"OK, what’s our favourite one? UKIP, you racists!" – Vor der Zufahrt der Zitadelle in Berlin-Spandau hat sich eine kleine Gruppe Demonstranten versammelt. Kritisch beäugt von Polizisten, die in deutlich größerer Zahl gekommen sind, um die Veranstaltung zu schützen. "Briten in Berlin" ist auf einem Schild zu lesen, das die kleine Gruppe im Nieselregen in die Höhe hält. "UKIP, Ihr Rassisten", rufen die Demonstrierenden.
Und: "Ey, von Storch, we know you – your grandpa was a racist, too." Gemeint ist Beatrix von Storch, die stellvertretende Bundesvorsitzende der Alternative von Deutschland, deren Großvater zur Nazizeit Reichsminister der Finanzen war.
Sie hat Nigel Farage nach Spandau eingeladen. Den früheren Chef der UKIP. Der UK-Independece Party, eine EU-skeptische, rechtspopulistische Partei, die sich viele Jahre für den Austritt Großbritanniens aus der EU stark gemacht hat. Als die Brexit-Entscheidung gefallen war, zog sich Farage – wie viele andere aus dem Brexit Lager zurück. Aufgabe erledigt.
"So, meine sehr verehrten Damen und Herren, ich darf Ihnen den EFDD-Vorsitzenden Nigel Farage vorstellen."
Farage sitzt zwischen dem Pressesprecher der Alternative für Deutschland und Beatrix von Storch, die er aus dem Europäischen Parlament kennt. Farage ist dort Fraktionschef der EFDD-Fraktion, "Europa der Freiheit und der direkten Demokratie", in der sich Parteien des EU-skeptischen und rechtspopulistischen Spektrums gesammelt haben.
"Es ist mir eine große Freude, sie zu unterstützen"
"Why am I here? That’s the first question, isn’t it? Well, I’ll tell you why I’m here." – Warum bin ich hier, fragt Farage, um die Frage gleich selbst zu beantworten. Beatrix von Storch habe ihn eingeladen – eine persönliche Einladung, mit der AfD habe er keine formalen Verbindungen:
"So I am here, because it is her personal invitation. And I am very pleased to support her."
In seinem Rücken steht während der Pressekonferenz ein riesiger blauer Aufsteller mit dem zigfachen Logo der Partei. Zwei Aufsteller mit deren Slogans links und rechts daneben.
"While I am here, I would like to attempt to inject something into the German election debate…"
Während er da sei, würde er gerne das Thema Brexit in den Wahlkampf einbringen, erzählt er. Das spiele nämlich bislang keine Rolle in Deutschland. Dabei sei es besonders wichtig. Immerhin sei Großbritannien einer der wichtigsten Handelspartner Deutschlands:
"I think Schulz is a pro-EU fanatic. Ms. Merkel is more likely to the voice of German industry."
Konkret zur AfD will er sich nicht äußern
Angela Merkel sei deswegen für ihn auch die bessere Alternative als Martin Schulz. Der sei ein Europafanatiker, Merkel höre wenigstens auf die deutsche Wirtschaft.
Farage greift als prominenter EU-Skeptiker der Alternative für Deutschland zwei Wochen vor der Bundestagswahl unter die Arme und bringt dem Thema EU-Kritik, mit dem in diesem Wahlkampf noch nicht so richtig zu punkten war, zumindest ein bisschen Aufmerksamkeit.
Ansonsten will er sich zur AfD lieber nicht äußern. Schon gar nicht zu Björn Höcke, dem thüringischen Landeschef. Gefragt, was er von dessen Dresdner Rede zur Erinnerungskultur hält, weist er den Journalisten zurecht, er habe wohl nicht zugehört. Mit der Partei habe er nichts zu tun:
"I don't think you were listening earlier, sorry. I said I have no formal link with the party at all. I personally endorse Beatrix von Storch. And that is as far as it goes. Nice try."
Aber: Netter Versuch.
Nigel sieht Chance in einem Bundestags-Einzug
Farage erzählt von den eigenen Erfahrungen mit seiner UKIP-Partei. Richtungskämpfe, Spaltungen, Einzug ins EU-Parlament, was der Partei und vor allem ihm Aufmerksamkeit brachte.
Denn Aufmerksamkeit sei wichtig. Der Einzug der AfD in den Bundestag sei ein entscheidender Moment für die Eurokritiker in Deutschland. Einem der EU-freundlichsten Länder. Ob diese Idee letztlich hier Fuß fasse, hänge auch davon ab, wie die AFDler sich im Bundestag präsentierten. Auf ihren Schultern ruhe deshalb viel Verantwortung:
"... how the AfD representatives perform inside the Bundestag. And they will have, all of them, on their shoulders a pretty heavy weight of responsibility."
Bevor er geht, lässt er die Journalisten noch wissen, wo seiner Meinung nach die EU-Skepsis am ehesten Früchte tragen könnte: "It will probably start in Bavaria…"
In Bayern. Dort werde man zuerst sagen: Das ist doch verrückt. "This is nuts."