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Nicht nur Katalonien
Wie viel regionale Autonomie verträgt Europa?

Ob Lombardei oder Venetien, ob Baskenland oder Korsika - überall in Europa regen sich die Kräfte, die nach Unabhängigkeit rufen. Sind starke Regionen für die EU Chance oder Gefahr? Der Deutschlandfunk und der Belgische Rundfunk haben zur Diskussion darüber in die NRW-Vertretung in Brüssel eingeladen.

    Unterstützer der Unabhängigkeit Kataloniens demonstrieren am 10.10.2017 in Barcelona, Spanien, und halten eine Europa-Flagge hoch. Puigdemont hat die angekündigte Unabhängigkeit von Spanien verschoben und zu Gesprächen aufgerufen.
    Unterstützer der Unabhängigkeit Kataloniens demonstrieren am 10.10.2017 in Barcelona, Spanien, und halten eine Europa-Flagge hoch. (Francisco Seco / dpa)
    Es diskutieren:
    • Diederik Demuynck,Parlamentarischer Pressesprecher der N-VA-Fraktion
    • Karl Heinz Lambertz,Präsident des EU-Ausschusses der Regionen und Senator
    • Ulrich Ladurner, Europa Korrespondent "Die Zeit"
    Diskussionsleitung:
    • Olivier Krickel, Belgischer Rundfunk
    • Doris Simon, Deutschlandfunk
    Stimmen aus der Runde
    Diederik Demuynck: "Bei dem Wunsch nach Autonomie müssen die verschiedenen Seiten miteinander sprechen. Nur das hatte Puigdemont zunächst eingefordert und Rajoy hatte sich einem solchen Gespräch verweigert. Es ist legitim, dass die Katalanen stärker über ihr Geld entscheiden wollen. In einer idealen Welt wäre Flandern genauso ein Staat wie heute die Nationalstaaten und würde auch in der europäischen Politik mitmischen. Und ich glaube, Flandern würde ohne Belgien nicht schwächer sein als mit."
    Ulrich Ladurner: "Es gibt große Unterschiede zwischen den autonomen oder separatistischen Bewegungen in Europa. Katalonien dient zurzeit als Katalysator für alle diese Bewegungen. Grund für die stärker werdenden Autonomiebewegungen ist der Druck von außen - durch Migration, Globalisierung - und das führt zur Tendenz, von innen eine Wagenburg zu bauen, und dadurch zersplittert das Nationale."
    Karl Heinz Lambertz: "Bei separatistischen Bewegungen gibt es nur zwei Möglichkeiten. Entweder man einigt sich. Oder aber eine Region spaltet sich ab. Dann greift das Völkerrecht, das eindeutige Regeln für eine solche Situation vorsieht. Man braucht ein klares Territorium, eine Bevölkerung und - als wichtigstes Element - die Anerkennung durch die internationale Völkergemeinschaft.
    Dass man dazu neigt, auf die Nationalstaaten zurückzufallen, liegt daran, dass an verschiedenen Stellen Europa versagt hat. Ich glaube aber, die Lösung ist, Europa dort stark zu machen, in den Dingen, wo man Europa Verantwortung gibt. Die Nationalstaaten in ihrem Bereichen tätig werden zu lassen. Und dann an die einzelnen Situationen angepasste Autonomie zuzulassen. Damit das ganze Gebäude von der Basis bis an die Spitze solide dasteht. Da liegt die Zukunft für ein Europa der Regionen."
    Eine Gemeinschaftsveranstaltung des Belgischen Rundfunk BRF und des Deutschlandfunk aus Brüssel.