Abwärts geht es seit Mitte Juni vorigen Jahres. Die Ölpreiskurve neigt sich immer schneller von damals 115 Dollar für das Fass der Sorte WTI auf heute 48,79 Dollar, nochmals 1,8 Prozent weniger als gestern (5.1.2015). Ähnlich das Bild bei der Nordseesorte Brent, die bei knapp 53 Dollar das Fass gelandet ist. Stefan Schneider, Finanzanalyst bei der Deutschen Bank, erklärt den beschleunigten Preisdruck der vergangenen Tage mit dem Produktionsverhalten von Ländern, die nur zwei Dinge haben: wirtschaftliche Not und Öl, das trotz des Preisrutsches diese Not lindern soll: "Die Bewegung in den letzten Tagen war ausgelöst durch Berichte aus Russland, dass da die Förderung noch mal angehoben wurde, und auch Sorgen, dass die Produktion aus dem Irak zunehmen könnte und zusätzlichen Angebotsdruck im laufenden Jahr nach sich ziehen könnte."
Das verstärkt die fundamentalen Gründe, die schon lange dämpfend auf den Ölpreis wirken und die stärker sind als alle Krisen und Kriege im ölreichen Nahen Osten. Deretwegen ist der Ölpreis früher gestiegen. Das scheint vorbei, der Nachfrage wegen und vor allem des gestiegenen Angebots wegen. Eugen Weinberg, Rohstoffexperte der Commerzbank: "Auf der einen Seite ist es natürlich die schwache Nachfrage nicht nur in Europa. Sondern vor allem in den Schwellenländern hat sich das Nachfragewachstum zuletzt abgeschwächt. Auf der anderen Seite hat sich auch auf der Produktionsseite etwas getan. Die Amerikaner produzieren fast so viel Öl wie seit 30 Jahren nicht mehr. Und gleichzeitig zeigt sich die OPEC nicht bereit, jetzt diesen Preisrückgang momentan auch aufzuhalten."
Frackingfelder werden stillgelegt
Wie lange diese Kräfte noch auf den Ölpreis drücken, ist nicht absehbar. Immerhin kommen die ersten Nachrichten, dass Frackingfelder in Amerika stillgelegt und neue nicht mehr erschlossen werden, weil sich bei Preisen von weniger als 75 bis 80 Dollar die Produktion nicht lohnt. Doch diese Reduktion des Angebots genügt nicht, um Knappheit zu erzeugen. Auch die Nachfrage steigt nicht, nur weil der Ölpreis sinkt. Autofahrer fahren nicht dramatisch mehr. Niemand lässt die Heizung bullern, nur weil das Öl billiger geworden ist. In der Industrie dürfte die Autobranche noch am ehesten vom billigen Öl profitieren. Aber es gibt auch Schattenseiten, nicht nur für die Ölproduzenten selbst. Stefan Schneider: "Wenn man sich zum Beispiel alle Anlagenbauer, die natürlich in der Energieproduktion und -weiterverarbeitung ihren Schwerpunkt haben , anschaut: da geht die Nachfrage natürlich zurück, weil Investitionen bei so niedrigen Ölpreisen wesentlich weniger rentabel sind."
Diese negativen Seiten des Ölpreisverfalls werden derzeit vor allem an der Börse gespielt, zumal die Nachfrage gerade in den wachstumsstarken Schwellenländern Asiens nachlässt. Freuen können sich dagegen die Verbraucher, die ihr Geld nicht mehr an der Tankstelle lassen müssen. Das nutzen sie auch, weiß Rolf Bürkl, Volkswirt bei der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung: "Die Kaufkraft ist natürlich zurzeit etwas gewachsen. Das liegt natürlich an dem moderaten Preisniveaus, das wir haben. Vor allem die Energiepreise sind ja deutlich und sehr stark auf dem Rückmarsch. Das heißt, wenn ich für Benzin und Heizöl nicht so viel Geld aufwenden muss, bleibt mir natürlich finanzieller Spielraum für andere Anschaffungen. Und das wird offenbar derzeit von den Verbrauchern auch genutzt." Das ist messbar: Das Konsumklima, das die GfK regelmäßig ermittelt, bessert sich, von Monat zu Monat.