In weniger als drei Wochen wird in Niedersachsen ein neuer Landtag gewählt. Da bleibt kaum Zeit zum Wundenlecken. In der Bundestagswahl hat die Union zwar empfindliche Verluste erlitten. Bei der Landtagswahl darf sie jüngsten Umfragen zufolge aber erneut darauf hoffen, stärkste Kraft zu werden. In Hildesheim verbreitet Angela Merkel Zuversicht:
"Wir haben gesehen, wieviel Schwung in Schleswig-Holstein in die ganze Politik gekommen ist mit Daniel Günther. Wir sehen, wie der Wechsel Nordrhein-Westfalen beflügelt. Und warum soll Niedersachsen nicht auch was Schönes haben?"
Rot-Grün contra Schwarz-Gelb – bislang war das Parteiengefüge im nordischen Flächenland übersichtlich. Mit dem erwarteten Einzug von AfD und Linkspartei in den Landtag dürften allerdings beide Lager dasselbe Problem haben: Zum Durchregieren reicht es hinten und vorne nicht. GroKo oder Jamaika - die Ausgangslage für eine spätere Regierungsbildung in Niedersachsen wird aller Voraussicht nach ähnlich kompliziert wie jetzt schon im Bund.
"Und der Ministerpräsident dieses Landes hat es bis jetzt nicht richtig über die Lippen gebracht, welche Koalitionsoptionen er für möglich hält. Und ich halte das für absolut zwingend, dass für ein Land wie Niedersachsen gesagt wird: Rot-Rot-Grün kommt nicht in Frage!"
Unmut über Stammwähler
Als Wahlhelferin warnt Merkel vor dem drohenden Linksbündnis. Regierungsverantwortung aus eigener Kraft nimmt allerdings auch der amtierende Ministerpräsident und SPD-Landesvorsitzende Stephan Weil für sich in Anspruch – trotz des enttäuschenden Ergebnisses der Sozialdemokraten auf Bundesebene sei die Wahl in Niedersachsen nämlich noch längst nicht gelaufen, gibt Weil sich kämpferisch. Auf einem Parteitag Anfang September schenkt der Amtsinhaber seinem Herausforderer Bernd Althusmann ordentlich ein:
"Auch für die heutige CDU-Führung gilt leider: Sie haben viele Tricks drauf, aber wenig Anstand!"
Auf Bundesebene wollen die Sozialdemokraten in die Opposition gehen. Den Unmut ihrer Stammwähler müssen aber auch CDU, FDP und GRÜNE in Niedersachsen fürchten – dann nämlich, wenn sie in den Berliner Koalitionsverhandlungen nun vorschnell Parteipositionen räumen. Mit einem guten Ergebnis für die Liberalen rechnet FDP-Landeschef Stefan Birkner – die aktuellen Zahlen für seine Partei, knapp zehn Prozent bei der Bundestagswahl, seien ein echter Mutmacher für den Endspurt – und mit Blick auf mögliche Bündnisse betont er:
"Klar ist, dass wir keine Ampel als Freie Demokraten eingehen werden! Zu den Grünen in Niedersachsen besteht inhaltlich doch ein erheblicher Unterschied, sodass ich mir schwer vorstellen kann, dass man da eben zusammenfinden kann."
GroKo oder Jamaika: In Niedersachsen zeichnet sich eine ähnlich komplizierte Ausgangslage wie im Bund ab. Allerdings kommt noch eine kräftige Prise Emotion hinzu.