"Wir müssen das Übel an der Wurzel packen." Das fordert der CSU-Abgeordnete Georg Nüßlein und meint damit den Preis für Fleisch. Der hat seiner Meinung nach auch Auswirkungen auf die Arbeitsbedingungen in den Schlachthöfen. Der Preisdruck beim Fleisch sei für prekäre Beschäftigungsverhältnisse mit daraus resultierenden Gesundheits- und Hygienerisiken verantwortlich.
Was aus seiner Sicht helfen könnte: dass nicht mehr mit dem Preis für Fleisch geworben wird. Und wenn der Handel hier nicht freiwillig mitzieht, dann will Nüßlein ein Verbot. Das sagte er nun der Deutschen Presse Agentur - aber kann der Fleischpreis tatsächlich Einfluss auf die Arbeitsbedingungen haben?
Das kann durchaus sein, sagt Josef Efken vom staatlichen Thünen-Institut. Im Einzelhandel herrsche ein starker Wettbewerb, der sich nach unten auswirke, auf die Produktionsprozesse, sodass alles, was dazu beitrage, diesen Preiswettbewerb zu mildern, auch Auswirkungen habe. Er fügt allerdings auch hinzu:
"Aber diese Auswirkungen kann man nicht genau fest machen an Personalkosten oder an Erzeugungsbedingungen. Ich glaube, das wäre zu gewagt, zu sagen: Es gibt einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen den schlechten Wohnverhältnissen der Arbeiterinnen und Arbeiter, die in Schlachthöfen arbeiten, und diesen Preiswettbewerb."
Problem der Mindeststandards - vor allem für Subunternehmer
So Marktwissenschaftler Efken. Um die Bedingungen für die Arbeiter von Schlachthöfen zu verbessern, plädiert er hingegen für Mindeststandards, die auch von den Subunternehmern einzuhalten sind und die auch über die Vorgaben, die nur im Schlachthof gelten, hinausgehen, sodass man sagt:
"Wir wollen auf jeden Fall, dass auch Bedingungen hinsichtlich der Wohnverhältnisse da festgezurrt werden und ein Mindestniveau immer eingehalten wird", sagt Efken.
Auch Achim Spiller, Professor an der Universität Göttingen, ist zurückhaltend, wenn es um die Auswirkungen des Fleischpreises auf die Arbeitsbedingungen geht.
Ökonom Spiller: Kein Automatismus
"Es gibt definitiv keinen Automatismus zwischen den Endverbraucherpreisen und den Bedingungen in der gesamten Wertschöpfungskette: Das, was die Landwirte für ihre Tiere bekommen oder wie die Arbeitnehmer bezahlt werden", so Spiller.
Er forderte hingegen mehr Transparenz. Also dass die Verbraucher sehen können, woher das Fleisch tatsächlich kommt und wo es verarbeitet wurde. Da könnte die Politik ihren Beitrag leisten. Aber vor allem seien die großen Unternehmen gefordert, drei große Anbieter würden den Markt weitgehend bestimmen.
"Und ich glaube, es wäre einfach dann auch sinnvoll, dass die mit ihrem Namen mal für ihre Leistung stehen. Dass wir also auch dort so etwas wie Markenartikel bekommen und der Verbraucher dann eine Chance hat, zu erkennen: Das kommt jetzt vom Unternehmen X und dem vertraue ich, weil die vielleicht auch in einer solchen Krise dann besser wirtschaften, besser mit ihren Mitarbeitern oder den Landwirten faire Preise bezahlen als andere", meint Spiller.
Schlachtbetriebe auch Thema im Corona-Kabinett
Davon hält Grünen-Politikerin Renate Künast wenig. Transparenz sei zwar immer gut, aber das dürfe nicht zum Suchauftrag für die Kunden werden, mit zu vielen Informationen auf der Packung. Sie verlangt hingegen strengere Regelungen:
"So wie das Bundesarbeitsministerium es ja auch für jeden Automobilhersteller oder sonst was festschreibt. Ja, wie viele Leute unter welchen Hygieneaspekten wo zusammen sein dürfen. Und es muss für die die Schlachtbetrieb arbeiten auch gelten", sagte Künast unserem Hauptstadtstudio.
Auch die Bundesregierung will zunächst an die Gesetze ran und im Corona-Kabinett kommende Woche härtere Regeln beschließen. Zudem mahnte Arbeitsminister Hubertus Heil über die Werksvertrag-Konstruktionen nachzudenken, über die viele Arbeitnehmer in der Fleischbranche angestellt sind. Dieses Subunternehmertum sieht er als die Wurzel allen Übels.