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Niedrigzinsen
Wie Unternehmen mit den Betriebsrenten kämpfen

Wenn Piloten der Lufthansa mit Ende 50 das Cockpit verlassen, erhalten sie bis zu 60 Prozent des letzten Bruttogehaltes. Auch wenn die meisten Unternehmen nicht so spendabel zu ihren Mitarbeitern sind: Betriebsrenten gelten als wichtiger Baustein für die Zeit nach dem Arbeitsleben. Ein Problem sind dabei die aktuell niedrigen Zinsen.

Von Stefan Wolff |
    Eine faltige Hand hält eine Geldbörse, aus der Scheine ragen.
    Geldbörse einer Rentnerin: Die betriebliche Altersvorsorge ist ein wichtiger Bestandteil des Rentensystems. (Karl-Josef Hildenbrand /dpa)
    Wer für seine Mitarbeiter vorsorgt, gilt als attraktiver Arbeitgeber. Für jeden dritten Arbeitnehmer ist die betriebliche Altersvorsorge sogar der ausschlaggebende Grund gewesen, einen Job anzunehmen. Die meisten Arbeitgeber nutzen dieses Instrument, um Fachkräfte an sich zu binden. Die Ausgangslage kennt also auf beiden Seiten Gewinner, wären da nicht die niedrigen Zinsen, die klassische Vorsorge erschweren.
    Große Konzerne meistern diese Herausforderung gut. Im vergangenen Jahr haben die 30 Dax-Konzerne ihre Pensionsverpflichtungen um 2,4 Prozent auf 364 Milliarden Euro senken können. Gleichzeitig wuchs das dafür zurückgelegte Vermögen um fast drei Prozent auf 235 Milliarden Euro. Dass zwischen diesen Summen eine Lücke klafft, ist nicht ungewöhnlich. Die Konzerne füllen diese durch im Betrieb befindliches Vermögen, wie zum Beispiel Grundstücke. So können die Konzerne ihren Mitarbeitern feste Zinsen für ihre Altersvorsorge versprechen und diese Versprechen auch halten, erklärt Thomas Jasper von der Unternehmensberatung Willis Towers Watson:
    "Die Unternehmen haben ein großes Risiko für die Unternehmen zu einem kleinen Risiko für die Mitarbeiter gemacht. Eine effiziente Vorgehensweise. Auf der anderen Seite haben die Unternehmen die Herausforderung Rendite zu finden. Und der Herausforderung begegnen sie durch die Suche nach alternativen Anlagemöglichkeiten, aber letztendlich nicht durch übermäßige Risiken."
    So legten die Konzerne im Schnitt 22 Prozent des betrieblichen Vorsorgevermögens in Aktien an. Gesunken ist der Anteil an inzwischen schlecht verzinsten Anleihen, während renditestarke Anlageklassen, wie beispielsweise private Beteiligungen, gewachsen sind.
    Betriebsrente sorgt bei anderen für Probleme
    Solche Wagnisse sind anderen Großanlegern verboten. Versicherungen legen beispielsweise nur sieben Prozent des Vermögens in Aktien an. Ähnlich ergeht es der öffentlichen Hand, die außerdem wegen der Schuldenbremse unter immensem Spardruck steht. Länder, Städte und Gemeinden wollen deshalb ran an die betriebliche Altersvorsorge. Entweder sollen die Erträge sinken oder aber die Arbeitnehmer sollen höhere Beitragszahlungen leisten. Die Forderung stößt in den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst auf heftigen Widerstand:
    "Das ist ein No-Go. Aus der gewerkschaftlichen Sicht und aus Sicht der Kolleginnen und Kollegen in den Betrieben, die wissen, was sie an der betrieblichen Altersvorsorge haben, angesichts einer drohenden Altersarmut für Millionen."
    Sagte Frank Bsirske, Chef der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di, gestern in der Tagesschau. Generell sind aber die Arbeitnehmer bereit, mehr für das Alter vorzusorgen. Dabei gehen auch die Konzerne neue Wege. Der Maschinenbauer MAN beispielsweise vergütet Überstunden nicht mehr mit Freizeitausgleich. Die geleistete Mehrarbeit fließt in die Betriebsrentenkasse.
    Trotzdem kommen die Konzerne nicht umhin, ebenfalls bei den Arbeitnehmern lieb gewonnene Privilegien infrage zu stellen, auch, wenn sie sich noch in einer komfortablen Lage befinden, erklärt Thomas Jasper:
    "Gleichzeitig suchen die Unternehmen natürlich eine Situation, in der sie einerseits keine zu großzügigen Zusagen gewähren und andererseits eine Zusagenstruktur, in der die Risiken für das Unternehmen tatsächlich handhabbar bleiben”
    Und deshalb dürften Tarifverhandlungen bei der Lufthansa, im öffentlichen Dienst und anderswo weiter mit harten Bandagen geführt werden. Anhaltend niedrige Zinsen machen die Situation nicht leichter.

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