Ob auf Sylt, vor New York oder Den Haag: Der Kampf um den Sand hört nie auf. Wind und Wellen nagen am Strand, Stürme reißen Jahr für Jahr Millionen Kubikmeter Sand fort. Und der Mensch versucht - ebenso Jahr für Jahr - Ersatz heranzuschaffen. Denn Strände dämpfen die Energie der Wellen, Sand und Dünen schützen das Hinterland:
"Für uns in den Niederlanden ist der Sand als Schutz gegen Überflutung besonders wichtig, weil zwei Drittel unseres Landes unter Meeresniveau liegen und ohne den natürlichen Schutz der Dünen einfach volllaufen würden", erklärt Stefan Aarninkhof von der Technischen Universität Delft.
Spätestens seit der Sturmflut von 1953, bei der allein in den Niederlanden 89 Deiche brachen und mehr als 1.800 Menschen starben, gilt Sand als existenzielle Ressource:
"Wir untersuchen deshalb jedes Jahr den Zustand unserer Küste. Die Daten fließen in Modellrechnungen ein, und wenn ein Küstenabschnitt nicht mehr als sicher eingestuft wird, müssen wir ihn mit neuem Sand verstärken."
Sandmotor soll Sicherheit für den Strand garantieren
Und zwar mit Sand, den Saugschiffe aus mindestens 20 Metern Wassertiefe holen und am Strand anspülen. Je nach Küstenabschnitt wiederholt sich das so etwa alle vier Jahre. Eine Sisyphusarbeit. Auf der Suche nach Alternativen, die sowohl Steuerzahler, als auch Naur entlasten, setzen die Delfter Forscher auf natürliche Prozesse: Sie haben den Sandmotor entwickelt: Ein Pilotprojekt, für das 2011 vor Den Haag eine kilometerlange, hakenförmige Halbinsel ein Reservoir aus 20 Millionen Kubikmetern Sand aufgehäuft:
"Dieser Sandmotor soll nicht nur die Sicherheit für einen 20 Kilometer langen Strandabschnitt garantieren, sondern ebenso dort eine naturnahe Entwicklung erlauben und den Freizeitwert erhöhen.
Auf 20 Jahre ist das Projekt angelegt. In dieser Zeit sollen die Strömungen einen großen Teil des Sands entlang der Küste verteilen, und der Wind soll den Dünen Nachschub liefern. Und dann ist da noch die künstliche Lagune:
"In diesem geschützten Wasserkörper soll sich feines Sediment absetzen, das neue Lebensräume für Meerestiere bietet, die man normalerweise nicht an den Küsten findet. Die Sandmaschine soll also auch die Artenvielfalt fördern.
Stabil, aber nicht so effizient wie erwartet
Kaum war die hakenförmige Halbinsel fertig, formten die Strömungen sie um, verwandelte sich im ersten Jahr in eine Beule. Doch seitdem erweist sich der Sandmotor als erstaunlich stabil: Er hat während der vergangenen fünf Jahre zwar einen fünf Kilometer langen Küstenabschnitt mit Sand versorgt, aber das ist weniger als erwartet:
"Es sieht inzwischen so aus, als würde der Sandmotor länger als die geplanten 20 Jahre halten. Die spannende Frage ist, ob er trotzdem genügend Nachschub liefert, um den gesamten Küstenabschnitt über diese Zeit hinweg zu sichern."
Auch die Dünen profitieren etwas weniger als gehofft:
"Das liegt wahrscheinlich daran, dass der Wind den Sand über eine doch recht große Distanz zu den Dünen tragen muss, über einen kleinen See und die Lagune hinweg. Außerdem hat sich eine Art Pflaster aus Muschelschalen gebildet, das den Sand darunter vor der Winderosion schützt. Der Sedimenttransport verlangsamt sich also, und auch deshalb sind die Dünen weniger stark gewachsen als erwartet. Doch insgesamt läuft es gut. Wir gehen davon aus, dass sich die Wirkung auf die Dünen nur verzögert."
Nächste Bewertung steht 2021 an
Dass der Sandmotor an sich funktioniere, sei jedoch klar, urteilt Stefan Aarninkhof. Bleibt die Frage nach der Effizienz und danach, ob die neue Lösung wirklich billiger ist. Und so wird das Projekt 2021 erneut bewertet. Bis dahin dürfte auch klar sein, ob die Bodenlebewesen besser mit standardmäßigen Sandanspülungen alle vier Jahre fertig werden - oder mit einem Sandmotor alle paar Jahrzehnte.