Wieso sorgt dieser Fall für so viel Aufregung?
Deshaun Watson spielt seit 2017 in der NFL und gilt als einer der besten Nachwuchs-Quarterbacks. Fünf Jahre lang hat er für die Houston Texans gespielt, bevor er die komplette letzte Saison aufgrund der juristischen Verfahren gegen ihn verpasst.
Im März ist er zu den Cleveland Browns gewechselt, dort erhält er einen Fünf-Jahres-Vertrag im Wert von 230 Millionen Euro. Und dieser Wechsel hat trotz der Vorwürfe stattgefunden, die gegen ihn erhoben werden.
Was wird Deshaun Watson vorgeworfen?
Watson wird vorgeworfen, in seiner Zeit in Houston gezielt unterschiedliche Masseurinnen angeschrieben, Termine vereinbart und die Masseurinnen dann während der Massage sexuell belästigt zu haben. In mehreren Fälle soll es auch zum Oral-Sex gekommen sein.
Die Vorwürfe wurden im Frühjahr 2021 bekannt, strafrechtlich haben zwei Grand Jurys die Fälle untersucht und im März dieses Jahres entschieden, dass Watson nicht weiter vor Gericht muss.
24 Frauen haben aber Zivilklagen eingereicht. Mit 23 hat Watson sich außergerichtlich geeinigt – wie hoch die Summen waren, die er dort bezahlt hat, ist geheim. Recherchen der New York Times zeigen aber, dass es noch mehr Frauen gibt, die ähnliche Vorwürfe gegen Watson erheben.
Deshaun Watson selbst bestreitet die Vorwürfe. Öffentlich hat er bislang nur eingeräumt, dass es in drei Fällen zum Sex gekommen ist, dieser aber einvernehmlich passiert sei. "Was ich weiter machen kann ist, die Wahrheit zu erzählen", sagte Waton bei seiner Vorstellung bei den Browns. "Und diese lautet: Ich habe niemals im Leben eine Frau angegriffen, ihr keinen Respekt gezeigt, oder sie belästigt. Ich wurde anders aufgezogen. Das ist nicht meine DNA, das ist nicht meine Kultur, das bin nicht ich."
Wie ist die NFL mit diesen Vorwürfen umgegangen?
Nach der Veröffentlichung der Vorwürfe waren die Vereine zunächst vorsichtig, Watson zu verpflichten. Als dann aber im März 2022 bekannt wurde, dass strafrechtlich kein Prozess mehr droht, hat ein Überbietungswettbewerb begonnen, um Watson zu verpflichten. Diesen Wettkampf hat Cleveland schlussendlich gewonnen.
Die NFL selbst hat ein striktes Regelwerk, in dem auch geregelt ist, inwiefern das Verhalten der Spieler außerhalb des Platzes sanktioniert werden kann. Auf Basis dieses Regelwerks hat die NFL genug Anlass dafür gesehen, dass Watson wegen dieser Vorwürfe und seines angeblichen Verhaltens für mindestens ein Jahr gesperrt wird.
Allerdings kann die NFL das aber nicht einfach so entscheiden. Gemeinsam mit der Spielervereingiung hat die Liga eine unabhängige Untersuchung, geleitet von der ehemaligen Bundesrichterin Sue L. Robinson, in Auftrag gegeben.
Robinson ist zu dem Schluss gekommen: Die NFL hat genug Beweise vorgelegt, dass Watson sich nicht angemessen verhalten hat. Er wird aber nicht für ein Jahr gesperrt, sondern nur für sechs Spiele.
Wie hat die NFL auf die Entscheidung reagiert?
Mit Überraschung, weil die Vorwürfe schwerwiegend sind und die Untersuchung auch zu dem Ergebnis gekommen ist, dass Watson "eine ernste Gefahr für Sicherheit und Wohlbefinden einer anderen Person" gewesen sei.
Deshalb hat die NFL jetzt auch Einspruch gegen die Sperre eingelegt: Die Liga fordert eine längere Sperre, am besten sogar so lange, bis Watson seine Schuld eingesteht. Das ist durchaus bemerkenswert, weil die Liga damit riskiert, auf unbestimmte Zeit einen Superstar zu verlieren. "Sie haben entschieden, Stellung zu beziehen und aufzustehen für das, was wir für richtig halten", sagte Adam Schefter, Football-Experte des US-Senders ESPN. "Das könnte der Anfang eine sehr langen juristischen Auseinandersetzung werden."
Zudem geht die NFL damit auf Konfrontationskurs mit der Spielervereinigung. Die hatte vor dem Urteilsspruch angekündigt, auf einen Einspruch zu verzichten und die NFL aufgefordert, das gleiche zu tun.