"Ich habe hier Blut von einem Patienten, der schon seit mehreren Monaten Weihrauchsäuren regelmäßig einnimmt. Und das durchmische ich jetzt und werde es dann im Durchflusszytometer untersuchen."
Das Blut stammt von einem Patienten, der an Multipler Sklerose leidet. Klarissa Stürner interessieren vor allem seine Immunzellen. Denn die spielen eine Schlüsselrolle bei Entzündungen.
"Und insbesondere schauen wir uns da an, wie aktiviert sind diese Zellen, können wir vielleicht feststellen, dass das durch die Therapie mit dem Weihrauch gedämpft wird…"
Hier am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf nehmen erstmals Multiple-Sklerose-Patienten Weihrauch ein. Weihrauch lindert bekanntermaßen Entzündungen, eine Wirkung, die auch bei MS helfen könnte. Bei Multipler Sklerose greift das Immunsystem fälschlicherweise die eigenen Nerven im Gehirn und Rückenmark an. So kommt es immer wieder zu Entzündungen, sogenannten Schüben, die durch bestimmte Enzyme des Immunsystems noch verstärkt werden. Unter Verdacht steht unter anderem das Enzym 5-Lipoxygenase. Stürner:
"Für das Entzündungsenzym 5-Lipoxygenase ist nachgewiesen worden, dass es vermehrt in Entzündungsherden im Hirn von MS-Patienten vorkommt. Das weiß man, weil man bei verstorbenen MS-Patienten sich die Hirne noch einmal genau angeschaut hat und konnte nachweisen, dass es dort ein Zuviel an 5-Lipoxygenase gibt."
Die Idee hinter dem Weihrauch: Das alte Heilmittel soll die Enzyme blockieren, und so die zerstörerische Kraft der Entzündung brechen. Tierversuche deuten darauf hin, dass Weihrauch nicht nur das Immunsystem bremst, sondern Nervenzellen zusätzlich schützt.
"Man hat im Schlaganfall-Modell von Mäusen gesehen, dass Weihrauchsäuren in der Lage waren, Zellen auch beim Schlaganfall zu schützen und dort neuroprotektiv zu wirken und damit dann Nervenzelltod zu verhindern."
Ob diese Daten auf MS und dann auf den Menschen übertragbar sind, muss jetzt weiter untersucht werden. Über 20 Patienten nehmen derzeit im Rahmen einer Pilotstudie Weihrauchtabletten ein. Die Hälfte der Patienten hat die Studie bereits beendet. Klarissa Stürner:
"Was wir bisher sagen können, ist, dass das Medikament sehr, sehr gut vertragen wird. Wir haben keinen Patienten gehabt, der wegen Unverträglichkeit die Studie abbrechen musste. Und es gibt sogar Patienten, die von sich aus uns angesprochen haben und das Medikament gerne weiternehmen wollten."
Viele Patienten sehnen sich nach schonenden Mitteln. Noch müssen die meisten Medikamente gespritzt werden, Nebenwirkungen sind häufig. Doch die Therapie ist im Umbruch, immer mehr Wirkstoffe sind als Tablette erhältlich. Auch Weihrauchkapseln könnten sich hier einreihen. Diese Auswahl stellt die Ärzte vor neue Herausforderungen. Stürner:
"Die Kunst für den MS-Neurologen ist sicherlich, seinen Patienten gut durch den Dschungel der vielen Möglichkeiten durchzuführen. Und gemeinsam mit dem Patienten zu überlegen, welche Therapie für den individuellen Patienten die richtige ist. Und das ist sehr, sehr unterschiedlich, weil die Krankheit sehr heterogen ist. Es wird ja auch die Krankheit der 1000 Gesichter genannt."
Keiner kann den Verlauf voraussehen. Der eine Patient leidet an Lähmungen, der andere unter Sehproblemen. Der eine hat viele Schübe im Jahr, der andere jahrelang Ruhe. Hier abzuwägen, wird immer schwieriger. Denn viele neue Medikamente sind zwar hochwirksam aber auch riskant.
"Und deswegen ist der Charme für uns beim Weihrauch, dass es vielleicht ein Medikament sein könnte für Einsteiger: geringe Sicherheitsbedenken, relativ sicheres Medikament und hoffentlich dann auch mit einer gewissen Wirkung."
Wie gut Weihrauch MS-Patienten hilft, können die Mediziner erst nächstes Jahr sagen. Dann liegen die Studienergebnisse aller Patienten vor.
Hinweis: Zum Thema MS-Therapie sendet der Deutschlandfunk am Sonntag, 17. November, 16:30 Uhr, in der Sendung "Wissenschaft im Brennpunkt" das Feature Ende der Lähmung.
Das Blut stammt von einem Patienten, der an Multipler Sklerose leidet. Klarissa Stürner interessieren vor allem seine Immunzellen. Denn die spielen eine Schlüsselrolle bei Entzündungen.
"Und insbesondere schauen wir uns da an, wie aktiviert sind diese Zellen, können wir vielleicht feststellen, dass das durch die Therapie mit dem Weihrauch gedämpft wird…"
Hier am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf nehmen erstmals Multiple-Sklerose-Patienten Weihrauch ein. Weihrauch lindert bekanntermaßen Entzündungen, eine Wirkung, die auch bei MS helfen könnte. Bei Multipler Sklerose greift das Immunsystem fälschlicherweise die eigenen Nerven im Gehirn und Rückenmark an. So kommt es immer wieder zu Entzündungen, sogenannten Schüben, die durch bestimmte Enzyme des Immunsystems noch verstärkt werden. Unter Verdacht steht unter anderem das Enzym 5-Lipoxygenase. Stürner:
"Für das Entzündungsenzym 5-Lipoxygenase ist nachgewiesen worden, dass es vermehrt in Entzündungsherden im Hirn von MS-Patienten vorkommt. Das weiß man, weil man bei verstorbenen MS-Patienten sich die Hirne noch einmal genau angeschaut hat und konnte nachweisen, dass es dort ein Zuviel an 5-Lipoxygenase gibt."
Die Idee hinter dem Weihrauch: Das alte Heilmittel soll die Enzyme blockieren, und so die zerstörerische Kraft der Entzündung brechen. Tierversuche deuten darauf hin, dass Weihrauch nicht nur das Immunsystem bremst, sondern Nervenzellen zusätzlich schützt.
"Man hat im Schlaganfall-Modell von Mäusen gesehen, dass Weihrauchsäuren in der Lage waren, Zellen auch beim Schlaganfall zu schützen und dort neuroprotektiv zu wirken und damit dann Nervenzelltod zu verhindern."
Ob diese Daten auf MS und dann auf den Menschen übertragbar sind, muss jetzt weiter untersucht werden. Über 20 Patienten nehmen derzeit im Rahmen einer Pilotstudie Weihrauchtabletten ein. Die Hälfte der Patienten hat die Studie bereits beendet. Klarissa Stürner:
"Was wir bisher sagen können, ist, dass das Medikament sehr, sehr gut vertragen wird. Wir haben keinen Patienten gehabt, der wegen Unverträglichkeit die Studie abbrechen musste. Und es gibt sogar Patienten, die von sich aus uns angesprochen haben und das Medikament gerne weiternehmen wollten."
Viele Patienten sehnen sich nach schonenden Mitteln. Noch müssen die meisten Medikamente gespritzt werden, Nebenwirkungen sind häufig. Doch die Therapie ist im Umbruch, immer mehr Wirkstoffe sind als Tablette erhältlich. Auch Weihrauchkapseln könnten sich hier einreihen. Diese Auswahl stellt die Ärzte vor neue Herausforderungen. Stürner:
"Die Kunst für den MS-Neurologen ist sicherlich, seinen Patienten gut durch den Dschungel der vielen Möglichkeiten durchzuführen. Und gemeinsam mit dem Patienten zu überlegen, welche Therapie für den individuellen Patienten die richtige ist. Und das ist sehr, sehr unterschiedlich, weil die Krankheit sehr heterogen ist. Es wird ja auch die Krankheit der 1000 Gesichter genannt."
Keiner kann den Verlauf voraussehen. Der eine Patient leidet an Lähmungen, der andere unter Sehproblemen. Der eine hat viele Schübe im Jahr, der andere jahrelang Ruhe. Hier abzuwägen, wird immer schwieriger. Denn viele neue Medikamente sind zwar hochwirksam aber auch riskant.
"Und deswegen ist der Charme für uns beim Weihrauch, dass es vielleicht ein Medikament sein könnte für Einsteiger: geringe Sicherheitsbedenken, relativ sicheres Medikament und hoffentlich dann auch mit einer gewissen Wirkung."
Wie gut Weihrauch MS-Patienten hilft, können die Mediziner erst nächstes Jahr sagen. Dann liegen die Studienergebnisse aller Patienten vor.
Hinweis: Zum Thema MS-Therapie sendet der Deutschlandfunk am Sonntag, 17. November, 16:30 Uhr, in der Sendung "Wissenschaft im Brennpunkt" das Feature Ende der Lähmung.