Archiv

Newsblog zum Krieg in der Ukraine
Die Entwicklungen vom 7. bis 9. Juni 2022

+++ Die Bundesregierung kritisiert die Todesurteile gegen drei ausländische Kämpfer in der Ost-Ukraine. +++ Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir hat der Ukraine deutsche Hilfe zugesichert. +++ In der Ost-Ukraine hält die Schlacht um Sjewjerodonezk an. +++ Mehr im Newsblog.

10.06.2022
    Zwei britische Staatsbürger und ein marokkanischer Staatsbürger sitzen hinter Gittern in einem Gerichtssaal in Donezk.
    Das Oberste Gericht der separatistischen Donezker Volksrepublik hat drei ausländische Kämpfer in den Reihen der ukrainischen Streitkräfte als Söldner zum Tode verurteilt. (AP/dpa/dpa-Bildfunk)
    Zu den aktuellen Entwicklungen geht es hier.

    Donnerstag, 9. Juni

    +++ Die von der Regierung in Moskau unterstütze selbsternannte "Volksrepublik" Luhansk will Getreide aus eingenommenen Gebieten mit der Bahn nach Russland liefern.

    Das berichtet die Staatsagentur Tass. "Morgen ist ein historischer Moment - die ersten Waggons mit Getreide werden nach Russland fahren, 50 Waggons, mehr als 3000 Tonnen", zitiert Tass Landwirtschaftsminister Juri Pronko. Laut Tass lagern 300.000 Tonnen Weizen und 200.000 Tonnen Sonnenblumenkerne in Speichern in "befreiten" Gebieten. Die Ukraine wirft Russland vor, Getreide aus eroberten Gebieten zu stehlen.
    Ein Weizenfeld in der Nähe von Luhansk
    Vor allem in den Regionen Luhansk und Donezk ist der Getreideanbau normalerweise in vollem Gange. (picture alliance/dpa/TASS | Alexander Reka)

    +++ Russlands Staatschef Putin hat den von ihm befohlenen Krieg gegen die Ukraine auf eine Ebene mit dem Großen Nordischen Krieg unter Russlands Zar Peter I. gestellt und von einer Rückholaktion russischer Erde gesprochen.

    Dieser habe das Gebiet um die heutige Millionenstadt St. Petersburg nicht von den Schweden erobert, sondern "zurückgewonnen", sagte Putin laut der Staatsagentur Interfax und zog dabei Parallelen zum Krieg gegen die Ukraine: "Offenbar ist es auch unser Los: Zurückzuholen und zu stärken. Putin begründete den Krieg gegen die Ukraine einerseits mit der Unterdrückung der russischsprachigen Bevölkerung im Land. Andererseits verwehrte er aber auch der Ukraine das grundsätzliche Bestandsrecht und meldete Besitzansprüche auf große Teile des Landes an, die historisch gesehen russisches Herrschaftsgebiet gewesen seien. Peter der Große hatte mit Eroberungen im Norden Russland einen Zugang zur Ostsee sicherte - als so genanntes "Fenster nach Europa". Seit dieser Zeit habe sich fast nichts geändert, behauptete Putin nun. Auch damals habe kein europäischer Staat das Gebiet als russisch anerkannt. "Dabei haben dort seit Jahrhunderten neben den finno-ugrischen Stämmen auch Slawen gelebt", erklärte der Kremlchef.

    +++ Die russischen Energie-Einnahmen dürften nach Einschätzung eines US-Regierungsvertreters derzeit höher sein als kurz vor dem Ukraine-Krieg.

    Grund dafür sei, dass die weltweiten Preisanstieg die Auswirkungen der westlichen Sanktionen zur Beschränkung der Energieverkäufe wettmachten, sagte der US-Sondergesandte für Energiesicherheit, Amos Hochstein, zu amerikanischen Abgeordneten bei einer Anhörung. Zudem sei der Anstieg der globalen Ölnachfrage seitens der Verbraucher im Zuge der Abschwächung der Corona-Pandemie stärker ausgefallen als man vorhergesagt habe. Dies habe auch zu Preissprüngen geführt. Zugleich sei es Russland gelungen, Öl mit Rabatt an andere Abnehmer zu verkaufen.

    +++ Das Außenministerium in Moskau warnt, Cyber-Angriffe auf russische Infrastruktur könnten zu einer direkten militärischen Konfrontation mit dem Westen führen.

    Das Ministerium erklärt, es habe Attacken auf staatliche Einrichtungen und wichtige Infrastruktur-Bereiche gegeben. Die Verantwortlichen säßen in den USA und in der Ukraine. Am Wochenende war die Internet-Seite des Bauministeriums gehackt worden. Eine Internet-Suche nach dem Ministerium führte zu einer Seite mit der Losung "Ruhm der Ukraine".
    Eine Hackersoftware ist auf einem Laptop geöffnet.
    Eine Hackersoftware ist auf einem Laptop geöffnet. (picture alliance/dpa | Silas Stein)

    +++ Finnlands Regierung bereitet ein Gesetz vor, um die Grenze zu Russland mit dem Bau eines Zauns stärker sichern zu können.

    Damit reagiert Finnland auf Befürchtungen, Russland könne als Teil einer hybriden Kriegsführung gezielt Migranten anlocken, um sie zum Grenzübertritt nach Finnland beziehungsweise in die EU zu bewegen. Dies hat Belarus in der Migrationskrise an der Grenze zu Polen, Litauen und Lettland vorgemacht. Die Regierung werde auf Rat des Grenzschutzes entscheiden, an welchen Stellen der 1300 Kilometer langen Grenze zu Russland Barrieren angebracht werden sollten, sagt Innenministerin Krista Mikkonen.
    Stacheldrahtzäune an Landesgrenzen.
    Stacheldrahtzäune an Landesgrenzen. (www.imago-images.de/NurPhoto)

    +++ Zwei Briten und ein Marokkaner, die für die Ukraine gekämpft haben, sind von einem Gericht in der pro-russischen Separatisten-Region Donezk zum Tode verurteilt worden.

    Das meldete die Nachrichtenagentur RIA aus Moskau. Danach sprach das Gericht die drei Männer schuldig, Schritte unternommen zu haben, um einen Machtwechsel mit Gewalt herbeizuführen. Ihnen werden Söldneraktivitäten und Terrorismus zur Last gelegt. Die Beschuldigten kündigten Berufung gegen das Urteil an. Dafür haben sie einen Monat Zeit. In Russland gilt ein Moratorium auf die Todesstrafe, in den Separatistenregionen hingegen nicht.

    +++ Bei Kämpfen gegen die russischen Streitkräfte werden nach Angaben aus Kiew täglich bis zu 100 ukrainische Soldaten getötet.

    Zudem gebe es jeden Tag etwa 500 Verletzte in den ukrainischen Einheiten, sagte der ukrainische Verteidigungsminister Resnikow. Vor allem die Lage an den Frontlinien in der östlichen Donbass-Region sei schwierig. Auch Russland erleide hohe Verluste. "Doch der Kreml übt weiter Druck mit schierer Masse aus", betonte Resnikow. Der Westen habe der ukrainischen Armee inzwischen soviel Munition geliefert, dass der aktuelle Bestand höher sei als zu Kriegsbeginn am 24. Februar, schrieb Resnikow auf Facebook. Es seien auch hunderte Panzer und Schützenpanzer zur Unterstützung der Ukraine bereitgestellt worden.

    +++ Die russische Regierung plant eigenen Angaben zufolge keine neuen Gas-Lieferstopps in weitere Länder.

    Das Zahlungssystem in Rubel funktioniere, sagte Kreml-Sprecher Peskow der Nachhrichtenagentur Interfax. Diejenigen, die Gas erhielten, arbeiteten bereits nach dem neuen System. Machthaber Putin hatte das neue Zahlungssytem Ende März als Reaktion auf die Sanktionen des Westens angeordnet. Die Kunden können bei einer an die staatlichen Öl-Konzern Gazprom angegliederte Bank ein Konto eröffnen, auf dem Zahlungen in Euro oder Dollar in Rubel umgerechnet werden.
    Polen, Bulgarien, Finnland, die Niederlande und Dänemark weigern sich, das neue System zu akzeptieren und bekommen deshalb keine Gaslieferungen mehr aus Russland. In Deutschland ist Shell Energy Europe von dem Lieferstopp betroffen. Damit fallen 1,2 Milliarden Kubikmeter Gas weg - diese Menge sei für die Versorgungssicherheit Deutschlands aber nicht relevant, heißt es von der Bundesregierung.

    +++ Seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine sind nach UNO-Angaben in ganz Europa fast fünf Millionen Ukrainer als Flüchtlinge registriert worden.

    "Der Krieg in der Ukraine hat eine der größten Flüchtlingskrisen der Welt ausgelöst", teilte das UNO-Flüchtlingshilfswerk UNHCR in Genf mit. Ein Datenportal der UNO-Organisation zur Lage in der Ukraine zeigt, dass seit dem 24. Februar insgesamt mehr als 4.816.000 Ukrainer in 44 europäischen Ländern als Flüchtlinge gezählt wurden. Tatsächlich haben aber vermutlich weitaus mehr Menschen das Land verlassen: Den Daten des UNHCR zufolge fanden bis zum 7. Juni mehr als 7,3 Millionen Grenzübertritte aus der Ukraine statt.

    +++ Eine Evakuierung der seit Wochen schwer umkämpften Stadt Sjewjerodonezk in der Ostukraine ist nach Angaben des Bürgermeisters nicht mehr möglich.

    Etwa 10.000 Zivilisten seien noch in der Stadt, sagte Bürgermeister Olexander Strjuk. Sjewjerodonezk soll sich nach ukrainischen Angaben weitgehend unter russischer Kontrolle befinden. Nur das Industriegebiet und angrenzende Gebiete seien noch in der Hand ukrainischer Kräfte. Der Bürgermeister sprach von einer schwierigen Lage. Sjewjerodonezk war bislang die letzte größere Stadt in der Region Luhansk, die sich noch unter ukrainischer Kontrolle befand.
    Rauchsäule über der ostukrainischen Stadt Sjewjerodonezk
    Rauchsäule über der ostukrainischen Stadt Sjewjerodonezk (AFP/ARIS MESSINIS)

    +++ Russland hat parallel zu einem Nato-Manöver in der Ostsee eigene Militärübungen mit mehreren dutzend Kriegsschiffen abgehalten.

    An den Manövern waren nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums rund 60 Schiffe sowie 40 Flugzeuge und Hubschrauber der Baltischen Flotte beteiligt. Die Truppenübungen fanden auch an Land in der russischen Enklave Kaliningrad statt.

    +++ Bundesjustizminister Buschmann hat sich offen dafür gezeigt, russische Oligarchen zu enteignen und deren Vermögen für den Wiederaufbau der Ukraine zu nutzen.

    Man müsse einen Unterschied zwischen staatlichem und privatem Vermögen machen, sagte der FDP-Politiker am Rande eines EU-Treffens in Luxemburg. Bei Privatvermögen bestehe die Möglichkeit, Vermögensgegenstände "abzuschöpfen". Voraussetzung sei, dass vor Gericht nachgewiesen werde, dass Verdächtige etwa an Kriegsverbrechen oder der illegalen Kriegsführung beteiligt waren. Russland sei für schreckliche Kriegsschäden in der Ukraine verantwortlich, sagte Buschmann. Der Wiederaufbau des Landes werde viel Geld kosten. Deshalb müsse darüber diskutiert werden, wie man Russland daran beteilige. - Die EU-Kommission hatte im vergangenen Monat vorgeschlagen, das Umgehen von Sanktionen in allen EU-Staaten als Straftat zu definieren. In derlei Fällen sollten Oligarchen enteignet werden können.

    +++ Russische Truppen sind nach Angaben britischer Geheimdienste in den vergangenen Tagen in Richtung der ostukrainischen Stadt Isjum vorgerückt.

    Wie das Verteidigungsministerium in London mitteilte, werden zudem verstärkte Angriffe in der Region beobachtet. Isjum liegt im Gebiet Charkiw, das an die mittlerweile fast vollständig vom russischen Militär eingenommene Region Luhansk grenzt.

    +++ Bundesgesundheitsminister Lauterbach will bei einem Besuch in der Ukraine deutsche Hilfe bei der Versorgung von Verletzten anbieten.

    Dies kündigte der SPD-Politiker im Deutschlandfunk an. Dabei gehe es einerseits um Behandlungen in Deutschland, aber auch um die Versorgung Verletzter in dem kriegsgeplagten Land selbst. Lauterbach nannte konkret Hilfen für Menschen mit schweren Verbrennungen sowie für Menschen, die im Krieg Gliedmaßen verloren haben.

    +++ NATO-Generalsekretär Stoltenberg hat seinen für heute geplanten Besuch in Berlin abgesagt.

    Darüber habe kurzfristig informiert, teilte das Bundesverteidigungsministeriums mit. Grund für die Absage ist nach Auskunft eines NATO-Sprechers eine Erkrankung. Stoltenberg wollte in Berlin Kanzler Scholz und Verteidigungsministerin Lambrecht treffen. Stattdessen ist nun eine Videokonferenz geplant. Hauptthema soll die Vorbereitung des NATO-Gipfels Ende Juni in Madrid sein.

    +++ Der Vorsitzende der Monopolkommission, Kühling, hält die Einführung einer Übergewinnsteuer für Mineralölkonzerne für überlegenswert.

    Aus ökonomischer Sicht sei das vorzugswürdig, da der Ansatz nicht in die Preisbildung eingreife und somit die Knappheitssignale der Preise erhalte, sagte der Chef des Beratergremiums der Bundesregierung der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Einnahmen könnten dann zur Abfederung der Preissteigerungen vor allem für ärmere Familien eingesetzt werden. Zugleich warnte Kühling vor einer Abschaffung des umstrittenen Tankrabatts. Dies würde die Spritpreise weiter nach oben treiben. Der Branchenverband "Fuels & Energie" hatte zuvor beteuert, der durch Steuersenkungen finanzierte Tankrabatt werde an die Kunden weitergegeben. Kein Cent davon lande bei den Mineralölgesellschaften, sagte Verbandssprecher von Gersdorff. Ohne die Steuersenkung würde der Literpreis etwa für Super E10 wegen der Marktlage heute bei 2,30 Euro liegen. Im Schnitt liegt er derzeit bei 2 Euro.
    Zapfsäulen an einer Tankstelle
    Zapfsäulen an einer Tankstelle (picture alliance / Geisler-Fotopress | Christoph Hardt/Geisler-Fotopres)

    +++ Russische Truppen sind nach Angaben britischer Geheimdienste in den vergangenen Tagen in Richtung der ostukrainischen Stadt Isjum vorgerückt.

    Wie das Verteidigungsministerium in London mitteilte, werden zudem verstärkte Angriffe in der Region beobachtet. Isjum liegt im Gebiet Charkiw, das an die mittlerweile fast vollständig vom russischen Militärs eingenommene Region Luhansk grenzt. In der dort noch teilweise umkämpften Stadt Sjewjerodonezk konzentrieren sich die Angriffe Russlands offenbar auf die Chemiefabrik Azot. Sie soll der letzte Teil der Stadt sein, der von ukrainischen Truppen gehalten wird. Zudem wird die Anlage offenbar von Hunderten Zivilisten als Luftschutzbunker genutzt. Die Situation erinnert an die Einkesselung des Asow-Stahlwerks vor der russischen Einnahme der Hafenstadt Mariupol.

    +++ Der Kieler Experte für maritime Sicherheit, Johannes Peters, hält ein Mandat der Vereinten Nationen zur Lösung der Blockade ukrainischer Häfen durch Russland für zielführend.

    Im Idealfall würde die Räumung der Seeminen unter einem UNO-Mandat laufen, sagte Peters vom Institut für Maritime Sicherheit an der Universität Kiel im Deutschlandfunk. Diesen Vorschlag könnte Russland schwer ablehnen. Es drohe eine Hungerkatastrophe in Afrika und Asien - daher handele es sich um ein globales Problem. Peters sagte, auch die NATO und die EU verfügten über Fähigkeiten zur Minenräumung. Dies würde Russland aber schwer akzeptieren. Peters betonte, die ukrainische Marine habe diese Fähigkeit nicht. Sie wäre auf jeden Fall auf internationale Hilfe angewiesen.
    Ein Schiff liegt im Hafen der Schwarzmeerstadt Odessa.
    Hafen der Schwarzmeerstadt Odessa (IMAGO/YAY Images)

    +++ Vor dem Hintergrund des Ukraine-Kriegs hat die Welthungerhilfe davor gewarnt, Hunger als Waffe und Druckmittel einzusetzen.

    Generalsekretär Mogge sagte dem Redaktionsnetzwerk Deuschland, die in der Ukraine gelagerten Getreidemengen müssten ohne Vorbedingungen so schnell wie möglich auf den internationalen Markt gelangen. Weltweit spitze sich die Situation täglich zu. Die betroffenen Länder bräuchten zusätzliche langfristige finanzielle Unterstützung, um die eigene Nahrungsmittelproduktion zu erhöhen und Abhängigkeiten zu verringern. Das auf dem G7-Gipfel Ende Juni diskutierte Bündnis für Ernährungssicherheit könnte dafür einen Rahmen bilden.

    +++ Im Osten der Ukraine befindet sich die strategisch wichtige Stadt Sjewjerodonezk nach wochenlangen Kämpfen weitgehend unter russischer Kontrolle.

    Das teilte der ukrainische Gouverneur der Region Luhansk mit. Die russische Armee bombardiere die Stadt rund um die Uhr, sagte er in einem ukrainischen TV-Sender. Das Industriegebiet der Stadt würden dagegen noch ukrainische Streitkräfte halten. Sjewjerodonezk war neben dem benachbarten Lyssytschansk die letzte größere Stadt in der Region Luhansk, die noch von der Ukraine kontrolliert wurde. Auch in Lyssytschansk gebe es enorme Zerstörungen, so der Gouverneur.

    +++ Polens Präsident Duda kritisiert Bundeskanzler Scholz und Frankreichs Präsident Macron für Gespräche mit Putin.

    "Diese Gespräche bringen gar nichts", kritisierte Duda in einem "Bild"-Interview. Die Situation sei ähnlich wie mit Adolf Hitler im Zweiten Weltkrieg. "Und hat jemand während des Zweiten Weltkrieges auf diese Weise mit Adolf Hitler gesprochen?", fragte Duda. "Sagte jemand, dass er sein Gesicht bewahren muss? Dass man es so machen müsse, dass es nicht erniedrigend ist für Adolf Hitler?" Solche Stimmen kenne er nicht.
    Die Präsidenten Polens und der Ukraine, Andrzej Duda und Wolodymyr Selenskyj
 (v.l.), während eines Besuchs Dudas in Kiew, aufgenommen am 22.05.2022
    Die Präsidenten Polens und der Ukraine, Andrzej Duda und Wolodymyr Selenskyj (v.l.), während eines Besuchs Dudas in Kiew, aufgenommen am 22.05.2022 (Imago/ xPavlo_Bagmutx)

    +++ Die Ukraine und Russland haben die Leichen von 50 weiteren Soldaten ausgetauscht.

    Unter den getöteten Ukrainern seien 37 Menschen, die sich an der Verteidigung des Azovstal-Werks beteiligt hätten, teilte das ukrainische Ministerium für die Wiedereingliederung der vorübergehend besetzten Gebiete in Kiew mit. Die Kämpfer hatten im Stahlwerk Azovstal in Mariupol die Stellung gehalten, bis Kiew die Stadt im Mai aufgab. Der Austausch fand nach ukrainischen Angaben entlang der Frontlinie im Gebiet Saporischschja im Süden des Landes statt.

    Mittwoch, 8. Juni

    +++ Russlands Krieg in der Ukraine hat der UNO zufolge zusammen mit anderen Krisen zu den größten Kostensteigerungen seit einer Generation geführt.

    Für Menschen auf der ganzen Welt drohten eine beispiellose Welle von Hunger und Elend sowie ein soziales und wirtschaftliches Chaos, hieß es in einem Bericht der Vereinten Nationen. Weltweit seien 1,6 Milliarden Personen von der vielschichtigen Krise aus Krieg, Covid-19 und Klimawandel betroffen. UNO-Generalsekretär Guterres erklärte, es gibt nur einen Weg, diesen aufziehenden Sturm zu stoppen: Die russische Invasion in der Ukraine müsse beendet werden.

    +++ Bundesgesundheitsminister Lauterbach bricht morgen zu einer Reise in die Ukraine auf.

    Das kündigte der SPD-Politiker bei einem von der "Rheinischen Post" veranstalteten Ärzte-Netzwerktreffen in Düsseldorf an. Er werde sich dort mit dem ukrainischen Gesundheitsminister treffen. Ihm gehe es unter anderem darum, wie verletzte Menschen besser versorgt werden könnten. Er wolle herausfinden, wie Menschen, die im Krieg Beine oder Arme verloren hätten, besser mit Prothesen ausgestattet werden könnten, sagte Lauterbach. Besonders gehe es auch um verletzte Kinder. Lauterbach nannte den russischen Krieg gegen die Ukraine einen "barbarischen, vernichtenden und ungerechten Angriffskrieg". Er betonte: "Das ist ohne Zivilisation und muss verurteilt werden in jeder Form."

    +++ Wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine bleibt Russland im Arktischen Rat isoliert.

    "Wir beabsichtigen eine begrenzte Wiederaufnahme unserer Arbeit im Arktischen Rat in Projekten, die keine Beteiligung der Russischen Föderation beinhalten", teilten die restlichen Mitglieder Schweden, Dänemark, Finnland, Island, Kanada, Norwegen und die USA mit. Anfang März hatten die Regierungen der Länder erklärt, dass sie ihre Teilnahme an Aktivitäten des Rats aussetzen. Russland hält derzeit den Vorsitz im Arktischen Rat. Das Gremium gilt als wichtigstes Forum zur Zusammenarbeit in der Region rund um den Nordpol. Deutschland hat einen Beobachterstatus.

    +++ Seit Beginn des Krieges haben nach Angaben der Vereinten Nationen mehr als sieben Millionen Menschen die ukrainische Grenze überschritten.

    Allerdings ist unklar, wie viele dieser Grenzübertritte Flüchtlinge sind und wie viele Menschen aus anderen Gründen das Land zeitweise verlassen haben. Die Zahl der Flüchtlinge in Europa wurde mit gut 4,7 Millionen angegeben. Die meisten Menschen haben sich in Polen, Russland und der Republik Moldau in Sicherheit gebracht.
    Ukrainisch-Polnische Grenze am 22. März 2022: Auch internationale Studierende gehören zu den Kriegsflüchtlingen
    Ukrainisch-Polnische Grenze am 22. März 2022: Auch internationale Studierende gehören zu den Kriegsflüchtlingen (imago / NurPhoto / Beata Zawrzel)

    +++ Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine hat der polnische Grenzschutz 3,9 Millionen Einreisen aus dem Nachbarland registriert.

    Gestern kamen 22.100 Menschen über die Grenze nach Polen, wie die Behörde per Twitter mitteilte. In die umgekehrte Richtung überquerten 21.300 Menschen die Grenze aus Polen in die Ukraine. Insgesamt sind seit Kriegsbeginn am 24. Februar rund 1,92 Millionen von Polen aus in die Ukraine eingereist. Dabei handelte es sich nach Angaben der Behörden zum Großteil um ukrainische Staatsbürger.

    +++ Der ukrainische Verband der Getreidehändler hat die Bemühungen der Türkei um eine Wiederaufnahme der Exporte über das Schwarze Meer zurückgewiesen.

    Ankara habe nicht ausreichend Einfluss, um eine Vereinbarung mit Russland zu vermitteln und deren Einhaltung zu garantieren, sagte der Verbandsvorsitzende Iwaschtschenko. Die Ukraine würde es vorziehen, wenn Nato-Schiffe ins Schwarze Meer einführen und als Garanten dienten. Iwaschtschenko warf Russland vor, Seeminen in dem Gebiet ausgelegt zu haben. Ihre Räumung werde drei bis vier Monate dauern.

    +++ Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Schwesig (SPD) hat Verständnis für die Kritik an ihrem langen Engagement für die deutsch-russische Gaspipeline Nord Stream 2 geäußert.

    "Ich sehe das ja heute auch kritisch", sagte Schwesig der Wochenzeitung "Die Zeit". Aus heutiger Sicht sei der damalige Umgang mit Russland und das Festhalten am Bau der umstrittenen Gasleitung ein Fehler gewesen. "Wir und ich dachten, ein Dialog kann Dinge zum Guten verändern. Das war in diesem Fall leider ein Irrtum", bekannte Schwesig.

    +++ Die Organisation SOS-Kinderdörfer bietet ukrainischen Kindern und Jugendlichen psychosoziale Hilfe über das Smartphone an.

    Der "SOS-Krisenchat Ukraine" mit ukrainisch- und russischsprachigen Beratungspersonen soll junge Geflüchtete kostenlos rund um die Uhr unterstützen. In Deutschland sind demnach rund 300.000 minderjährige Geflohene aus der Ukraine registriert. Der Krisenchat ist auch aus anderen Ländern erreichbar, etwa aus Polen oder der Ukraine selbst. Ein Großteil der Kinder und Jugendlichen habe traumatische Erfahrungen gemacht, erklärte SOS-Kinderdörfer-Sprecher Boris Breyer.
     Eine Mutter hält auf dem Berliner Hauptbahnhof ihren schlafenden Sohn auf dem Arm.
    Vor allem die vielen Kinder aus der Ukraine vermissten ihre Heimat, sagte Linda Mai (picture alliance / SULUPRESS.DE)

    +++ Die Bundesregierung will sich besser gegen Cyberangriffe aus Russland schützen.

    Wie der Beauftragte für Informationstechnik, Richter, im Deutschlandfunk sagte, ist es das Ziel Russlands, den Westen auch mit digitalen Mitteln zu destabilisieren. Zudem könnten Angriffe auf ukrainische Kommunikation in der vernetzten Welt auch deutsche Systeme treffen. Für deutlich höhere Standards in der Gefahrenabwehr Deutschlands braucht es nach Ansicht des Regierungsbeauftragten eine Investition von mehreren Milliarden Euro. Bundesinnenministerin Faeser werde in den kommenden Wochen ein Maßnahmenpaket dazu vorlegen.

    +++ Norwegen liefert der Ukraine 22 Panzerhaubitzen.

    Dazu gehörten auch Ersatzteile, Munition und andere Ausrüstung, wie das norwegische Verteidigungsministerium mitteilte. "Die norwegische Regierung hat mit der öffentlichen Bekanntgabe der Lieferung aus Sicherheitsgründen gewartet. Künftige Lieferungen dürfen nicht angekündigt oder kommentiert werden", hieß es weiter.

    +++ Die ukrainischen Truppen in Sjewjerodonezk halten nach Angaben des Generalstabes der Ukraine dem russischen Sturm auf die Stadt erfolgreich stand.

    Sie wehrten auch die Angriffe auf die Orte Toschkiwka und Ustyniwka weiter im Süden ab. Eine unabhängige Bestätigung dafür ist zunächst nicht möglich.
    Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine am 24. Februar sind 100 Tage vergangen. Russland hat nach ukrainischen Angaben ein Fünftel des Landes erobert, eine Waffenruhe ist nicht in Sicht. Ein Überblick über die wichtigsten Ereignisse.

    +++ Kulturstaatsministerin Roth hat sich dafür ausgesprochen, der Ukraine den Status eines EU-Beitrittskandidaten einzuräumen.

    Die Ukraine sei Teil der europäischen Familie und die europäische Union habe eine Verantwortung für das Land, sagte die Grünen-Politikerin im Deutschlandfunk . Eine mögliche Aufnahme in die EU sollte allerdings ihren normalen Weg gehen und nicht abgekürzt werden. Roth war gestern zu Besuch in der ukrainischen Hafenstadt Odessa.

    +++ Das ukrainische Militär wirft Russland die Zerstörung von landwirtschaftlich genutzten Flächen in der Region Mykolaiw vor.

    "Diejenigen, die vorgeben, besorgt über die Welternährungskrise zu sein, greifen in Wirklichkeit Ackerland und Infrastrukturstandorte an", erklärt das Militärkommando im Süden der Ukraine auf Facebook. Es seien Brände von beträchtlichem Ausmaß ausgebrochen.

    +++ Seit der vollständigen Eroberung der südukrainischen Hafenstadt Mariupol durch russische Truppen sollen bereits über tausend ukrainische Kriegsgefangene nach Russland gebracht worden sein.

    Es handele sich um Soldaten, die sich im lange umkämpften Stahlwerk verschanzt und schließlich ergeben hätten, meldet die russische Staatsagentur Tass. Bald würden ihnen weitere Kriegsgefangene aus Mariupol folgen. Künftig beschäftigten sich die Strafverfolgungsbehörden in Russland mit ihnen, hieß es weiter. Moskau führt an, unter den Soldaten befänden sich viele Rechtsextremisten. Die ukrainische Regierung weist dies zurück und befürchtet, dass die Gefangenen gefoltert werden könnten.

    +++ Die russischen Separatisten im Donbass haben einen Prozess gegen ausländische Kämpfer in der ukrainischen Armee begonnen.

    Das Oberste Gericht der separatistischen Donezker Volksrepublik habe Anklage gegen zwei Briten und einen Marokkaner wegen Söldnertums erhoben, berichtete die russische staatliche Nachrichtenagentur Ria Nowosti. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft bereits erklärt, dass gegen die Angeklagten die Todesstrafe verhängt werden könne. Auf ukrainischer Seite kämpfen auch Freiwillige aus dem Ausland.

    +++ Die frühere Bundeskanzlerin Merkel plädiert für eine Verstärkung der militärischen Abschreckung gegenüber Russland.

    Das sei die einzige Sprache, die Präsident Putin verstehe, sagte Merkel bei ihrem ersten größeren öffentlichen Auftritt seit Ende ihrer Amtszeit in Berlin. Zugleich verteidigte sie sich gegen Kritik an einer zu nachsichtigen Russland-Politik ihrer Regierung. Diplomatie sei auch dann nicht falsch, wenn sie nicht gelinge, betonte die ehemalige Kanzlerin.
    Merkel sagte, Putin wolle die Europäische Union zerstören, weil er sie als Vorstufe zur Nato sehe. Merkel sprach von "Hass" und "Feindschaft" des russischen Staatschefs gegen das westliche demokratische Modell. Sie habe nie daran geglaubt, dass Putin durch Handel gewandelt werden könne. Zugleich räumte Merkel ein, dass man der Annexion der Krim durch Russland 2014 härter hätte begegnen können. Lesen Sie hier mehr.
    Porträt von Merkel mit Micro in der Hand.
    Altkanzlerin Merkel zu Gespräch im Berliner Ensemble (Fabian Sommer/dpa)

    +++ Der ukrainische Präsident Selenskyj hat eine Veröffentlichung von Daten über russische Kriegsverbrecher angekündigt.

    Er teilte in seiner allabendlichen Videoansprache mit, es gehe um ein nicht näher erläutertes "Informationssystem" mit konkreten Fakten zu konkreten Personen, die sich grausamer Verbrechen gegen Ukrainer schuldig gemacht hätten. Selenskyj verwies dabei auch auf Gräueltaten in dem Ort Butscha bei Kiew. Russland hatte die Hinweise auf dort verübte Kriegsverbrechen als Fälschungen zurückgewiesen.

    +++ Die Weltbank stellt der Ukraine zusätzliche Finanzhilfen zur Verfügung.

    Wie die Organisation mitteilte, bewilligte das Direktorium weitere knapp 1,5 Milliarden Dollar. Mit dem Geld sollen demnach Gehälter von Regierungsmitarbeitern und Beschäftigten im sozialen Bereich bezahlt werden. Damit erhöhe sich die bislang zugesagte Unterstützung für Kiew auf insgesamt über vier Milliarden Dollar. Unklar blieb zunächst, ob es sich bei den jüngsten Mitteln um Zuschüsse oder einen Kredit handelt.

    +++ Die Regierungschefs der baltischen Staaten begrüßen die von Bundeskanzler Scholz angekündigte Stärkung der NATO-Ostflanke in Litauen.

    Litauens Präsident Nauseda betonte, die baltischen Staaten lägen an der Frontlinie der NATO. Lettlands Regierungschef Karins sagte, die Aufstockung werde auch Estland und Lettland besser schützen. Scholz hatte bei einem Besuch in Litauens Hauptstadt Vilnius angekündigt, mehrere hundert zusätzliche deutsche Soldaten zum Schutz vor einem möglichen russischen Angriff in das Land zu schicken. Im Falle eines Angriffs werde man jeden Zentimeter des NATO-Territoriums verteidigen.

    Dienstag, 7. Juni

    +++ Bundeskanzler Scholz hat seine Telefonate mit Russlands Präsident Putin gegen Kritik verteidigt.

    Diese seien wichtig, um Putin immer wieder klar zu machen, dass seine Strategie des Angriffs auf die Ukraine nicht aufgehe, sagte Scholz in der litauischen Stadt Vilnius nach einem Treffen mit den Regierungschefs der drei baltischen Staaten. Der lettische Ministerpräsident Karins sagte, Russland müsse diesen Krieg verlieren. Wie auch der litauische Präsident Nauseda kritisierte er eine Bemerkung des französischen Präsidenten Macron, dass man Russland nicht demütigen dürfe.
    Scholz sagte Litauen eine Verstärkung der dortigen Bundeswehr-Präsenz im Rahmen der NATO zu. Das deutsche Engagement solle in Richtung einer robusten Kampfbrigade entwickelt werden. Derzeit ist ein von Deutschland geführtes NATO-Bataillon mit 1.600 Soldaten in Litauen stationiert, davon gehören mehr als 1.000 der Bundeswehr an.

    +++ Russische Soldaten haben nach Angaben von Verteidigungsminister Schoigu 97 Prozent der Region Luhansk in der Ostukraine eingenommen, darunter Wohnviertel der umkämpften Stadt Sjewjerodonezk.

    Derzeit werde versucht, auch die Kontrolle über ein Industriegebiet am Stadtrand sowie die umliegenden Städte zu gewinnen. Russland will offenbar die gesamte Region Donbass in der Ostukraine einnehmen. Diese besteht aus Luhansk und Donezk. Sjewjerodonezk und das nahegelegene Lyssytschansk sind die einzigen Städte in Luhansk, die noch von der Ukraine kontrolliert werden.

    +++ Die russischen Behörden haben nach eigenen Angaben zwölf Offiziere bestraft, die Wehrdienstleistende in den Krieg gegen die Ukraine geschickt haben sollen.

    Das teilte ein Militärstaatsanwalt mit, ohne Einzelheiten zu nennen. Präsident Putin hatte versprochen, nur Zeit- und Berufssoldaten in der Ukraine einzusetzen - mutmaßlich, um den Rückhalt in der Bevölkerung für die "militärische Spezialoperation", wie die russische Führung den Krieg gegen die Ukraine nennt, nicht zu gefährden. Als bekannt wurde, dass dennoch Wehrdienstleistende abkommandiert worden waren, ordnete Putin öffentlich an, sie zurückzuholen.

    +++ Russland hat nach Angaben eines ukrainischen Regionalgouverneurs zusätzliche Truppen in die Ostukraine verlegt.

    Diese sollten dabei helfen, die umkämpfte Stadt Sjewjerodonezk zu erobern, sagte der Gouverneur von Luhansk, Hajdaj, der Nachrichtenagentur AP. Russische Streitkräfte kontrollierten bereits die industriellen Außenbezirke der Stadt. Bislang sei es ihnen aber nicht gelungen, die Stadt in Gänze einzunehmen. Hajday sprach von "sehr harten Straßenkämpfen".

    +++ Spanien hat nach Angaben von Bundeskanzler Scholz noch keine Anfrage für den Export von Leopard-2-Panzern aus deutscher Produktion in die Ukraine gestellt.

    Sollte es noch einen solchen Antrag geben, werde er geprüft, sagte der SPD-Politiker bei seinem Besuch in Litauen. Spanien will nach einem Bericht der Zeitung "El País" der Ukraine deutsche Kampfpanzer vom Typ Leopard 2 A4 liefern. In der Regel muss die Bundesregierung solche Rüstungsexporte genehmigen. Es wäre das erste Mal, dass die Ukraine im Kampf gegen die russische Armee moderne westliche Panzer erhielte.

    +++ Der Metropolit der Russisch-Orthodoxen Kirche von Berlin und Deutschland, Arndt, hat den Krieg Russlands in der Ukraine erneut als Verbrechen bezeichnet.

    Wenn Menschen aufeinander schössen, statt miteinander zu reden, sei das eine Bankrotterklärung der Menschheit, sagte der in Chemnitz geborene Erzbischof im Deutschlandfunk. Er wandte sich gegen die Aussage des russisch-orthodoxen Kirchenoberhaupts, des Moskauer Patriarchen Kyrill I., es handele sich um einen "metaphysischen Kampf" des Guten gegen das Böse. Vielen russisch-orthodoxen Geistlichen falle es schwer, im Gottesdienst für Kyrill zu beten. Er habe es seinen Priestern freigestellt, habe selbst aber wieder damit angefangen, weil Gemeindemitglieder es so wollten.
    Metropolit Mark, Oberhaupt der russischen Auslandskirche im Interview

    +++ Die ukrainische Luftwaffe hat mehrere Angriffe auf russische Stellungen im Süden des Landes geflogen.

    Dabei seien auch Flugzeuge und Munitionsdepots zerstört worden, teilte der Generalstab mit. In der Schwarzmeer-Region hatte die Ukraine zuletzt mehrere Ortschaften zurückerobert. Auch das britische Vertidigungsministerium teilte nach der Auswertung von Satellitenaufnahmen mit, dass der russische Vormarsch im Süden ins Stocken gerät. Aus dem Osten der Ukraine werden unterdessen weiter schwere Kämpfe gemeldet. Vor allem die Situation der Städte Sjewjerodonezk und Saporischschja sei bedrohlich, teilte die Führung in Kiew mit. Dennoch halte die ukrainische Armee den russischen Angreifern Stand. Sjewjerodonezk ist die letzte größere Stadt der Region Luhansk, die Russland noch nicht erobert hat.

    +++ Der ukrainische Präsident Selenskyj hat seine Forderung nach einem raschen Beitritt seines Landes zur Europäischen Union erneuert.

    Er sagte in seiner täglichen Videobotschaft, es werde nicht nur eine Entscheidung für die Ukraine, sondern auch darüber, ob die EU eine Zukunft habe oder nicht, meinte Selenskyj. Um einen baldigen Beitritt zu erreichen, hat der Präsident unter anderem einen Sondergesandten nach Berlin geschickt. Der Minister für regionale Entwicklung, Tschernyschow, soll heute und morgen mit Vertretern der Bundesregierung sprechen. Während sich andere EU-Staaten schon klar für einen Kandidatenstatus der Ukraine ausgesprochen haben, ist Deutschland bislang zurückhaltend. Kiew hofft darauf, dass die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union das Land beim Gipfeltreffen Ende des Monats zum EU-Beitrittskandidaten erklärt.

    +++ Kulturstaatsministerin Roth sieht durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine auch die kulturelle Identität des Landes bedroht.

    Bei ihrem zweitägigen Besuch in der Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer sagte die Grünen-Politikerin, Russland gehe es darum, auch die Kultur der Demokratie anzugreifen. Während der seit mehr als drei Monaten andauernden Kämpfe seien 375 Kultureinrichtungen zerstört oder beschädigt worden. Auch mehr als 130 Kirchen seien betroffen. Roth erklärte im ZDF, sie wolle der Ukraine dabei helfen, dass die Altstadt von Odessa zum Unesco-Welterbe erklärt werde.
    Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) am Grenzübergang der Republik Moldau und der Ukraine in Palanca
    Claudia Roth (Bündnis 90/Die Grünen) am Grenzübergang der Republik Moldau und der Ukraine in Palanca (Kay Nietfeld/dpa)

    +++ Der russische UNO-Botschafter Nebensja hat eine Sitzung des Sicherheitsrats nach Vorwürfen von EU-Ratspräsident Michel verlassen.

    Michel machte Russland für eine drohende globale Nahrungsmittelkrise verantwortlich. Er sagte, die russische Armee attackiere in der Ukraine Transport-Infrastruktur sowie Lagerstätten für Getreide und verhindere Anbau und Ernte. Zudem würden die Truppen Getreide aus den besetzten Gebieten in der Ost-Ukraine stehlen. Ähnliche Vorwürfe erhob auch US-Außenminister Blinken. Er sagte in Washington, es gebe glaubwürdige Berichte, wonach Russland ukrainisches Getreide beschlagnahme und verkaufe. Moskau wolle zudem durch die Blockade ukrainischer Getreideausfuhren die Welt erpressen.

    +++ Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Strack-Zimmermann, warnt davor, sich von Drohungen des russischen Präsidenten Putin verunsichern zu lassen.

    Dieser werde nur ins Gespräch mit der Ukraine eintreten, wenn er merke, militärisch auf Dauer nicht erfolgreich sein zu können, sagte die FDP-Politikerin den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Als Reaktion auf Pläne der USA, Mehrfachraketenwerfer an die Ukraine zu liefern, hatte der russische Präsident angekündigt, in einem solchen Fall bisher verschonte Ziele anzugreifen.

    +++ Russische Truppen und von Moskau unterstützte Separatisten melden die Einnahme der ukrainischen Stadt Swjatohirsk in der Region Donezk.

    Der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums, Konaschenkow, erklärte, die letzten Soldaten der ukrainischen Streitkräfte seien geflüchtet. Der Anführer der Separatistenregion Donezk, Puschilin, sagte im russischen Stadtfernsehen, die Stadt sei "befreit". Die Ukraine hat dies bisher nicht bestätigt. In der Nähe der Stadt liegt das zuletzt ebenfalls beschossene Erzkloster Mariä Entschlafung. Es gehört zu den wichtigsten Heiligtümern der russischen Orthodoxie.
    Ein Mädchen in Donezk trägt einen Hund an einem zerstörten Haus vorbei.
    Ein Mädchen in Donezk trägt einen Hund an einem zerstörten Haus vorbei. (Alexei Alexandrov/AP/dpa)

    +++ Russland verhängt Sanktionen gegen 61 Politiker und Manager aus den USA.

    Darunter seien Finanzministerin Yellen und Energieministerin Granholm, teilt das Außenministerium in Moskau mit. Die Sanktionen richteten sich auch gegen führende Manager aus der Rüstungsindustrie und der Medienbranche. Es handle sich um eine Vergeltung für die Ausweitung von US-Sanktionen gegen Vertreter Russlands.

    Die bisherigen Entwicklungen im Ukraine-Krieg finden Sie hier.