten wirklich ein massives Problem. Und dagegen möchte der saudische Staat vorgehen und möchte dementsprechend auch Angebote im eigenen Land schaffen. Man will irgendwann im Profisport auch als Land selbst erfolgreich sein. Man möchte um Medaillen mitspielen bei Olympischen Spielen. Man möchte natürlich irgendwann auch Saudi-Arabien als Fußballstandort en vogue machen und selber auch tatsächlich bei Fußballturnieren erfolgreich sein. Dafür braucht man eine Infrastruktur im eigenen Land. Und die versucht man jetzt auch aufzubauen."
Der Vorteil gegenüber den ähnlichen Projekten Katars und der Vereinigten Arabischen Emiraten: Saudi-Arabien ist größer, hat mehr Einwohner und ist damit selbst als Land ein interessanterer Markt.