Ein kleiner Raum im Dortmunder U: An den Fenstern durchsichtige Luftpolsterfolie. Aus den Boxen elektronische Musik. Die vier roten Wände wirken wie ein überdimensionaler Tetris-Stein. "Enter lost Level" ist auf einem Schriftzug über der Tür zu lesen.
Die polnische Komponistin Jagoda Szmytka hat hier einen Pop-Up-Store eingerichtet, in dem Musiker auftreten und die Besucher selbst zu Performern werden: In einer Selfie-Ecke können sie sich in Kostümen fotografieren. Eine Reflexion über die Wechselwirkungen von Realität und Computerspiel und über den Künstler als Medien-Figur. Denise Gühnemann ist eine der Organisatorinnen der Next Level Conference:
"Wir wollen genau das aufzeigen, dass viele Leute glauben, mit Games habe ich nichts am Hut, und viele Dinge aus Games sind denen viel näher als sie denken. Viele Sachen aus Games inspiriert oder aus Games entstanden finden sich heutzutage im Alltag wieder. Manchmal ist es auch nur dieses interaktive partizipative Moment von Games. Der Mensch wird ja zunehmend zum Macher: Er kann selber was posten. Er kann seine eigene Website gestalten."
Eine Wohnung, in der jeder Raum bespielbar ist
Gamification ist eines der Stichworte in diesem Jahr: Die Anwendung computerspieltypischer Elemente in einem spielfremden Kontext. Jens Neubert und Dirk Mempel haben das auf die Spitze getrieben: Im Dortmunder U haben die beiden Entwickler eine Miniatur-Wohnung nachgebaut, in der jeder Raum bespielbar ist: Das Computerspiel passiert um die Besucher herum. Die Badezimmerfliesen als Pixel in Person:
"Uns ist aufgefallen, dass viele Möbel angelehnt sind an dieses Computerspiel-Genre, an dieses Design. Man sieht viele Quadrate, man hat diese bunten Farben, die man von früher kennt von Artari oder von Mario, und beispielsweise haben wir Lampen gefunden, die aussahen wie Polygone aus dieser 3D-Welt."
Die Besucher haben die Wahl zwischen Space Invader im Badezimmer, und Ego Shooter in der Küche. Der Toiletten-Pümpel wird zum Joystick. Das Wohnzimmer-Sofa zur Tastatur.
Computerspiele haben einen sozialen Wert
"Was jeder kennt, ist, wenn ein Beamer einfach an der Wand hängt und ein Bild projiziert. Was jeder kennt, ist ein Monitor. Was man nicht kennt, ist ein Raum, in den man kommt, der sozusagen total gamifiziert ist, wo alles was rumsteht, was ich anfassen kann, in ein Spiel eingebunden ist."
Mittendrin statt nur dabei: Das ist nicht nur Spielerei, sondern hat auch einen sozialen Wert, meint der Medienpädagoge Horst Pohlmann von der Akademie Remscheid:
"Wenn man tatsächlich ein Spiel erleben will, macht es unserer Meinung nach auch aus pädagogischen Gesichtspunkten natürlich mehr her, wenn man das Körpergefühl auch dabei hat. Also wenn man nicht nur die Hände und die Maus bewegt und vor einem kleinen Bildschirm sitzt, sondern sich tatsächlich auch im Spiel bewegen kann."
Die Zeiten blasser Computer-Nerds sind vorbei
In einem Seminar für Mitarbeiter aus der Jugendhilfe hat der Medienpädagoge ein Raumschiff nachbauen lassen. Inspiriert von der Kommandobrücke aus "Star Trek - Raumschiff Enterprise". Mit Hilfe eines entsprechenden Computerspiels mussten die Teilnehmer das Raumschiff anschließend gemeinsam fliegen. Das Computerspiel als teambildende Maßnahme:
"Es gibt auch Schulen beispielsweise, die LAN-Partys organisieren lassen von Schülerinnen und Schülern, wo dann wirklich 50 Schülerinnen und Schüler zusammen kommen und zusammen ein Wochenende Computerspiele spielen. Da ist die soziale Interaktion, die im Mittelpunkt steht."
Das gilt auch für die Next Level Conference. Die Zeiten der blassen Computer-Nerds sind vorbei. Hier präsentiert sich die Gaming-Szene als modern und aufgeschlossen und mit Einfluss nicht nur in den Alltag, sondern auch in die Kunst- und Theaterszene. Die Next Level Conference erweitert den Blick auf das Medium Computerspiel: Informativ, kunstvoll, spielerisch. In den beiden Tagen wird das Dortmunder U selbst zu einer Art Computerspiel: Jedes Stockwerk ein eigenes Level. Jeder Raum eine neue Runde.