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EU-CELAC-Treffen
Nicaragua blockiert auf Gipfel gemeinsame Position zu Ukraine-Krieg

Der Gipfel zwischen der EU und der Gemeinschaft der südamerikanischen und karibischen Staaten (Celac) ist von einem Streit zum Krieg in der Ukraine überschattet worden. Das Treffen endete, ohne dass die Celac-Staaten und die Mitgliedsländer der EU sich auf eine gemeinsame, ohnehin schon abgeschwächte Erklärung gegen Russland einigen konnten. Blockiert worden sei diese allein von Nicaragua, sagte der französische Präsident Macron.

    Der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel beim EU-CELAC-Gipfeltreffen in Brüssel. (Archivbild vom 17. Juli 2023)
    Der Präsident des Europäischen Rates, Charles Michel beim EU-CELAC-Gipfeltreffen in Brüssel. (Archivbild vom 17. Juli 2023) (picture alliance / dpa / Belga / Nicolas Maeterlinck)
    Vertreter der beteiligten Staaten hatten lange um eine Formulierung gerungen, die alle mitzutragen bereit waren. Vor allem Staaten wie Kuba, Venezuela und Nicaragua weigerten sich, Russlands Angriff auf das Nachbarland deutlich zu verurteilen. Letztlich gab es eine sehr vorsichtig formulierte Erklärung, die auch Kuba und Venezuela unterstützten, nicht aber Nicaragua.

    Scholz wertet Gipfel als Erfolg

    Bundeskanzler Scholz hat den Gipfel trotz der Differenzen beim russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine als Erfolg gewertet. "Auch dazu sind wir zu Positionen gekommen, die sehr deutlich machen, dass so wie die UN-Generalversammlung es auch gesagt hat, dieser Angriffskrieg eben ein solcher ist", sagte Scholz nach dem Gipfel in Brüssel. Nur ein Land habe beim Gipfel "eine andere Position" eingenommen. "Deshalb ist es umso bemerkenswerter, dass insgesamt eine solche Verständigung hier gelungen ist." Dies sei ein großer Fortschritt, betonte Scholz.

    Frust über gescheiterte Abschluss-Erklärung

    "Diese Situation tut uns sehr leid", sagte der chilenische Außenminister van Klaveren. Man sei sehr überrascht, dass es Celac-Staaten gebe, die eine Resolution zum Krieg ablehnte. Mehrere EU-Regierungschefs hatten sich im Verlauf des Gipfeltags frustriert über diese Position geäußert. "Es wäre eine Schande, wenn wir nicht in der Lage wären zu sagen, dass es eine russische Aggression in der Ukraine gibt", sagte der luxemburgische Regierungschef Bettel. "Das ist eine Tatsache. Und ich bin nicht hier, um die Geschichte neu zu schreiben." Der irische Premier Varadkar lehnte eine zu sehr verwässerte Gipfelerklärung ab, um alle mit ins Boot zu holen. "Manchmal ist es besser, gar keinen Abschluss zu haben als eine Formulierung, die nichts bedeutet", sagte er.

    Viele Staaten mit neutraler Position

    Mehrere EU-Politiker vermuteten, dass Russland aktiv versucht habe, die Gipfelstaaten zu spalten. "Lassen Sie sich nicht von russischer Propaganda verführen", sagte der litauische Präsident Nauseda. Während die EU-Staaten seit Beginn des russischen Angriffskriegs die Führung in Moskau immer wieder klar verurteilt haben, nahmen die lateinamerikanischen Staaten vielfach eine eher neutrale Position ein. Einige von ihnen argumentieren, es sei nur einer von sehr vielen Konflikten in einer für sie fernen Weltregion.

    Gipfel auch zur Aufarbeitung der Vergangenheit

    Beim ersten Gipfel in diesem Format seit acht Jahren wollte die EU eigentlich eine engere Zusammenarbeit und neue Wirtschaftsinitiativen in den Vordergrund stellen, die Chinas wachsenden Einfluss in der Region eindämmen sollen. Doch mehrere Präsidenten aus den 33 Celac-Staaten wollten auch Kolonialismus und Sklaverei zur Sprache bringen. "Der Großteil Europas war und ist immer noch überwiegend ein einseitiger Nutznießer in einer Beziehung, in der unser Lateinamerika und unsere Karibik ungleichmäßig unterjocht wurden", sagte der Ministerpräsident von Sankt Vincent und den Grenadinen, Gonsalves. Wegen der Differenzen zeichnete sich auch keine Einigung zu lange aufgeschobenen Handelsabkommen wie dem EU-Mercosur-Pakt ab.

    Weiterführende Informationen

    In unserem Newsblog zum Krieg in der Ukraine finden Sie einen Überblick über die jüngsten Entwicklungen.
    Diese Nachricht wurde am 19.07.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.