"2011 wurde mir klar, dass ich wieder Gitarre spielen und singen wollte. Beides hab ich nicht im Portico Quartet gemacht. Es war an der Zeit, mich zu verändern."
Für Nick Mulvey bedeutet der Beginn seiner Solokarriere gleichzeitig auch das Wiederentdecken einer alten Liebe: der zur Gitarre. Aufgewachsen ist er in einem sehr musikalischen Haushalt. Seine Mutter ist Opern-Sängerin und sein Vater zupft auf der Gitarre Beatles-Klassiker. Der junge Mulvey fängt zuerst mit Schlagzeug an, wechselt dann zum Klavier und entdeckt schließlich die Gitarre. Auf dem Saiteninstrument lässt er seitdem Songs entstehen, die in ihrer Reinheit in manchen Momenten an die Musik von Nick Drake erinnern.
Als der 30-jährige britische Künstler beim Portico Quartet aussteigt, sucht er nach einem Studio, wo er sich in Ruhe mit seinem neuen Projekt befassen kann.
"Ich fand einen Raum für mich und mein Instrument. Jeden Tag ging ich dorthin und arbeitete an meinen Songs, übte und verfeinerte meine Gitarren-Spieltechnik. Die Songs gewannen an Substanz und allmählich entstand das Album "First Mind". Und gleichzeitig hatte ich die Idee, wenn ich diesen Raum betrat, dann quasi ins Album hineinzugehen. Es ging darum, diesen Ort wirklich auszufüllen und darin aufzugehen."
Erstaunlich flinke Melodielinien
Nick Mulvey hat die mantrahaft sich wiederholenden Perkussionsstrukturen vom Portico Quartet übernommen und trommelt zuweilen auch auf Gitarrenkorpus und Griffbrett ein. Er lässt auch immer wieder erstaunlich flinke Melodielinien aus den Fingern fließen, die ihn fast in die Nähe von alten Gitarrenhelden wie Mark Knopfler rücken.
"Das Fingerpicking meiner rechten Hand steht im Zentrum meines gesamten Song-Universums. Es bestimmt alle weiteren Elemente dieses Stücks: Die Melodie, die Worte - die Instrumente wie Keyboards, Streicher oder Synthesizer finden dann ihren Platz. Dieses simple repetitive Muster der rechten Hand hat Einfluss auf den Aufbau des ganzen Songs."
Fasziniert vom repetitiven Rhythmus
Was Nick Mulvey schon immer fasziniert, ist der repetitive Rhythmus. Er hat Musikethnologie in Kuba studiert. Irgendwann fällt ihm auf, dass es fast keine Musik mit afrikanischen Wurzeln gibt, die ihm nicht gefällt. Er mag an diesen Rhythmen: Die Wiederholung, Hypnotik, Spannung und Entspannung – und vor allem die Tatsache, dass die Songstruktur immer einen höheren Stellenwert besitzt als die Harmonien. Deshalb liebt er beispielsweise die marokkanischen Gnawa-Rhythmen. Inhaltlich ist er auf der Suche nach Authentizität.
"Als ich den Mut hatte, meine Songs mit Erlebnissen und Elementen meines realen Lebens zu füllen, wurden sie viel besser. Es tauchten wirkliche Personen und Orte auf. Es mussten aber nicht unbedingt immer nur autobiografische Elemente vorkommen. Wichtig war, einen tiefen Einblick in das Innere zu vermitteln."
Suche nach Authentizität
Im Titelsong "First Mind" zum Beispiel singt Nick Mulvey darüber, wie wichtig es ist, den eigenen Erfahrungen und Gefühlen zu verlassen.
Die Hauptaussage des Songs steckt in der Frage des Refrains. Da heißt es: Warum hinterfragen wir immer wieder alles, obwohl wir doch genau wissen, dass der erste Gedanke der richtige ist. Wir müssen unserem Instinkt vertrauen.
Nick Mulvey - ein äußerst virtuoser Gitarrist mit wirklich überzeugenden Songs und einer genauen musikalischen Vision.
Nick Mulvey kommt nach Deutschland und tritt am 2. Dezember 2014 in Köln, am 3. Dezember in Hamburg und am 4. Dezember in Berlin auf und spielt Songs aus seinem im Mai veröffentlichten Album "First Mind".